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Abrechnung

Gebührenordnung der Ärzte

Komorbiditäten richtig abrechnen

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter

1.4.2022

Übergewicht und Adipositas sind nicht nur in Deutschland, sondern vielmehr weltweit ein Problem mit enormer quantitativer sowie volkswirtschaftlicher Bedeutung. Neben der Adipositas belasten auch die Komorbiditäten den Patienten und das Gesundheitssystem enorm.

In Deutschland und in den USA wurden mehrere Untersuchungen zu Übergewicht und Adipositas durchgeführt, die eine deutliche Zunahme der Prävalenz in den vergangenen Jahrzehnten zeigen. In Deutschland beträgt die aktuelle Prävalenz etwa 40 % für das Übergewicht und etwa 20 % für die Adipositas. Hinzu kommt, dass die Adipositas zu Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens und einer verminderten Lebensqualität führen, mit der Folge des vermehrten Auftretens von Komorbiditäten. Letztere können die unterschiedlichsten Organsysteme betreffen. Dadurch lassen sie sich grob in drei Kategorien einteilen: metabolisch, mechanisch und mental.

Metabolische Komorbidität:

Das metabolische Syndrom

Das metabolische Syndrom ist gekennzeichnet durch das gemeinsame Auftreten bestimmter Erkrankungen bzw. Symptome. Zu den Symptomen eines metabolischen Syndroms zählen in erster Linie Übergewicht, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen (Lipidämie). Ursächlich verantwortlich für das Auftreten eines metabolischen Syndroms sind fehlende körperliche Aktivitäten, Stress, Rauchen und Alkohol. Das metabolische Syndrom ist gekennzeichnet durch einen erhöhten Taillen­umfang, erhöhte Triglyceride, niedriges HDL-Cholesterin, einen erhöhten Bluthochdruck sowie die erhöhte Nüchternblutglucose. Weitere Komorbiditäten der Adipositas sind einerseits die nicht alkoholische Fettlebererkrankung und andererseits die Entstehung von Gallensteinen. Die Adipositas ist der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung eines metabolischen Syndroms. Dieses wiederum ist mit einem hohen arteriosklerotischen Risiko assoziiert. Mögliche Folgen der Arteriosklerose sind die koronare Herzkrankheit und der Schlaganfall. Eine weitere Folge des metabolischen Syndroms ist die nicht alkoholische Fettlebererkrankung. Mit zunehmendem Body-Mass-Index (BMI) und Taillenumfang nimmt auch das Risiko für die Entwicklung von Gallensteinen um das Dreifache zu. Bei operativen Eingriffen muss mit einem erhöhten Risiko von Thrombosen bzw. Embolien gerechnet werden.

Die mechanischen Komorbiditäten

Mechanische Folgen der Adipositas, z. B. die ­Arthrose oder auch das chronische Lumbalsyndrom, erschweren die bei Adipositas erforderliche Steigerung der körperlichen Aktivität im Zuge des Gewichtsmanagements. Weiterhin können Fettgewebspolster, die von außen auf Rachen und Thorax drücken, das Schlafapnoesyndrom verursachen. Letzteres ist einerseits linear mit dem Grad der Adipositas korreliert und erhöht andererseits das kardiovaskuläre Risiko. Der Druck des Bauchfetts auf die Blase kann deren Funktion beeinträchtigen und zu einer Harninkontinenz führen. Diese tritt bei adipösen Frauen etwa doppelt so häufig auf wie bei normalgewichtigen Frauen.

Sonstige Komorbiditäten

Neben den metabolischen, mentalen und mechanischen Folgen sind Übergewicht und Adipositas oft auch mit dem Auftreten von malignen Erkrankungen wie Leukämie, Mamma-, Ovarial-, Pankreas-, Pros­tata-, Kolon-, Ösophagus-, Endometrium-, Gallen­blasen- und Nierenzellkarzinom verbunden.

Die mentalen Komorbiditäten

Die moderne Gesellschaft von heute assoziiert Schlankheit mit Schönheit, Gesundheit, körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit. Das wiederum führt zu einer Stigmatisierung adipöser Menschen, deren Folge psychische ­Symptome und Störungen sind. Es sind vor allem Angststörungen und Depressionen, die zu den mentalen Komorbiditäten gehören. Die Prävalenz mentaler Komorbiditäten ist insbesondere bei Frauen mit Adipositas erhöht.

Abrechnung der Leistungen zu Adipositas und Komorbiditäten

Die wichtigsten Abrechnungsmöglichkeiten diagnostischer und therapeutischer Leistungen im Zusammenhang mit der Adipositas und möglicher Komorbiditäten sind im Folgenden dargestellt. In den Abrechnungstabellen ist eine Auswahl der wichtigsten Leistungspositionen nach GOÄ aufgelistet. Ausschlussregelungen und Mengenbegrenzungen können aus technischen Gründen in solchen Tabellen nicht berücksichtigt werden. An erster Stelle stehen natürlich die Untersuchungsleistungen, gefolgt von den teils (zeit-)aufwendigen Beratungsleistungen einschließlich der Ernährungsberatungen. Dazu sind auch Diätpläne, die individuell auf die Bedürfnisse des Patienten erstellt sind, mit der Gebühr nach GO-Nr. 76 gesondert zu berechnen.

Die Laboruntersuchungen

Im Zuge der Labordiagnostik ist individuell zu entscheiden, welche ­Laborparameter im Einzelfall zu bestimmen sind. Bei Privatpatienten, wie auch im Zusammenhang mit der Abrechnung von IGeL nach GOÄ, sind ­Laborleistungen der Abschnitte MIII und MIV ausschließlich von dem Arzt berechnungsfähig, der die Laboruntersuchungen selbstständig erbracht hat. Werden Laborärzte mit der Durchführung solcher Laboruntersuchungen (z. B. HbA1c oder fT3, fT4) beauftragt, so rechnen diese direkt mit dem Patienten ab.

Fallbeispiel

Gallensteine bei Adipositas

Eine übergewichtige Patientin (174 cm, 108 kg), 56 Jahre alt, verheiratet, drei Kinder, stellt sich in der Sprechstunde vor. Sie klagt über seit einigen Wochen bestehende Übelkeit, zeitweise Aufstoßen und vereinzelt auch Erbrechen, Letzteres jedoch recht selten. Auffallend sei für sie, dass das Erbrechen oft nach dem Genuss von Süßspeisen, aber auch nach fettem Essen auftritt. Der Stuhlgang sei normal, Schmerzen direkt habe sie nicht. Bei der Untersuchung des Oberbauchs zeigen sich normale Darmgeräusche, die Bauchdecke ist adipös, weich, keine tastbaren Resistenzen. Im epigastrischen Winkel ein leichter Druckschmerz. Der Leberunterrand ist derb und glatt tastbar. Zur Diagnosesicherung wird der Patientin Blut abgenommen und eine Sonografie durchgeführt. Dabei wurden mehrere Gallenblasensteine dargestellt.

Als Untersuchungsergebnis wurde mit der Patientin die Cholelithiasis als mögliche Folge der Adipositas und das weitere Vorgehen in Bezug auf die Ernährung und die alltägliche Bewegung zur Gewichtsreduktion besprochen. Die Laboruntersuchung ergab eine beschleunigte Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BKS) sowie eine leichte Leukozytose. In der Sonografie zeigten sich mehrere schattengebende Konkremente in der Gallenblase sowie eine verdickte Gallenblasenwand.

Labordiagnostik: Nach Vorliegen der Laborwerte wurde das Ergebnis der Untersuchung mit der Patientin erörtert und auch ein ausführliches Gespräch bezüglich der operativen Möglichkeiten geführt. Zur Folgebehandlung wurde ein stationärer Aufnahmetermin in der Chirurgie vereinbart.

2. Konsultation: Eine Woche später stellte sich die Patientin nach erfolgter endoskopischer Cholezystektomie wieder vor. Es wurde ein Verbandwechsel durchgeführt. Der Zugang für das Endoskop zeigte eine leichte Dehiszens und heilt sekundär ab.

3. Konsultation: Nach ausführlicher Beratung auch im Hinblick auf körperliche Aktivitäten und Ernährung wurde der Patientin noch ein Ernährungsplan ausgehändigt.

4. Konsultation: Nach zwölf Tagen postoperativ zeigten sich die Wunden reizlos, bis auf die sekundär heilende kleine Wunde. Letztere war noch leicht gerötet, nässte noch etwas und wurde nochmals verbunden.

Der Autor

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter
Arzt für Allgemeinmedizin
Arzt für Naturheilverfahren
76684 Tiefenbach
schlueter@vital-arzt-praxis.de
www.vital-arzt-praxis.de

Dr. Dr. Peter Schlüter ist promo­vierter Naturwissenschaftler und ­Mediziner. Seit 1982 ist er als Arzt für Allgemein­medizin mit betriebs­­wirtschaftlich ­opti­mierter Praxis nieder­gelassen. Als Berater zu allen ­Fragen der Praxisorganisation, Praxis­manage­­ment und ­Abrechnung ist er seit 1987 tätig.

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