Die Vergütung für den Schwangerschaftsabbruch (SAB) in den Fällen gemäß § 218a StGB (Schwangerschaftsabbruch in besonderen Fällen) ist nicht nur zwischen gesetzlich und privat versicherten Patientinnen unterschiedlich, sondern differiert auch von Bundesland zu Bundesland.
In Deutschland wurden ungewollte Schwangerschaften lange noch operativ beendet, obwohl schon länger eine medikamentöse Variante zur Verfügung steht. Mittlerweile tritt der medikamentös herbeigeführte Schwangerschaftsabbruch (mSAB) mit Mifepriston und Misoprostol immer häufiger an die Stelle der operativen Variante.
Mifepriston – Wirkstoff und Indikation
Mifepriston (Mifegyne®) ist ein Norethisteron-Derivat, das reversibel die Progesteron-Rezeptoren blockiert und zu einer Sensibilisierung des Myometriums für Prostaglandine führt. Die artifizielle Gelbkörper-Insuffizienz löst einen Abbruch der Schwangerschaft aus, der klinisch von einem Spontanabort nicht zu unterscheiden ist. Die Kombination von Mifepriston und Prostaglandinen (z. B. Misoprostol) wird weltweit für den mSAB verwendet.
In Deutschland ist Mifepriston aktuell für vier Indikationen zugelassen:
Ablauf des medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs
Nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG, § 13) darf ein medikamentöser Schwangerschaftsabbruch nur in einer Einrichtung vorgenommen werden, in der auch die notwendige Nachbehandlung gewährleistet ist. Dies ist gesetzlich nicht konkret geregelt, sollte jedoch die Möglichkeit umfassen, das Ende der Schwangerschaft festzustellen, und bei Komplikationen eine operative Versorgung selbst durchzuführen oder an ein Krankenhaus zu überweisen. Darüber hinaus gibt es in den Bundesländern unterschiedliche Richtlinien der Landesbehörden, wer einen SAB durchführen darf.
1. Konsultation: Feststellung der Schwangerschaft
Die intrauterine Schwangerschaft kann durch eine hCG-Untersuchung und eine Ultraschalluntersuchung diagnostiziert werden. Bei ungewollter Schwangerschaft (intakt, intrauterin) und der Erwägung eines SAB sollte die Patientin frühestmöglich an eine Beratungsstelle nach § 219 verwiesen werden.
2. Konsultation: Untersuchung und Aufklärung, Mifepriston-Gabe
Der Schwangerschaftsabbruch darf frühestens 3 Tage nach der Konfliktberatung durchgeführt werden. Nach Aufklärung über den Ablauf und die einzusetzenden Medikamente wird Mifepriston in der Praxis eingenommen. Bei Erbrechen innerhalb von 45 Minuten ist eine erneute Einnahme von Mifepriston möglich. Nach der Einnahme Mitgabe einer Notfall-Telefonnummer, unter der die Patientin auch außerhalb der Praxisöffnungszeiten anrufen kann.
3. Konsultation: Prostaglandin-Gabe
Misoprostol oder ein anderes Prostaglandin-Analogon wird nach 36 bis 48 Stunden gegeben, weil dann die Sensibilität des Myometriums am größten ist.
Kontrolluntersuchung
Etwa 14–21 Tage nach Einnahme von Mifepriston – nach dem Ende der Blutungen – wird eine Kontrolluntersuchung durchgeführt. Dazu eignen sich sowohl Ultraschall als auch eine Verlaufskontrolle des ß-hCG. Wenn keine Fruchthöhle mehr zu sehen bzw. der hCG-Wert deutlich abgefallen ist, die Blutungen und Schmerzen im Toleranzbereich liegen und keine Infektionszeichen vorhanden sind, ist der Abbruch als erfolgreich und abgeschlossen anzusehen.
Gesetzliche Vorgaben
Gesetzlich versicherte Patientinnen haben nach § 24b SGB V „Anspruch auf Leistungen […] bei einem nicht rechtswidrigen Abbruch der Schwangerschaft durch einen Arzt“. Die Kosten eines nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruchs werden in Deutschland dann von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, wenn der Abbruch aus medizinischer Indikation erfolgt (befürchtete Gesundheitsgefährdung der Mutter) oder aus kriminologischer Indikation (nach Vergewaltigung). Auch bei einem rechtswidrigen, aber straffreien Abbruch in besonderen Ausnahmesituationen gemäß § 218a Abs. 1 StGB übernehmen die Krankenkassen auf Antrag der Schwangeren die Kosten, allerdings mit Ausnahme des Abbruchs selbst und der Nachbehandlung (§ 24b Abs. 4 SGB V). Grundsätzlich übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen auf Antrag die Kosten für Frauen, denen die Aufbringung der Mittel für den Abbruch einer Schwangerschaft nicht zuzumuten ist. Die Bemessungsgrenzen werden jährlich zum 1. Juli angepasst. In diesen Fällen werden den Krankenkassen die Kosten gemäß § 19 Schwangerschaftskonfliktgesetz von den Ländern erstattet.
EBM-Abrechnung
Die Abrechnung eines mSAB nach dem EBM beinhaltet zunächst eine Beratung – auch über eine mögliche Erhaltung der Schwangerschaft (GOP 01900). Vor dem eigentlichen Abbruch (GOP 01906) sollte sonografisch das Alter der Schwangerschaft bestimmt werden (GOP 01902). Fakultative Leistungsinhalte der GOP 01906 sind eine Erweiterung des Gebärmutterhalses, die Gabe wehenfördernder Mittel sowie erforderliche Sonografien. Die Betreuung nach Durchführung eines Abbruchs kann bei bis zu zwei Stunden Dauer mit der GOP 01910, bis zu vier Stunden Dauer mit der GOP 01911 abgerechnet werden. Für die Kontrolluntersuchung wird die GOP 01912 abgerechnet (Tab. 1). Die GOP 01901 (Untersuchung vor operativem SAB, 95 Punkte) wird gelegentlich von Kolleg*innen – medizinisch nachvollziehbar – abgerechnet, entspricht aber nicht dem Legendentext und sollte ggf. mit der KV abgeklärt werden.
GOÄ-Abrechnung
Während die Gebühren bei einem nicht rechtswidrigen Abbruch gemäß § 5 GOÄ bis zu den Höchstsätzen gesteigert werden dürfen, sind die in § 24b Abs. 4 SGB V genannten Leistungen bei einem rechtswidrigen, aber straffreien Abbruch (gemäß § 218a StGB) nur bis zum maximal 1,8-Fachen erlaubt (§ 5a GOÄ); auch eine Abdingung gemäß § 2 Abs. 1 GOÄ ist für diese Leistungen ausgeschlossen. Einer Abrechnungsempfehlung der Bundesärztekammer aus dem Jahre 2001 folgend, sind die aufgelisteten Leistungen bei einem medikamentös induzierten Abbruch abrechenbar. Zur Kontrolluntersuchung fallen dann noch einmal die Nrn. 1, 5 oder 7, 410, 403 und optional die Nr. 420 an (Tab. 2).
Regionale Unterschiede bei den Abrechnungsregeln
Bei den Abrechnungsmodalitäten des SAB in besonderen Fällen (§ 218a StGB) in den einzelnen Bundesländern ist die Kostenübernahme unterschiedlich (Tab. 3). In neun Bundesländern ist eine Abrechnung gemäß EBM vorgesehen, da Sonderverträge bzw. spezielle Abrechnungsvorschriften nicht existieren.
Sondervertriebsweg einhalten!
Entsprechend AMG § 47a dürfen Arzneimittel, die für einen Schwangerschaftsabbruch zugelassen sind, nur an Einrichtungen im Sinne des SchKG § 13 abgegeben werden. Die Medikamente können direkt durch eine Ärztin / einen Arzt beim pharmazeutischen Unternehmer anhand spezieller Verordnungsblätter bestellt werden. Die gelieferten Packungen sind nummeriert. Jede Packungsnummer/Tablette, das Datum der Vergabe und die anonymisierten Patientinnendaten müssen registriert, für 5 Jahre aufbewahrt und auf Verlangen der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden.
Der Autor
Dr. med. Heiner Pasch
Praxisoptimierung Pasch GbR
Im Käulchen 26
51515 Kürten
Quellen zu Bundesland-spezifischen Abrechnungsmodalitäten:
Stand: Juli 2022
Bericht: Dr. med. Heiner Pasch I Redaktion I Konzept: Dr. rer. nat. Reinhard Merz
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der Nordic Pharma GmbH (Ismaning)
Bildnachweis: privat