- Anzeige -
NEWS

Onkologie

Hoffnung für Krebskranke: Wirkstoff gegen Metastasenbildung

17.4.2025

Welche Veränderungen Krebszellen durchlaufen, um zu metastasieren, ist bisher noch nicht komplett verstanden. Eine wichtige Rolle spielen offenbar Rho(Ras-homologe)-GTPasen. Diese Proteine verarbeiten Signale innerhalb der Zellen und regulieren unter anderem das Wachstum, die Differenzierung zum genetisch vorherbestimmten Zelltyp und die Zellwanderung. Ein Forschungsteam der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) konnte jetzt Tumorzellen mit einem synthetischen Inhibitor von Rho-GTPasen (Adhibin) lahmlegen und damit die Wanderung und Anheftung an andere Zellen verhindern.

Rho-GTPasen sind molekulare Schalter, welche durch die Bindung an die Phosphatverbindungen GTP und GDP zwischen einem aktiven und einem inaktiven Zustand wechseln. GTP entspricht dabei der „Ein“-Position des Schalters und startet die molekularbiologischen Prozesse, GDP entspricht der „Aus“-Position und stoppt sie. Ein Balanceakt für die Zelle: Sind diese Rho-Proteine zu zahlreich oder aufgrund genetischer Veränderungen zu aktiv, können sie gravierende Schäden bei zellulären Wachstums- und Differenzierungsprozessen verursachen und beispielsweise Krebs auslösen. Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Georgios Tsiavaliaris, Leiter der Arbeitsgruppe Zelluläre Biophysik am Institut für Biophysikalische Chemie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), hat nun einen Wirkstoff gefunden, der in einen bestimmten Schritt der komplexen Rho-Signalwege eingreift und Tumorzellen nicht nur daran hindert, feste Zellverbände zu bilden, sondern auch aktiv zu wandern. Dieser Eingriff lässt sich nutzen, um die Bildung von Metastasen zu verhindern. Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Motorfunktion aufgehoben

In seiner Arbeitsgruppe forscht Tsiavaliaris an Myosinmotoren. Diese Motorproteine treiben als Mini-Maschinen viele lebenswichtige Prozesse in unseren Zellen an, darunter Kraft und Bewegung. Sie transportieren kleine „Pakete“ innerhalb der Zelle und treten mit dem Zytoskelett in Wechselwirkung, einem beweglichen Gerüst aus Fäden und Röhrchen, das vom Zellkern bis zur Zellmembran reicht. Zudem setzen Myosine die Aktivität der Rho-GTPasen herab und sind daher als antimetastatische Ziele besonders interessant. „Mein Forschungsteam hat einen synthetischen Wirkstoff namens Adhibin entdeckt, der die Motorfunktion der Myosine aufhebt und so die Rho-Proteine noch stärker hemmt“, sagt der Biochemiker. Dadurch werden die durch Rho-GTPase vermittelten Mechanismen der Metastasenbildung unterdrückt. Die Folge: Die Tumorzellen können nicht mehr ungestört wandern und sich auch nicht an anderer Stelle anheften.

Tumorzelle wird lahmgelegt

Anders als viele Krebsmedikamente, die auch gesunde Körperzellen abtöten, greift Adhibin nur in die Metastasenbildung ein, legt die Krebszelle also sozusagen lahm. „Das ist wichtig, denn obwohl Adhibin auch die Rho-GTPasen in anderen Zellen beeinträchtigen könnte, wirkt es nicht toxisch und die schädliche Wirkung auf gesunde Körperzellen bleibt im Rahmen“, sagt Tsiavaliaris. In Tumorzellen und in Mini-Organmodellen hat der Biochemiker gemeinsam mit Despoina Kyriazi, wissenschaftliche Mitarbeiterin seiner Arbeitsgruppe und Erstautorin, den Wirkstoff bereits erfolgreich getestet: „Wir konnten die Zellmigration quasi einfrieren, wenn wir Adhibin zugegeben haben.“ Wurde Adhibin wieder entfernt, konnten die Tumorzellen wieder wandern und sich an andere Zellen anheften.

Das Team hat bereits eine kleine Bibliothek mit unterschiedlichen Adhibin-Varianten erstellt. Die sollen nun möglichst in weiteren präklinischen Studien getestet werden. Ist ihre Wirksamkeit belegt und zeigen sich keine unerwarteten Nebenwirkungen, könnten sie eine neue Grundlage für die Entwicklung antimetastatischer Medikamente sein und die bestehenden Krebstherapien ergänzen.

Pressemitteilung „Hoffnung für Krebskranke: Wirkstoff gegen Metastasenbildung“. Medizinische Hochschule Hannover (MHH), 5.2.2025 (https://www.mhh.de/presse-news/hoffnung-fuer-krebskranke-wirkstoff-gegen-metastasenbildung).

* Kyriazi D et al.: An allosteric inhibitor of RhoGAP class-IX myosins suppresses the metastatic features of cancer cells. Nat Commun. 2024 Nov 16;15(1):9947 (DOI 10.1038/s41467-024-54181-6).

No items found.
Lesen Sie mehr und loggen Sie sich jetzt mit Ihrem DocCheck-Daten ein.
Der weitere Inhalt ist Fachkreisen vorbehalten. Bitte authentifizieren Sie sich mittels DocCheck.
- Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

123-nicht-eingeloggt