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Gynäkologie

Ultraschall in der Schwangerschaft

Sonografie muss den nicht-invasiven Pränataltests vorangehen

Dr. Klaus Dallibor

Gemäß der neuen Strahlenschutzverordnung ist seit Anfang des Jahres die Verwendung des Ultraschalls zu nicht-medizinischen, kommerziellen Zwecken untersagt. Die DEGUM fordert aber mehr: Die Sonografie muss den nicht-invasiven Pränataltests vorangehen.

Betroffen von dem Verbot ist insbesondere das „Baby-Fernsehen“, häufig eine Art Familienspaß mit Freunden. Bei solchen Gelegenheiten wird meist 3D/4D-Ultraschall genutzt. Zu sehen sind das Gesicht des Feten, aber auch Hände und Füße, seine Bewegungen und manchmal auch die Mimik, vielfach das Geschlecht des noch ungeborenen Kindes, eher selten mittels gepulstem Doppler die Herzaktion. „Ein medizinischer Hintergrund für solches Baby-Watching besteht nicht“, betonte PD Dr. med. Kai-Sven Heling, niedergelassener Gynäkologe in Berlin und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). Er fügt aber an: „Man sollte allerdings nicht den Einfluss des Bondings unterschätzen und den Wunsch der werdenden Eltern, ihr ungeborenes Kind zu sehen.“ Dennoch sprachen sich Heling und die anderen Experten vor der Presse in Berlin gegen das Baby-TV aus, das grundsätzlich von jedem angeboten werden konnte – im Internet beispielsweise von Hebammen oder Heilpraktikern.


Nette Bilder oder medizinischer Nutzen?

Es bringe „nette Bilder, aber der Herzfehler wird nicht sichtbar“. Somit sei das Unterlassen der Feindiagnostik das Problem, nicht der Ultraschall an sich. Heling begrüßte dennoch das künftige Verbot kommerzieller Angebote und wies zugleich die damit ebenfalls entstandene verallgemeinernde Kritik an den Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft zurück. „Es gibt keinerlei Erkenntnisse, die einen ultraschallbedingten Schaden an dem Fötus nachweisen.“ Neben den Ultraschalluntersuchungen sind aktuell auch die seit 2012 in Deutschland praktizierten Screeningtests in der Diskussion, bei denen das Blutplasma der Schwangeren auf mögliche Trisomien oder Anomalien der Geschlechtschromosomen überprüft wird. Als solche Bluttest-Untersuchungen gelten die Methoden der „nicht-invasiven Pränataltestung“ (NIPT) im Blut der Mutter; dabei wird plazentare DNA im mütterlichen Serum überprüft. Die Tests werden bei verschiedenen Chromosomen wie Trisomie 21 (Down-), 13 (Pätau-) und 18 (Edwards-Syndrom) sowie bei Geschlechtschromosomen und Mikrodeletionen verwendet. Daneben gibt es noch andere Bluttests, zum Beispiel für den Rhesusfaktor. Im März 2019 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) empfohlen, diese Bluttests künftig für Risikoschwangere als Kassenleistung anzubieten. Dieser Vorschlag wird von der DEGUM begrüßt – allerdings mit Vorbehalt. So wurde bemängelt, der Vorschlag des G-BA enthalte „nebulöse Formulierungen“ und definiere auch nicht, was mit einem Risiko in der Schwangerschaft gemeint sei.


Ultraschall entdeckt andere Fehler als NIPT

Der DEGUM-Vorbehalt betrifft vor allem die Verfahrensweise: Es sei „sehr wichtig“, dass eine differenzierte Ultraschalluntersuchung „noch vor dem DNA-Test stattfindet“, erklärte der Düsseldorfer Gynä­kologe und DEGUM-Vorstandsmitglied Prof. Peter Kozlowski. „Wir beobachten in der pränataldiagnostischen Beratung, dass ein unauffälliger Befund eines DNA-Screenings auf Trisomie mit einem gesunden Kind gleichgesetzt wird.“ Verzicht auf frühzeitige Ultraschalluntersuchung habe möglicherweise die verspätete Entdeckung von Fehlbildungen beim Ungeborenen zur Folge. Der  DNA-Test könnte nach seiner Darstellung zudem auch falsch-negative oder falsch-positive Ergebnisse erbringen. „Wichtig zu wissen ist vor allem, dass der DNA-Bluttest keine Alternative zur frühen Ultra­schalldiagnostik und zum Serumscreening ist, sondern vielmehr eine zusätzliche Untersuchung darstellt.“ Ganz nebenbei merkte Kozlowski an, dass Deutschland bei der vorgeburtlichen Kontrolle „die rote Laterne in Europa“ halte. Nach den Mutterschaftsrichtlinien stehen den Schwangeren als Kassenleistung drei Ultraschalluntersuchungen zu, je eine im Trimenon: zwischen der neunten und zwölften, zwischen der 19. und 22. und zwischen der 29. und 32. Schwangerschaftswoche. Mit diesem Verfahren soll laut Heling bestimmt werden, wie sich der Fötus körperlich entwickelt und ob auffällige Merkmale entdeckt werden. Zudem lasse sich damit auch der voraussichtliche Geburtstermin ermitteln und überprüfen, ob es sich um eine Mehrlingsschwangerschaft handelt.


Frühe Diagnostik hilft

Falls Auffälligkeiten entdeckt werden oder eine Risikoschwangerschaft vorliegt, übernehmen die Kassen die Kosten für weitere feindiagnostische Untersuchungen – ansonsten muss die Schwangere die Ausgaben tragen, falls sie diese Untersuchung wünscht. Somit lasse sich nach Heling sicherstellen, dass dank der frühen Ultraschalldiagnostik zwischen der 12. und Ende der 14. Schwangerschaftswoche mehr als die Hälfte aller relevanten kind­lichen Fehlbildungen schon in frühen Phasen der Schwangerschaft erkannt werden. Dabei können das Herz, die Arme und Beine sowie Hirn und ­Gesicht des Fötus vollständig untersucht  werden. Eine verdickte Nackentransparenz etwa deute auf Chromosomenabweichungen oder auf einen Herzfehler hin. Das Ersttrimester-Screening bezeichnete Kozlowski als in allen mütterlichen Altersgruppen sinnvoll und empfehlenswert, nicht allein bei „Frauen mit problematischeren Schwangerschaftsverläufen“. Wegen der weitreichenden Folgen der Untersuchung fordert die DEGUM daher die Aufnahme der Kosten in den Regelkatalog der Krankenkassen. Die Fein­diagnostik ist nach den Worten Helings „der einzige Augenblick im Leben, in dem man insgesamt untersucht wird“.

Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall (DEGUM) zum Thema „Sind Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft gefährlich? DEGUM weist Kritik zurück und klärt auf.“ Berlin, April 2019

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