Im Gegensatz zu anderen Lokalisationen der Endometriose ist die Ovarialendometriose sehr gut zu diagnostizieren. Nach Abklärung des Malignitätspotenzials stellt sich die Frage, ob eine Therapie notwendig ist und wenn ja, welche.
Die Ovarialendometriose ist eine häufige Form der Endometriose. Die Diagnose erfolgt durch die gynäkologische Palpation und vor allem die Vaginalsonografie. Das führt dazu, dass nicht nur symptomatische Patientinnen diagnostiziert werden, sondern auch symptomlose Patientinnen, z. B. im Zuge der Kinderwunschdiagnostik. Die Ovarialendometriose kommt häufig mit einer peritonealen Endometriose, aber auch mit einer tief infiltrierenden Endometriose vor.
Jeder Operateur kennt den typischen Befund einer tief infiltrierenden rektovaginalen Endometriose, auf der beide Ovarien adhärent sind und oft noch miteinander verkleben, in Form von „kissing ovaries“ (Abb. 1). Als Folge einer ovariellen Endometriose können periovarielle Adhäsionen unter Einbeziehung der Tube entstehen, was dann wiederum zu Tubenpassagenstörungen führen kann. Des Weiteren kann eine ausgeprägtere Ovarialendometriose auch zur Fertilitätsstörung führen. Diese hängt weitgehend von Größe und Persistenz der Endometriome ab und der dann verbliebenen ovariellen Reserve.
Problematisch bleibt auch die Differenzialdiagnostik. Nicht jede glatt begrenzte echoarme Zyste ist eine Endometriosezyste. Schokoladenzysten können auch eingeblutete funktionelle Zysten sein, da sich die sonografischen Bilder ähnlich sind. Bei einer Persistenz derartiger Zysten, verbunden mit einer entsprechenden Symptomatik oder Infertilitätsproblematik, liegt es doch sehr nahe, dass es sich um Endometriosezysten handelt. Die definitive Diagnose liefert dann allerdings erst die Histologie.
Eine Besonderheit der Ovarialendometriose ist vor allem die Differenzialdiagnostik zu malignen Tumoren oder Borderlinetumoren. Hier gelten die üblichen Kriterien für Adnextumoren. Zur Abgrenzung maligner Befunde ist die Vaginalsonografie entscheidend, wobei differenzialdiagnostisch auch Tumormarker wie CA125 hilfreich sein können. Allerdings ist zu beachten, dass auch bei Endometriosezysten und ausgeprägter Endometriose leicht erhöhte CA125-Werte vorkommen können. Bei malignen Ovarialtumoren liegen die Werte meist um ein Vielfaches höher. Bei jedem Verdacht auf Malignität, die altersabhängig zunimmt, aber insgesamt deutlich unter 1 % liegt, ist eine operative und histologische Abklärung entsprechend den Leitlinien unabdingbar. In den meisten Situationen stellen sich jedoch die Befunde relativ eindeutig als benigne Schokoladenzysten dar. Dann stellt sich die Frage, ob und welche Therapie notwendig ist.
Indikationen zur Therapie von Endometriomen bestehen bei Schmerzpatientinnen, Patientinnen mit länger andauernder Infertilität, bei denen eine weitere Abklärung notwendig ist und in jedem Fall von unklarer Dignität. Zur Frage, ab welcher Größe eine Therapie zwingend indiziert ist, auch bezüglich der Fertilität, gibt es keine evidenzbasierten Studien. Während in einigen Leitlinien der cut-off level bezüglich der Größe mit 3 cm angegeben wird, ziehen andere Empfehlungen die Grenze bei 4 cm. Somit ist eine individuelle klinische Entscheidung zu treffen.
Als primäre Therapie wird entsprechend der deutschen Leitlinien die operative Sanierung der Befunde empfohlen. Wenn eine operative Therapie indiziert ist, sollte eine Exzision, d. h. die komplette Ausschälung des Zystenbalges, erfolgen (Abb. 2). Diese ist der alleinigen Fensterung und Koagulation überlegen. Die Rezidivraten sind hier geringer und die Spontanschwangerschaftsraten um das 5-Fache höher (Tab. 1).
Die Entscheidung zur operativen Sanierung, insbesondere bei Kinderwunschpatientinnen, ist zurückhaltend zu treffen, da die laparoskopische Exzision ggf. zu einem Verlust von gesundem Gewebe führen kann. Durch Koagulationsnekrosen kann es zu einer gestörten Blutversorgung kommen, die Stimulierbarkeit des Ovars kann dadurch reduziert und der AMH-Wert gesenkt werden. Das Risiko für ein Rezidiv liegt bei 32–40 % und betrifft besonders jüngere Patientinnen, die bereits vorangegangene Endometrioseoperationen hatten.
Ein weiterer Einflussfaktor ist natürlich die Erfahrung des Operateurs. Die Operation von Ovarialendometriomen bei jungen Patientinnen mit noch bestehendem Kinderwunsch gehört in die Hand eines Endometrioseoperateurs mit Erfahrung in der Fertilitätschirurgie. Die Entscheidung zur Operation muss somit immer unter Berücksichtigung der potentziellen Schädigung der ovariellen Reserve getroffen werden.
Zur adjuvanten Hormontherapie werden häufig kombinierte orale Kontrazeptiva angewendet. In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass die Rate von Rezidivendometriomen durch Hormontherapien gesenkt wird. Die Rezidivrate nach sechs Monaten liegt bei einem exspektativen Management bei 29 %, bei einer zyklischen KOK-Anwendung bei 14 % und bei einer kontinuierlichen Anwendung bei 8 %. Andere Studien zeigen beim exspektativen Management Rezidivraten von 75 % und bei der Anwendung von KOK zwischen 20 und 32 %, wobei hier KOK, die Dienogest enthalten, die niedrigste Rezidivrate hat.
In einer Metaanalyse konnte bestätigt werden, dass eine kontinuierliche KOK-Anwendung das Rezidivrisiko von Endometriomen deutlicher senkt als eine zyklische Anwendung. In zahlreichen Untersuchungen wurde die hohe Effektivität von Dienogest nach Endometriomen bestätigt. In umfangreichen Studien mit 1.142 Patienten gab es nur 24 Rezidive mit einem unterschiedlichen Follow-up zwischen 18 und 61 Monaten, d. h., die Rezidivrate beträgt nur 2,1 %, wenn eine Rezidivprophylaxe mit Dienogest erfolgte (Tab. 2).
So konnte in einer Studie gezeigt werden, dass nach 24 Monaten die Rezidivrate nach einer Operation mit Abwarten 24 % beträgt, mit Dienogest 0 %. In einer Langzeitstudie zur Prävention von Endometriomen nach einer Operation wurden 568 Frauen über fünf Jahre untersucht. Davon wurden 151 mit Dienogest 2 mg behandelt und 470 mit Placebo. Die Rezidivrate nach fünf Jahren lag in der Placebogruppe bei 69 % und in der Dienogestgruppe nur bei 4 %. Somit wird deutlich, dass, wenn eine Operation erfolgt und die Patientin nicht unmittelbar einen Kinderwunsch hat, eine adjuvante Hormontherapie mit KOK kontinuierlich das Risiko mindert.
Umfangreiche und günstige Langzeitdaten liegen aber für Dienogest vor. In allen Studien ist hier eine hoch signifikante Reduktion der Rezidivrate im Vergleich zu dem abwartenden Management zu verzeichnen. Es sollte mit jeder Patientin nach der Operation von Ovarialendometriomen eine adjuvante Hormontherapie besprochen werden, um das Rezidivrisiko signifikant zu senken. Das Risiko eines Rezidivs mit Schädigung der ovariellen Reserve kann dadurch signifikant gesenkt werden.
In den vergangenen Jahren zeigt sich gerade in der Therapie der Ovarialendometriose zunehmend ein Wandel. Eine primäre chirurgische Therapie wurde bisher als die Therapie der Wahl gesehen, neuere Daten zeigen aber, dass gerade Dienogest in der primären Therapie einen Effekt hat und zur Reduktion der Größe von Endometriomen führt. Der Durchmesser der Schokoladenzysten wurde um bis zu 70 % reduziert, Ähnliches konnte auch für bilaterale Endometriome nachgewiesen werden. Die Daten zeigen, dass eine primäre Therapie mit Dienogest erwogen werden kann, wenn eine sichere Diagnose des Endometriums vorliegt. Insbesondere gilt das in einer Rezidivsituation, um eventuelle Zweiteingriffe zu vermeiden.
Welche Auswirkungen dies auf die nachfolgende Fertilität hat, kann nur vermutet werden. Eine hormonelle Therapie der Endometriose in der Primärtherapie dürfte am ehesten geeignet sein bei jungen Patientinnen mit Rezidiven und kleineren Endometriomen (< 4 cm) sowie keiner oder nur geringer Beschwerdesymptomatik. Die spezifischen Eigenschaften von Dienogest bezüglich der Endometriose dürften hier von Vorteil sein. Bezüglich der Auswahl, ob kombinierte orale Kontrazeptiva oder Dienogest angewendet werden, gelten die gleichen Kriterien wie bei der Anwendung der primären Hormontherapie bei Peritonealendometriose (siehe SERIE: Endometriose Teil III in DER PRIVATARZT GYNÄKOLOGIE Ausgabe 3/2020).
Die ovarielle Endometriose ist sehr gut zu diagnostizieren. Differenzialdiagnostisch sollten einerseits eingeblutete funktionelle Zysten abgegrenzt werden, andererseits aber auch prämaligne oder maligne Ovarveränderungen. Sonografische Kriterien und auch Tumormarker können hier hilfreich sein. Bestehen starke endometriosetypische Schmerzen, Infertilität oder eine unklare Dignität, stellt die Operation nach wie vor die Therapie der ersten Wahl dar.
In jedem Fall sollte aber bei Patientinnen, die keinen unmittelbaren Kinderwunsch haben, zur Rezidivprophylaxe zumindest ein kombiniertes orales Kontrazeptivum möglichst kontinuierlich angewendet werden. Effektiver ist allerdings Dienogest. Die Rezidivraten werden durch Dienogest hoch signifikant reduziert und liegen im Bereich von 2–4 %. Hierzu liegen umfangreiche Langzeitdaten vor.
In Zukunft wird bei der ovariellen Endometriose eine primäre Hormontherapie mehr und mehr eine Rolle spielen, insbesondere, um in Rezidivsituationen schädigende Einflüsse von Reoperationen auf das Ovargewebe zu vermeiden. Die ovarielle Endometriose erfordert natürlich immer im Kontext mit weiteren vorliegenden Formen der Endometriose oder anderen Pathologien (Tubenverschluss, periovarielle Adhäsionen) ein individuelles Management.
SERIE: Endometriose
Teil I: Pathologie und molekulare Grundlagen der Endometriose
Teil II: Klinische Diagnose der Endometriose
Teil III: Therapie der Peritonealendometriose
>> Teil IV: Therapie der Ovarialendometriose <<
Teil V: Therapie der tiefinfiltrierenden und extragenitalen Endometriose
Der Autor
Prof. Dr. med. Thomas Römer
Chefarzt der Frauenklinik in Köln-Weyertal
Herausgeber des Journals DER PRIVATARZT GYNÄKOLOGIE
Literatur beim Autor
Bildnachweis: TarapongS (iStockphoto); Prof. Dr. med. Thomas Römer