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Sonderredaktion

Wechsel auf KOK mit

Estetrol/Drospirenon nach Monopille

Dr. med. Klaus Peters

10.12.2021

Im hier vorgestellten Fall begann die Patientin mit der oralen Kontrazeption während der Stillzeit mit einer Desogestrel-haltigen progestogen-only pill (POP). Darunter kam es zu Blutungsstörungen. Mit der Umstellung auf die Kombination Estetrol/Drospirenon verschwanden diese Blutungsstörungen innerhalb kurzer Zeit.

Die Peri- und Postpartalperiode ist durch eine ­Aktivierung des Gerinnungssystems mit einer konsekutiv um das 25-Fache gesteigerten Zunahme des Thromboembolierisikos gekennzeichnet [1]. Dieses erhöhte Risiko sinkt in den folgenden Wochen wieder auf den Ausgangswert ab, trotzdem sollten kombinierte hormonelle Kontrazeptiva (KOK) in ­der Postpartalperiode möglichst zurückhaltend ver­ordnet werden.

Auch das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin (Embryotox) empfiehlt: Reine Gestagenpräparate sind die Mittel der ersten Wahl für die orale Kontrazeption in der Stillzeit. Sie beeinflussen weder die Quantität noch die Qualität der Muttermilch. Die Einnahme kontrazeptiver Kombinationspräparate (Estrogen und Gestagen) kann zur Reduktion der Milchmenge führen, insbesondere bei vorbestehender Laktationsschwäche [2].

Der Fall

Eine 36-jährige Patientin, normalgewichtig, Nichtraucherin, hat im August 2020 ihr zweites Kind ­entbunden. Zehn Wochen nach der Entbindung besprachen wir in der Praxis die Möglichkeiten ­der ­hormonalen Kontrazeption. Da sie keine intra­u­terine Kontrazeption mit einem LNG-IUS wünschte, fiel die Wahl auf eine reine Gestagenpille mit ­Desogestrel.

Nachdem die ersten Zyklen weitgehend unauffällig waren, kam es im Frühjahr 2021 wiederholt zu ­Polymenorrhoeen, und die Patientin kam Anfang Juni 2021 mit der Bitte nach einer anderen Art der Kontrazeption in die Praxis. Da sie nach eigenen ­Angaben sehr zuverlässig in der Einnahme der oralen Kontrazeptiva ist und auch vor und zwischen den Schwangerschaften immer oral verhütet hatte, war ihr Wunsch ein anderes Präparat – keine gänzlich andere Verhütungsmethode.

Aufgrund dieser klaren Präferenz (Ich bin ein „Pillentyp“) schlug ich ihr das neue Präparat Drovelis® mit 14,2 mg Estetrol (E4) und 3 mg Drospirenon (DRSP) vor, das zu dieser Zeit gerade die EU-Zulassung ­erhalten hatte. Unsere Praxis hatte bereits an der Zulassungsstudie mitgearbeitet, sodass ich ihr von den Erfahrungen meiner mehr als 20 Patientinnen berichten konnte. Schließlich entschied sie sich für dieses Präparat.

Nach Umstellung war die Verträglichkeit sehr gut. Bei der Kontrolle im August 2021 war sie wieder völlig beschwerdefrei, keine Gewichtszunahme und keine Mastodynie. Auch der Blutdruck war mit 115 /70 unverändert. Die Patientin äußert sich sehr zufrieden und möchte diese Art der Kontrazeption fortsetzen.

Diskussion

Blutungsstörungen können sich in vielfacher Weise darstellen, z. B. als Spotting, als Zwischenblutungen oder als Amenorrhoe. Zwischenblutungen treten in den ersten drei Monaten der Anwendung hormoneller Kontrazeptiva am häufigsten auf und lassen dann oft nach [3]. Bei dieser Patientin war es anders, die Zwischenblutungen stellten sich hier erst nach einigen Zyklen ein. Solche Zwischenblutungen können auf verschiedenen Ursachen beruhen. Werden eine oder mehrere Pillen in einem Einnahmezyklus vergessen, kann das der Grund für die Zwischenblutung sein. Meine Patientin versicherte aber glaubwürdig, dass das bei ihr nicht der Fall war. Sie nahm auch keine Medikamente ein, die über das Enzymsystem Cytochrom P450 metabolisiert werden.

Gestagene können zu einer Dezidualisierung des Endometriums und zu einem schnellen Verschmä­le­rungseffekt des Endometriums führen [4]. Auch angiogenetische Faktoren können eine Rolle spielen [5]. Unter der Anwendung eines reinen Gestagenpräparats haben 40 % der Anwenderinnen irre­guläre Zyklen und etwa 10 % berichten über eine Amenorrhoe [4]. Im Vergleich zu Kombinationspräparaten haben Frauen mit reinen Gestagenpräparaten häufigere und längere Blutungsepisoden, die schlechter vorhersagbar sind [4].

Daher kam für mich auch keine andere POP infrage. Auf ein KOK mit Ethinylestradiol (EE) wollte ich ­aufgrund der Tatsache, dass die Patientin noch stillt, nicht ausweichen. Der Einsatz von E4 als Estro­gen­komponente ist ein neuer Ansatz bei der ­kombinierten oralen Kontrazeption. E4 entfaltet seine ­estrogenen Effekte vorwiegend über die Estrogen­rezep­to­ren α(ERα) mit agonistischen Wirkungen an Uterus, Vagina, Knochen und Gehirn sowie antagonistischen Effekten an den Ovarien. Im Gegensatz zu Ethinyl-estradiol und Estradiol wird E4 nicht in aktive ­Estrogenmetabolite verstoffwechselt und hat nur einen geringen Einfluss auf den Stoffwechsel der Leber [6].

Das Expertenstatement

Dr. med. Klaus Peters
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Berner Heerweg 157
22159 Hamburg

praxis@dr-peters.net

Wenn in der Stillzeit eine orale Kontrazeption ­gewünscht wird, bietet es sich an, eine POP zu verschreiben. POP verbinden hohe kontrazeptive Sicherheit mit einem günstigen Risikoprofil. Allerdings treten häufig Blutungsstörungen auf, so auch bei der hier vorgestellten Patientin.

Bei ihr kam schließlich Drovelis® zum Einsatz, weil aufgrund der anhaltenden Blutungsstörungen unter Desogestrel die zusätzliche Gabe eines Estrogens angeraten schien. E4 hat gegenüber EE den großen Vorteil, dass es keinen Einfluss auf Parameter wie Gerinnungsfaktoren oder SHBG hat. Bei Blutungsstörungen unter einer Gestagenmonopille sollte die Kombination E4 / DRSP daher immer als Alternative mit bedacht werden.

1 Birkhäuser M et al., Frauenarzt 2014; 55: 1110–1113
2 www.embryotox.de/arzneimittel/details/ansicht/medikament/kontrazeptiva-orale/
3 Böttcher B, Privatarzt Gynäkol 2019; 10(3): 8–10
4 Zigler RE et al., Am J Obstet Gynecol 2017; 216: 443–450
5 Lohr PA et al., J Fam Pract 2006; 55: 872–880
6 Visser M et al., Climacteric 2008; 11 64–68

Impressum

Bericht: Dr. med. Klaus Peters I Redaktion und Konzept: Dr. rer. nat. Reinhard Merz
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der Gedeon Richter Pharma GmbH (Köln)

Bildnachweis: privat

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