- Anzeige -
Gynäkologie

Interview Konstantin Wagner

Social Media in der Frauenarztpraxis

Dr. rer. nat. Reinhard Merz

6.12.2024

Mythen und Internet-Panikmache kennen wir alle zur Genüge. Aber viele Patientinnen informieren sich auch auf seriösen Seiten und kommen so gut informiert in die Praxis. Man muss das Thema auf jeden Fall differenziert betrachten, sagt Dr. Konstantin Wagner, der den Internetdienst „gynäko.logisch“ betreibt.

Herr Dr. Wagner, ich denke das darf man ohne Übertreibung sagen: Mit gynäko.logisch sind Sie ein Social-Media-Star. Was ist gynäko.logisch denn genau?

Als Star würde ich mich nicht bezeichnen, aber ja, einen gewissen Bekanntheitsgrad hat man mittlerweile erreicht. gynäko.logisch ist eine Plattform mit Kanälen bei YouTube und bei Instagram, wo ich die Leute, vor allen Dingen natürlich Frauen, aufschlaue. Themen zur Frauengesundheit, mit meinem Fachwissen, barrierefrei und relativ einfach und verständlich erklärt.

Wie kamen Sie dazu, die Patientinnenaufklärung selbst in die Hand zu nehmen?

Das war tatsächlich noch zu meiner Assistenzarztzeit. Ich war in einer größeren Klinik und war etwas frustriert. In der Klinik muss es natürlich schnell, schnell gehen und ich habe immer nur die Fragezeichen über den Köpfen der Patientinnen gesehen. Und ich hatte auch immer den Drang, noch ein bisschen mehr zu erklären, aufzuklären, was passiert jetzt bei der nächsten OP oder was kann man sich als nächste Schritte der Geburt vorstellen. Diese Zeit hatte ich leider nicht.

Und irgendwann habe ich gedacht, warum nehme ich mir nicht einfach die Zeit zu Hause vor der Kamera und erkläre alles ganz verständlich, so wie ich es gerne in der Klinik gemacht hätte. Das war 2017, also schon einige Jahre her. Und dann habe ich schnell gemerkt, dass der Bedarf groß ist, dass das sehr gut angenommen wird und die Frauen wirklich dankbar sind, da an Informationen zu kommen, an die sie vielleicht so sonst nicht kämen.

Wie gehen Sie mit offensichtlichen Falschinformationen um?

Ja, das ist die große Gefahr im Internet – schon seit Jahrzehnten in irgendwelchen Foren und mittlerweile auf den Social-Media-Plattformen. Das zu differenzieren ist als Laie ganz, ganz schwer. Google und seine YouTube-Plattform haben das gut gemacht. Da gibt es sogenannte Verifizierungen. Als Mensch, der im Gesundheitssystem arbeitet – ob als Physiotherapeut oder Arzt –, kann man z. B. die Approbation hinschicken, das wird geprüft und dann bekommt man ein Siegel. Dann wissen die Menschen, in diesem Kanal bekommen sie Informationen, die evidenzbasiert und wissenschaftlich sind.

Das gibt es bei den anderen Plattformen, TikTok, Instagram und Facebook nicht. Hier braucht man ein gewisses Know-how, um zu beurteilen: Erzählt mir dieser Mensch vor der Kamera Blödsinn oder ist das wirklich jemand, der Ahnung hat. Die Gefahr wird Gott sei Dank geringer, weil es immer mehr Ärztinnen, Ärzte und andere aus dem Gesundheitssystem gibt, die sich die Zeit nehmen, um aufzuklären. Aber ja, die Gefahr bleibt immer noch bestehen, das stimmt.

Mythen und Internet-Panikmache kennen alle zur Genüge. Welche Tipps zum Umgang damit haben Sie?

Das muss man auf jeden Fall differenziert betrachten. Wenn man das Gefühl hat, hier kann irgendwas nicht stimmen, unbedingt nachfragen, wo genau die Information herkommt. Es spricht sich ja irgendwann rum, welche Kanäle seriös sind und seriöse Informationen bieten. Das war vor allem zur Zeit der Pandemie ein Riesenthema, da wurde auf Social Media unfassbar viel Unfug verbreitet und es war sehr zeitaufwendig, dagegen vorzugehen und evidenzbasierte Aufklärung zu betreiben.

Eine gewisse Skepsis ist immer angebracht. Wenn ich eine Patientin vor mir sitzen habe, die sagt, ich habe aber im Internet gelesen, fängt man vielleicht intuitiv an, mit den Augen zu rollen. Aber davon müssen wir bald mal absehen, weil es dort immer mehr Informationen gibt, die wirklich was taugen. Ich bin ja nicht der einzige Mediziner, der da aktiv ist. Es gibt viele, viele gute Informationen und dann kommen Patientinnen auch meistens recht gut ­informiert zu uns.

Das ist kein Nachteil, sondern ein klarer Vorteil. Weil wir nicht mehr bei null anfangen müssen, Dinge zu erklären. Wir können wirklich auf Augenhöhe mit den Patientinnen sprechen und partizipativ Entscheidungen treffen, weil sie ein gutes Know-how ­mitbringen. Eine Grundskepsis zu haben, ist sicherlich nicht verkehrt, aber man sollte nicht per se ­immer alles schlecht finden. Sondern sich erst mal anhören, was die Patientin gehört, gelesen, gesehen hat. Und dann für sich entscheiden, ja das sind ­Informationen, mit denen kann ich gut arbeiten – oder eben nicht. Wenn ich ein Verhütungsgespräch führe und die Patientin weiß schon ziemlich genau, was ­welche Vor- und Nachteile hat, macht es mir das viel ­einfacher, weil man direkt hoch ins Thema einsteigen kann.

Guter Punkt. Kontrazeption ist sicher ein großes Thema, oder?

Ja, es ist ein schwieriges Thema geworden, das ­haben wir alle mitbekommen. Weil eine gewisse Hormonphobie vorhanden ist. Aber wir müssen ­aufpassen, das nicht gleich abzutun, sondern die ­Patientin auf Augenhöhe abholen und sagen, okay verstehe ich, was gibt es denn für Alternativen? Also immer den Ball ein bisschen zurückspielen. Denn meistens haben sie sich natürlich schon explizit ­Gedanken gemacht.

Vielen Dank für dieses Gespräch.

Eine ausführlichere Version des Interviews finden Sie hier:

Dort geht es u. a. darum, welche Patientinnen man über welche Kanäle erreichen kann.

Im Gespräch

Dr. med. Konstantin Wagner
Frauenarztpraxis
34117 Kassel
gynäko.logisch

www.richtigwissen.de/gynaeko.logisch

Lesen Sie mehr und loggen Sie sich jetzt mit Ihrem DocCheck-Daten ein.
Der weitere Inhalt ist Fachkreisen vorbehalten. Bitte authentifizieren Sie sich mittels DocCheck.
- Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

123-nicht-eingeloggt