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Gynäkologie

Serie Teil III

Therapie der Peritonealendometriose

Prof. Dr. med. Thomas Römer

14.10.2020

Die Peritonealendometriose stellt die häufigste Manifestation der Endometriose dar – die nicht unbedingt operativ saniert werden muss. In vielen Fällen ist eine primäre hormonelle Therapie möglich, zumal hier geeignete Medikamente zur Verfügung stehen.

Die Peritonealendometriose stellt die häufigste Manifestation der Endometriose dar und spielt sowohl beim Kinderwunsch als auch bei der Schmerzpatientin eine wesentliche Rolle. Wenn es auch zahlreiche Kombinationen der verschiedenen Manifestationen der Endometriose gibt (peritonal, ovariell, tief infiltrierend), findet sich doch auch häufig eine peritoneale Endometriose allein. Die Problematik bei der peritonealen Endometriose besteht darin, dass es kein sicheres bildgebendes Verfahren gibt, mit dem eine Peritonealendometriose sicher zu diagnostizieren ist. So bleibt es aufgrund der Symptomatik meist nur bei einer klinischen Verdachtsdiagnose. Im Vordergrund der Diagnostik stehen hier der klinische Befund einer Dysmenorrhoe sowie auch häufig ein auffälliger Tastbefund (Druckdolenzen im Bereich des Blasendachs, des Douglas und der Ligamenta sacrouterina).

Peritonealendometriose: Douglas

Operative versus hormonelle Therapie

Während bis vor einigen Jahren in diesen Situationen zwingend eine laparoskopische Diagnostik und histologische Abklärung gefordert wurde, hat sich hier in den vergangenen Jahren auch in den internationalen Leitlinien ein Paradigmenwechsel vollzogen. Auch bei einer klinisch suspekten Endometriose wird zunächst eine primär hormonelle Therapie bevorzugt, eine Laparoskopie kommt erst bei Absetzen der Therapie und bestehendem Kinderwunsch zum Einsatz.

Die Entscheidung, ob chirurgisch oder medikamentös, sollte immer individuell gestellt werden – abhängig vom Beschwerdebild und vor allem vom Kinderwunsch der Patientin. Bestehen Kinderwunsch und eine entsprechende Symptomatik, die auf eine Peritonealendometriose hindeutet, ist eine operative Therapie indiziert, ebenso beim Verdacht auf Pathologien (z. B. Adhäsionen), die einer medikamentösen Therapie nicht zugänglich sind (Abb. 1 und 2). Vorteile der operativen Therapie sind histologische Sicherung, Ausschluss anderer Pathologien und Staging der Läsionen. Bei Patienten, bei denen der dringende klinische Verdacht auf eine peritoneale Endometriose besteht und auch kein Anhalt für ovarielle Endometriose oder tief infiltrierende Endometriose mit Organdestruktion, kann primär eine hormonelle Therapie eingesetzt werden. Sie ist nicht invasiv, unabhängig von der Erfahrung des Operateurs und auch als Langzeittherapie möglich.

Peritonealendometriose: Resektion

Hormonelle Therapie: KOK versus Gestagene

Während in den vergangenen Jahren vor allem kombi­nierte orale Kontrazeptiva (KOK) eingesetzt wurden, wird jetzt international mehr und mehr eine primäre Gestagentherapie empfohlen, bevorzugt mit Dien­o­gest. Die Entscheidung, ob KOK oder Gestagene angewendet werden, hängt von vielen Faktoren ab (Tab. 1 und 2). So sind bei Patientinnen unter 18 Jahren bevorzugt KOK anzuwenden, da Dienogest in dieser Altersgruppe bei einer Anwendung von über einem Jahr zu einer Abnahme der Knochendichte führen kann. Auch wenn die Patientin nur geringe Beschwerden hat, kann zunächst ein Therapieversuch mit KOK erfolgen, insbesondere wenn die Kontrazeption im Vordergrund steht (Tab. 1). Auch bei Patientinnen, die ausschließlich eine moderate Dysmenorrhoe haben und keine weiteren Beschwerden wie Dysurie, Dyspareunie und Dyschezie, können KOK bevorzugt eingesetzt werden. Damit wird die bei den jungen Patientinnen häufige primäre Dysmenorrhoe erfolgreich behandelt. In Studien konnte gezeigt werden, dass KOK bei der Dysmenorrhoe effektiv sind, während z. B. für die chronischen Unterbauchbeschwerden oder Dyspar­e­u­n­ien keine signifikante Verbesserung erreicht wurde.

Bei Patientinnen mit Schmerzscore VAS > 7 oder einer zusätzlichen Symptomatik wie Dyspareunie, Dyschezie und Dysurie, ist eine primäre Gestagentherapie zu empfehlen (Tab. 1). Die meisten Gestagene haben allerdings keine Zulassung zur Kontrazeption (Ausnahme Desogestrel), sodass unter dem Aspekt der Kontrazeption eine entsprechende Dosierung (doppelte Ovulationshemmdosis) angewendet werden muss, die auch sicher kontrazeptiv ist. Da es sich um einen Off-Label-Use handelt, ist eine entsprechende Aufklärung der Patientin notwendig. Ein Vorteil aller Gestagene gegenüber KOK ist das niedrigere Thromboserisiko, insbesondere bei Risikogruppen wie Raucherinnen im Alter über 35 Jahren, Patientinnen mit Hypertonus, bei länger bestehendem Diabetes mellitus oder einer anamnestischen Thromboembolie. Hier bestehen Kontraindikationen für die Anwendung von KOK.

Last but not least sind KOK zur Behandlung der Endometriose auch nicht zugelassen. Insofern sind Gestagene bei Patientinnen mit stärkeren Beschwerdebildern, einem höheren Thromboembolierisiko oder anderen estrogenbedingten Nebenwirkungen immer zu bevorzugen (Tab. 2). Wenn ein KOK angewendet werden soll, dann sollte dies nach Möglichkeit als Langzeiteinnahme, d. h. kontinuierlich, erfolgen. In zahlreichen Studien konnte gezeigt werden, dass dadurch die Effektivität höher ist. Dieses Vorgehen wird auch in den aktuellen Kontrazeptionsleitlinien empfohlen.

Vor- und Nachteile medikamentöser Therapien bei Peritonealendometriose

Auswahl des Gestagens

Sehr häufig werden in Deutschland unter dem Aspekt der vorliegenden Zulassung für die Kontrazeption Desogestrel-Monopräparate (75 µg) angewendet. Diese sind für die Endometriose wirksam, erreichen aber bei Weitem nicht die Effektivität von Dienogest und sind auch nicht für die Behandlung der Endometriose zugelassen.

In den meisten Fällen ist die Dosierung von 75 µg Desogestrel schlicht nicht ausreichend. Berechnet man die Transformationsdosen, wären für eine äquieffektive Therapie wie mit 2 mg Dienogest ca. drei bis fünf Tabletten Desogestrel erforderlich. Das wiederum führt aber zu häufigeren Nebenwirkungen. Dies gilt auch für andere in Deutschland verfügbare Gestagen-Monopräparate. Bei der Anwendung von Chlormadinonacetat, Medroxyprogesteronacetat oder Dydrogesteron sind deutlich höhere Dosierungen für die Therapie der Endometriose erforderlich und auch hier bestehen keine Zulassungen für die Therapie der Endometriose.

Somit ist Dienogest in der Therapie der Peritoneal­endo­metriose bevorzugt einzusetzen (Tab. 2). Initiale Blutungsstörungen lassen sich durch die initiale Anwendung von 4 mg Dienogest über sechs bis acht Wochen oft reduzieren. Dadurch wird das ­Endometrium schneller supprimiert.

Treten nach einer längeren Anwendung von Dienogest Blutungen auf, kann durch eine kurz­zeitige Unterbrechung der Therapie (eine Woche) die Blutung meist gestoppt und dann erneut begonnen werden. Ist das nicht erfolgreich, kann auch eine kurzzeitige Therapie mit 1 mg Estradiol über fünf bis sieben Tage erfolgen. Die Therapie mit Dienogest kann so lange fortgeführt werden, bis die Patientin erneute Beschwerden hat oder aus anderen Gründen eine Indikation zur Laparoskopie besteht bzw. die Patientin einen Kinderwunsch hat.

Die primäre medikamentöse Therapie führt dazu, dass die Laparoskopie möglichst nur einmal und dann zu einem optimalen Zeitpunkt durchgeführt wird. Auch bei Patientinnen, die bereits eine frustrane Gestagentherapie hatten, kann eine Umstellung auf Dienogest sinnvoll sein. Hier ist oft noch eine erfolgreiche Schmerzreduktion zu erreichen und es kann eventuell auf eine Operation verzichtet werden.

Primäre Hormontherapie (KOK vs Dienogest) bei Peritonealendometriose bei welcher Patientin?

SERIE: Endometriose

Teil I: Pathologie und molekulare Grundlagen der Endometriose

Teil II: Klinische Diagnose der Endometriose

>> Teil III: Therapie der Peritonealendometriose <<

Teil IV: Therapie der Ovarialendometriose

Teil V: Therapie der tiefinfiltrierenden und extragenitalen Endometriose

Teil VI: Endometriosetherapie bei Kinderwunschpatientinnen

Der Autor

Prof. Dr. med. Thomas Römer
Chefarzt der Frauenklinik in Köln-Weyertal

Herausgeber des Journals DER PRIVATARZT GYNÄKOLOGIE

thomas.roemer@evk-koeln.de

Literatur beim Autor

Bildnachweis: TarapongS (iStockphoto); Prof. Dr. med. Thomas Römer

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