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Abrechnung

Kontrazeptionsberatung

Erstberatung und Folgeverordnung richtig abrechnen

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter

25.8.2023

Bei Folgever­ordnungen verzichten viele Kollegen ganz auf die Abrechnung, weil es umfassende Ausschluss­regelungen im Zusammenhang mit der Berechnung der GO-Nr. 2 gibt. Das birgt die Gefahr, dass Umsatzpotenzial vergeben wird. Zwar wenig pro Fall – aber die Zahl der Fälle macht es doch wieder interessant.

Zum Praxisalltag der gynäkologischen Praxis gehört natürlich auch die Ausstellung von Wiederholungsrezepten. Vor allem die kontrazeptive Medikation (Pillenrezept) wird regelmäßig bestellt und meist auch ohne persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt in der Praxis abgeholt.

Die kontrazeptive Wirkung der KHK (kombinierte hormonelle Kontrazeption) beruht primär auf der Suppression der Gonadotropinsekretion. Die ovulationshemmende Wirkung hängt in erster Linie von der Gestagenkomponente ab. Während der Einnahmedauer der KHK kommt es aufgrund des hepatischen Effekts von Ethinylestradiol zu Veränderungen der Fibrinolyse- und Gerinnungsfaktoren! Das erfordert eine umfassende Beratung im Zusammenhang mit der kontrazeptiven Medikation. Vor allem im Zusammenhang mit der ersten Pillen-Verordnung ist die genaue Anamnese und die gynäkologische Untersuchung, inkl. eines zytologischen Abstrichs, wichtig.

Bei der Erstverordnung eines Kontrazeptivums werden im Zuge der Anamnese Körpergewicht, Körpergröße, Eintritt der Menarche (Zeitpunkt der ersten Regelblutung) und die Zyklusanamnese (Regelmäßigkeit, Dysmenorrhoe/Schmerzen bei der Regelblutung etc.) erfragt. Gerade bei jungen Mädchen wird zudem der körperliche Entwicklungsstand anhand der Tanner-Stadien erhoben, sowie Blutdruck und Puls gemessen. Bei jungen Mädchen gelten monophasische kombinierte Kontrazeptiva als Mittel der ersten Wahl. Jedoch sind in jedem Fall die möglichen Kontraindikationen zu prüfen. So sollte beispielsweise bei Vorliegen der nachfolgend genannten Krankheiten und Gesundheitsrisiken keine KHK verordnet werden:

Blutgerinnungsstörungen in der Familie (Abklärung erforderlich, ob ebenfalls eine Blutgerinnungsstörung bei der Patientin vorliegt)

  • familiäres Mammakarzinom (Brustkrebs)
  • Thromboembolie in der Vorgeschichte: z. B. tiefe Beinvenenthrombose (TVT), Lungenembolie, Myokardinfarkt (Herzinfarkt), transitorische ischämische Attacke (TIA), Apoplex (Schlaganfall), Angina pectoris („Brustenge“; plötzlich auftretender Schmerz in der Herzgegend)
  • Blutgerinnungsstörungen
  • Diabetes mellitus mit Gefäßschädigung
  • Hyperlipidämie (Fettstoffwechselstörung; hohe Blutfettwerte)
  • Hypertonie (Bluthochdruck; systolisch ≥ 160 oder diastolisch ≥ 100 mmHg)
  • Immobilisation oder chirurgischer Eingriff* (falls ja; KHK mindestens 4 Wochen vor dem Eingriff und bis zu 2 Wochen nach der vollständigen Remobilisation absetzen; in dieser Zeit Verwendung einer nicht hormonellen Kontrazeption)

Zu den Medikamenten, die das Risiko einer Thrombose erhöhen, gehören unter anderen Antidepressiva, Antipsychotika (Neuroleptika), Chemotherapeutika, Kortikoide, Diuretika und andere mehr. Bestehen Kontraindikationen (Gegenanzeigen) gegen den Einsatz von Estrogenen, sind entsprechende  estrogenfreie Kontrazeptionsmethoden einzusetzen. Hierzu zählen beispielsweise:

  • estrogenfreie Pille („progestin only pills“, POP; „Minipille“)
  • levonorgestrelhaltige Intrauterinsysteme (IUS)
  • desogestrelhaltige Hormonimplantate (Etono­gestrel-Implantat)
  • 3-Monatsspritze
  • kupferhaltige Spirale bzw. Kette

Zu der Beratung im Zusammenhang mit der „Pillen-Erstverordnung“ sollten die Aufklärung über die kontrazeptive Sicherheit gehören sowie Hinweise auf Faktoren, die die kontrazeptive Sicherheit negativ beeinflussen können. Dazu gehören Medikamente wie beispielsweise Analgetika, Antirheumatika, ­Antiepileptika, Antibiotika, Antimykotika, aber auch Laxantien und Tuberkulostatika (z. B. Rifabutin). Auch gastrointestinale Störungen wie Erbrechen, Diarrhoe, gastrointestinale Krankheiten (Gastritiden, Enteritiden, Zöliakie, Morbus Crohn) und Störungen des enterohepatischen Kreislaufs (Anti­biotika) können die kontrazeptive Sicherheit beeinflussen.

Verordnung und Abrechnung

Die Ausstellung von Wiederholungsrezepten wird nach GOÄ mit der Gebühr nach GO-Nr. 2 ­abgerechnet. Da es jedoch umfassende Ausschlussregelungen im Zusammenhang mit der Berechnung der GO-Nr. 2 gibt, wird diese Gebühr vermeintlich uninteressant. Als Folge dieser Einschätzung wird sie oft auch nicht abgerechnet. Doch darin, dass Rezeptgebühren grundsätzlich nicht abgerechnet werden, verbirgt sich die Gefahr, dass – wenn auch geringes – ­Umsatzpotenzial vergeben wird.

Nach GOÄ umfasst die entsprechende Gebühr nach GO-Nr. 2 die „Ausstellung von Wiederholungsrezepten und/oder Überweisungen und/oder Übermittlung von Befunden oder ärztlichen Anordnungen – auch mittels Fernsprecher – durch die Arzthelferin und/oder Messung von Körperzuständen (z. B. Blutdruck, Temperatur) ohne Beratung, bei einer Inanspruchnahme des Arztes“.

Jedoch bestehen umfassende Ausschlussregelungen im Zusammenhang mit der Berechnung der Gebühr nach GO-Nr. 2 der GOÄ. Das ergibt sich aus der Formulierung: „Die Leistung nach Nummer 2 darf anlässlich einer Inanspruchnahme des Arztes nicht zusammen mit anderen Gebühren berechnet werden.“

Der sprachliche „Knackpunkt“ liegt in der Formulierung: „... anlässlich einer Inanspruchnahme des ­Arztes ...“ Kommt es an demselben Tag zu einer weiteren Inanspruchnahme des Arztes, so ist diese als solche auch berechnungsfähig. Zur Kennzeichnung, dass es sich um eine erneute Inanspruchnahme des Arztes handelt, ist die jeweilige Uhrzeit anzugeben. In diesen Fällen ist insbesondere darauf zu achten, dass nicht nur die Uhrzeit der zweiten bzw. der weiteren Inanspruchnahmen angegeben werden muss, sondern eben auch der Zeitpunkt der ersten Inanspruchnahme. Es kann also sein, dass ein Patient am Vormittag (09:30 Uhr) ein Wiederholungsrezept, z. B. für sein Antihypertensivum, benötigt und am Nachmittag (16:45 Uhr) nochmals in die Praxis kommt, weil er plötzlich akute Rückenschmerzen habe.

Bei Patientinnen, die in der GKV versichert sind, ist zu beachten, dass es verschiedene Arten von Wiederholungsrezepten gibt. So versteckt sich in Abschnitt 1.7.5 Empfängnisregelung ebenfalls eine Art „Verwaltungspauschale“. Die GOP 01820 beinhaltet nämlich ebenso wie die GOP 01430 die „Ausstellung von Wiederholungsrezepten, Überweisungsscheinen oder Übermittlung von Befunden oder ärztlichen Anordnungen an den Patienten im Auftrag des ­Arztes durch das Praxispersonal, auch mittels technischer Kommunikationseinrichtungen“.

Der Unterschied zur GOP 01430 liegt darin, dass es sich um Wiederholungsrezepte im Zusammenhang mit Empfängnisregelung, Sterilisation oder Schwangerschaftsabbruch handelt. Hier nun sind die Ausschlussregelungen gänzlich anders. Die  GOP 01820 ist nämlich nur nicht neben anderen Gebührenordnungspositionen und nicht mehrfach an demselben Tag berechnungsfähig. Der Ausschluss neben Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale fehlt. Das ist für die Abrechnung dieser GOP entscheidend. Diese lässt sich nämlich für die Ausstellung eines Pillenrezeptes immer dann berechnen, wenn keine andere Leistung daneben zur Abrechnung kommt. „Daneben“ bedeutet in derselben Sitzung.

Beachten Sie dabei jedoch genau die Richtlinien zur Empfängnisregelung und zum Schwangerschaftsabbruch. Danach gilt nämlich, dass die Kosten für im Rahmen dieser Richtlinien verordnete Mittel zur Empfängnisverhütung und deren Applikation für Versicherte, die das 22. Lebensjahr vollendet haben, nicht unter die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung fallen. Hier ist folglich kein ­Kassenrezept, sondern (für die Patientin kostenlos) ein Privatrezept auszustellen. Aber auch dann, wenn Sie ein Privatrezept ausstellen, ist die GOP 01820 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abzurechnen und nicht etwa nach GOÄ die GO-Nr. 2. Lediglich die Kosten für das Medikament werden nicht von der GKV übernommen und müssen von der Patientin selbst getragen werden.

Denken Sie bei Pillenrezepten immer daran, die GOP 01820 abzurechnen. Das gilt im Übrigen auch dann, wenn Sie gemäß den Richtlinien zur Empfängnisregelung und zum Schwangerschaftsabbruch der Patientin für die Verordnung eines Arzneimittels zur Empfängnisverhütung ein Privatrezept ausstellen müssen. Beachten Sie, dass Sie für die Ausstellung des Privatrezeptes bei Frauen, die das 22. Lebensjahr vollendet haben, keine Privatleistung berechnen dürfen. Die Ausstellung des Pillenrezeptes, auch wenn es sich um ein Privatrezept handelt, geht zu Lasten der GKV.

Der Autor

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter
Arzt für Allgemeinmedizin
Arzt für Naturheilverfahren
76684 Tiefenbach
schlueter@vital-arzt-praxis.de
www.vital-arzt-praxis.de

Dr. Dr. Peter Schlüter ist promo­vierter Naturwissenschaftler und ­Mediziner. Seit 1982 ist er als Arzt für Allgemein­medizin mit betriebs­­wirtschaftlich ­opti­mierter Praxis nieder­gelassen. Als Berater zu allen ­Fragen der Praxisorganisation, Praxis­manage­­ment und ­Abrechnung ist er seit 1987 tätig.

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