Pluripotente Stammzellen (PSCs) stellen eine vielversprechende Zellquelle für regenerative Therapien dar, insbesondere für die Inselzelltransplantation bei Diabetes mellitus Typ 1 (T1D). Chemisch induzierte PSCs (CiPSCs) bieten eine nicht-genetische, standardisierbare und skalierbare Alternative zu konventionellen induzierten PSCs. In präklinischen Studien erwiesen sich aus CiPSCs differenzierte Inselzellen (CiPSC-Inselzellen) als funktionell vergleichbar mit humanen Inselzellen und zeigten eine effektive Blutzuckerkontrolle bei diabetischen Primaten. Zudem konnte ein optimiertes Transplantationsverfahren unterhalb der vorderen Rektusscheide etabliert werden. In der weltweit ersten klinischen Anwendung wurden patientenspezifische CiPSC-Inselzellen nun bei einer 25-jährigen Patientin mit langjährigem T1D autolog transplantiert.
Eine 25-jährige Chinesin mit Typ-1-Diabetes ist erfolgreich mit autologen, chemisch induzierten pluripotenten und unter der vorderen Rektusscheide transplantierten Stammzellen behandelt worden. Seit einem Jahr braucht sie kein Insulin mehr zuführen.
Die Patientin hatte bereits eine Pankreastransplantation hinter sich, die aufgrund thrombotischer Komplikationen explantiert werden musste. Vor der Studie war ihre endogene Insulinsekretion nicht nachweisbar, und trotz intensivierter Insulintherapie blieb ihre glykämische Kontrolle unzureichend (HbA1c 7,4-8,0 %, hohe Glukosevariabilität, multiple schwere Hypoglykämien). Nach chemischer Reprogrammierung von mesenchymalen Stromazellen aus Fettgewebe wurden die CiPSC-Inselzellen in einem etablierten Protokoll differenziert und nach Qualitätskontrollen subkutan unter die vordere Rektusscheide injiziert.
Autologe Transplantation von CiPSC-Inselzellen
Innerhalb von 75 Tagen nach der Transplantation, so berichtete das chinesische Forscherteam im Fachblatt „Cell“, erreichte die Patientin Insulinunabhängigkeit, mit anhaltender normoglykämischer Stoffwechsellage über ein Jahr. Die kontinuierliche Glukosemessung (CGM) zeigte eine Verbesserung der „Time-in-Range“ (TIR) von 43,18 % vor der Transplantation auf über 98 % nach 4 Monaten. Der HbA1c-Wert sank von 7,57 % auf 5,37 %. Das C-Peptid war ab Tag 14 nachweisbar und stieg kontinuierlich an (bis 721,6 pmol/L im Nüchternzustand, 2 472,6 pmol/L postprandial nach einem Jahr). Die orale Glukosetoleranz (OGTT) zeigte eine deutliche Verbesserung der postprandialen Glukosewerte mit stabiler Insulinantwort. Der BETA-2-Score, ein Maß für die endogene Betazellfunktion, stieg von 0,13 auf 41,83. Sicherheitsanalysen mittels MRT und Ultraschall ergaben keine Anzeichen für eine Teratom-Bildung oder andere unerwünschte Gewebewucherungen. Es traten keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auf, und die Patientin erlitt keine weiteren schweren Hypoglykämien.
Diese Fallstudie demonstriert, so das Resümee aus China, dass die autologe Transplantation von CiPSC-Inselzellen eine potenziell lebensverändernde Therapie für T1D-Patienten mit unzureichender glykämischer Kontrolle sein könnte. Die gewählte Transplantationsstrategie ermögliche eine verbesserte Engraftment-Umgebung mit sicherer Überwachungsmöglichkeit. Diese erste klinische Anwendung zeige vielversprechende Ergebnisse für die Zukunft der personalisierten Zelltherapie bei Diabetes. Weitere Studien seien erforderlich, um Langzeitdaten und die generelle Übertragbarkeit zu validieren.
Wang S et al.: Transplantation of chemically induced pluripotent stem-cell-derived islets under abdominal anterior rectus sheath in a type 1 diabetes patient. Cell. 2024 Oct 31;187(22):6152-6164.e18 (DOI 10.1016/j.cell.2024.09.004).