GLP-1-RA und Darmkrebsrisiko bei T2D +++ Neuer Risikoscore für hCC +++ Palliativversorgung früh starten +++ Methadon bei Krebsschmerzen +++ Prävention: kurz und intensiv
GLP-1-RA und Darmkrebsrisiko bei T2D
Die gegen Typ-2-Diabetes (T2D) zugelassenen GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) wirken positiv u. a.auf den Plasmaglucosespiegel ein und senken das Gewicht. Forschende stellten die Hypothese auf, dass GLP-1-RA vs. Nicht-GLP-1-RA-Antidiabetika zu einem verringerten Risiko für kolorektalen Darmkrebs (CRC) bei Personen mit T2D führen.
In einer retrospektiven Kohortenstudie unter Arzneimittel-naiven an T2D Erkrankten wurden GLP-1-RA mit 7 Nicht-GLP-1-RA-Antidiabetika (Metformin, Insulin etc.) verglichen. Unter Verwendung der TriNetX-Plattform konnten mehr als 1,2 Millionen Betroffene identifiziert werden, die zwischen 2005 und 2019 erstmals Antidiabetika verordnet bekamen und bis dahin keinen Darmkrebs hatten. Die Vergleichsgruppen wurden in Bezug auf demografische Merkmale, sozioökonomische Determinanten der Gesundheit, Vorerkrankungen, Lebensstil- und weitere Faktoren gematcht.
Während der (max.) 15-jährigen Nachbeobachtung waren GLP-1-RA mit einem geringeren Risiko für CRC im Vergleich zu Insulin (HR 0,56; 95%-KI 0,44–0,72), Metformin (HR 0,75; 95%-KI 0,58–0,97), SGLT2-Inhibitoren, Sulfonylharnstoffen und Thiazolidindionen sowie mit einem geringeren (nicht signifikanten) Risiko im Vergleich zu α-Glucosidase- oder DPP-4-Inhibitoren assoziiert. Der Effekt war stärker ausgeprägt, wenn die Betroffenen übergewichtig waren.
Fazit: Die Ergebnisse weisen auf eine protektive Wirkung von GLP-1-RA gegenüber CRC hin.
Wang L et al., JAMA Oncol 2024; 10: 256–8
Neuer Risikoscore für hCC
Forschende wollten HCC-Risikofaktoren in der Allgemeinbevölkerung ermitteln und einen Risikoscore entwickeln, der für das HCC-Screening bei Hochrisikopersonen ohne virale Hepatitis oder dekompensierte Zirrhose angewendet werden kann. In einer Kohortenstudie wurden Daten aus den elektronischen Gesundheitsakten des US Department of Veterans Affairs analysiert. Ausgeschlossen wurden Personen, die eine Hepatitis-B- oder -C-Infektion, eine Leberzirrhose oder bereits ein HCC hatten.
Von 6 509 288 Betroffenen wurde anhand von Fibrose-4-Index (FIB-4), Alter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, BMI, Diabetes- und Raucherstatus sowie Alkoholkonsum ein Risikoscore entworfen: Ein HCC entwickelten 15 142 (0,2 %). FIB-4 war die wichtigste Variable, die anderen Faktoren waren aber ebenfalls von Bedeutung. Der HCC-Risk-Score war in der Entwicklungsstichprobe dem FIB-4 allein überlegen (C-Index 0,83 [95%-KI 0,82–0,85] vs. 0,79 [95%-KI 0,77–0,80]) und schnitt in der Validierungsstichprobe gut ab. Ein FIB-4-Schwellenwert von 3,25 würde 5,0 % der Kohorte herausfiltern, wobei mit 28 falsch-positiven Ergebnissen für jedes richtig-positive Ergebnis gerechnet werden muss; ein HCC-Risikoscore von 58 würde 4,7 % der Kohorte herausfiltern, wobei auf jeden richtig-positiven Befund 23 falsch-positive kämen.
Fazit: Anscheinend ist ein multivariabler Risikoscore, der routinemäßig verfügbare klinische Daten verwendet, dem FIB-4 bei der Identifizierung von Erkrankten mit HCC-Risiko, die keine virale Hepatitis oder dekompensierte Zirrhose haben, überlegen.
Ilagan-Ying YC et al., JAMA Netw Open 2024; 7: e2443608
Palliativversorgung früh starten
Hauptziel der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) ist die Verbesserung der Lebensqualität bei hoher Symptombelastung aufgrund einer lebensbedrohlichen Erkrankung. In einer Studie sollte die Auswirkung einer frühzeitigen Integration der SAPV in das Gesamttherapiekonzept bei Menschen mit gastrointestinalen Krebserkrankungen untersucht werden. Die Teilnehmenden wurden entweder der Gruppe mit frühzeitiger SAPV plus tumorspezifischen Palliativmaßnahmen oder der mit alleiniger tumorspezifischer Behandlung zugelost. Der primäre Endpunkt war die Lebensqualität, die anhand des Functional Assessment of Cancer Therapy-General (FACT-G) ermittelt wurde. Insgesamt wurden 118 Patientinnen und Patienten randomisiert.
Der Unterschied in der Gesamtpunktzahl des FACT-G zwischen denen mit frühzeitiger SAPV und den Kontrollen betrug 5,2 Punkte (95%-KI -0,1–10,5; p = 0,216), 6,7 Punkte (95%-KI 0,2–13,3; p = 0,172) und 13 Punkte (95%-KI 5,7–20,2; p = 0,004) in den Wochen 6, 12 bzw. 24.
Fazit: Eine frühzeitige Integration der SAPV in das Therapiekonzept bei fortgeschrittenem Magen-Darm-Krebs scheint sinnvoll, da eine verbesserte Lebensqualität nach 24 Wochen beobachtet wurde.
Bojesson A et al., Br J Cancer 2024; 131: 729–36
Methadon bei Krebsschmerzen
In einer Metaanalyse wurde die schmerzlindernde Wirkung verschiedener starker Opioide bei der Therapie krebsbedingter Schmerzen miteinander verglichen. Dazu wurden 16 entsprechende randomisierte kontrollierte Studien (1 813 Erkrankte) herangezogen. Primäre Endpunkte waren die Reduktion der Schmerzintensität auf einer numerischen Bewertungsskala (NRS) und/oder der Prozentsatz derjenigen mit ≥ 50 % Schmerzreduktion nach 1 und 2–4 Wochen.
Methadon zeigte dabei vs. Morphin, Buprenorphin, Fentanyl und Oxycodon eine höhere relative Wahrscheinlichkeit (Odds Ratio [OR]) für den Behandlungserfolg nach 1 Woche. Bei Fentanyl war die relative Wahrscheinlichkeit ebenfalls erhöht, aber etwas weniger ausgeprägt. Nach 2–4 Wochen war Methadon auch Therapeutikum der Wahl, jedoch mit moderater Evidenz und nicht signifikanten OR. Besser war die Kombination von Morphin und Methadon.
Fazit: Methadon verdient den Forschenden zufolge bei der Therapie krebsbedingter Schmerzen eine höhere Aufmerksamkeit als bisher und kommt als Therapeutikum der ersten Wahl infrage.
Imkamp MSV et al., J Pain Symptom Manage 2024; 68: 223−36
Prävention: kurz und intensiv
Eine Kohortenstudie untersuchte, wie kurze, intensive körperliche Aktivitäten im Alltag das Risiko für Krebserkrankungen bei Nichtsportlern beeinflussen. Sie basiert auf Daten von mehr als 22 000 inaktiven Erwachsenen aus der britischen Biobank, die mit Beschleunigungssensoren ausgestattet wurden. Hierbei wurde die Wirkung von kurzen, intensiven Aktivitätsphasen (1–2 Minuten, z. B. schnelles Treppensteigen oder zügiges Gehen) auf das Krebsrisiko analysiert. Das mittlere Follow-up betrug 6,7 Jahre. Es zeigte sich z. B., dass eine durchschnittliche tägliche Aktivitätszeit von 4,5 Minuten das Gesamtkrebsrisiko um etwa 20 % und das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen, für die Bewegungsmangel ein gesicherter Risikofaktor ist, um 31 % verringerte. Sogar geringe Dosen von rund 3–4 Minuten pro Tag zeigten eine deutliche präventive Wirkung.
Fazit: Besonders für Personen, die keine Zeit oder Motivation für strukturierte, zeitaufwendige Sportarten haben, könnte diese Form der Aktivität eine Alternative darstellen.
Stamakakis E et al., JAMA Oncol 2023 ; 9: 1255–9
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