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Allgemeinmedizin

Herz-Kreislauferkrankungen

Semaglutid reduziert kardiovaskuläre Ereignisse

Nicole Hein

5.2.2024

Laut der SELECT-Studie verhindert Semaglutid 2,4 mg schwere kardiovaskuläre Ereignisse bei Erwachsenen mit Übergewicht oder Adipositas sowie Herz-Kreislauf-Erkrankung, aber ohne Diabetes mellitus. Die Phase-III-Studie STEP HFpEF zeigt positive Ergebnisse bei Adipositas und Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion.

Medikamente mit dem Wirkstoff Semaglutid wurden ursprünglich gegen Typ-2-Diabetes entwickelt, da es den Blutzuckerspiegel senkt und die Insulinproduktion ankurbelt. Studien haben aber außerdem gezeigt, dass es zusätzlich einen großen appetithemmenden Effekt hat. Das könnte ein Durchbruch für Herzpatientinnen und -patienten sein, weil Übergewicht einer der größten Risikofaktoren für alle Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist.

Interessant ist in dem Zusammenhang die SELECT-Studie, die Ende vergangenen Jahres im Fachjournal „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde: Erste Ergebnisse legen nahe, dass Semaglutid 2,4 mg über einen Zeitraum von bis zu 5 Jahren die Anzahl schwerer kardiovaskulärer Ereignisse (Major Adverse Cardiovascular Events, MACE) im Vergleich zu Placebo statistisch signifikant um 20 % reduziert (HR 0,80; 95%-KI 0,72–0,90; p < 0,001) [1].

Die Risikoreduktion für MACE-Ereignisse zeigte sich dabei unabhängig von Alter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit und Body-Mass-Index (BMI) zu Studienbeginn. Auffällig war, dass die Wirkung der Risikoreduktion für MACE-Ereignisse bereits kurz nach Behandlungsbeginn eintrat. Dies weist darauf hin, dass die Wirkung nicht ausschließlich auf die gewichtsreduzierende Wirkung von Sema­glutid 2,4 mg zurückzuführen ist [1]. Somit gibt es erstmalig die Evidenz, dass Semaglutid 2,4 mg das kardiovaskuläre Outcome bei Risikopatientinnen und -patienten mit einem BMI über 27 mit bestehender Erkrankung und ohne Diabetes mellitus verbessert.

Weniger nicht tödliche Myokardinfarkte

Die Analyse der einzelnen Endpunkte des 3-Punkt-MACE ergab, dass das Risiko für einen nicht tödlichen Myokardinfarkt im Vergleich zu Placebo um 28 % gesenkt wurde (HR 0,72; 95%-KI 0,61–0,85), das Risiko für kardiovaskulären Tod um 15 % (HR 0,85; 95%-KI 0,71–1,01, statistisch nicht signifikant im Beobachtungszeitraum) und das Risiko für einen nicht tödlichen Schlaganfall um 7 % (HR 0,93; 95%-KI 0,74–1,15, statistisch nicht signifikant im Beobachtungszeitraum). Die konfirmatorischen ­sekundären Endpunkte zeigen, dass das Risiko für kombinierte Herzinsuffizienz-­Ereignisse (bestehend aus kardiovaskulärem Tod, akuten Behandlungen im Zusammenhang mit Herzinsuffizienz und Hospitalisierungen) im Vergleich zu Placebo um 18 % (HR 0,82; 95%-KI 0,71–0,96) und das Risiko für Tod jeglicher Ursache im Vergleich zu Placebo um 19 % gesenkt wurde (HR 0,81; 95%-KI 0,71–0,93).

Da das Ergebnis in Bezug auf den kardiovaskulären Tod über die gesamte Studiendauer nicht statistisch signifikant war, wurden die übrigen sekundären Endpunkte bei der hierarchischen Testung nicht auf Überlegenheit geprüft. Die weiteren sekundären Endpunkte ergaben zudem positive Effekte von Sema­glutid 2,4 mg auf andere kardiovaskuläre Risikofaktoren einschließlich des Blutdrucks, Cholesterinspiegels und der Blutzuckerlevel.

Die SELECT-Studie war nicht als Studie zum Gewichtsmanagement konzipiert, aber diejenigen, die Sema­glutid erhielten, verloren durchschnittlich 9,4 % ihres Gesamtkörpergewichts.

Der Nutzen geht weit über die Behandlung der Fettleibigkeit hinaus.

Eine weitere Studie, die ebenfalls kürzlich im „New England Journal of Medicine“ publiziert wurde, zeigte außerdem, dass die Symptome von Patienten und Patientinnen mit Herzinsuffizienz (HFpEF) und einem BMI über 27 durch die Einnahme von Sema­glutid deutlich zurückgingen. Konkret belegten die Ergebnisse der Phase-III-Studie STEP HFpEF, dass die einmal wöchentlich verabreichte Dosis von 2,4 mg Semaglutid im Vergleich zu Placebo bei Erwachsenen mit Adipositas und Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) zu einer stärkeren Gewichtsabnahme sowie zu einer deutlichen Verringerung Herzinsuffizienz-bedingter Symp­tome, körperlicher Beeinträchtigungen und einer Verbesse­rung der körperlichen Leistungsfähigkeit führt [2].

Die durchschnittliche Verbesserung des Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire Clinical Summary Score (KCCQ-CSS), der die Symptome und körperlichen Einschränkungen von HFpEF misst, betrug nach 52 Wochen 16,6 Punkte bei Semaglutid 2,4 mg gegenüber 8,7 Punkten bei Placebo, was zu einem geschätzten Behandlungsunterschied von 7,8 Punkten führte (p < 0,001). Die durchschnittliche Abnahme des Körpergewichts betrug 13,3 % bei Semaglutid 2,4 mg im Vergleich zu 2,6 % bei Placebo, was einen geschätzten Behandlungsunterschied von 10,7 % Gewichtsreduktion bedeutet (p < 0,001). Zudem zeigte STEP HFpEF einen mittleren Anstieg beim 6-Minuten-Gehtest: Die Veränderung in der Gehstrecke nach 52 Wochen lag unter Semaglutid bei 21,5 m im Vergleich zu 1,2 m unter Placebo. Auch reduzierte Semaglutid die allgemeinen Entzündungen, gemessen am hochsensitiven C-reaktiven Protein (hsCRP). Das Sicherheitsprofil von Semaglutid 2,4 mg war ähnlich zu früheren Studien. Unter Sema­glutid 2,4 mg wurden in dieser Studie im Vergleich zu Placebo weniger schwerwiegende unerwünschte Ereignisse beobachtet.

Weltweit leiden rund 64 Millionen Menschen unter einer Herzinsuffizienz [3]. Auffällig ist, dass ca. 80 % der Menschen mit HFpEF übergewichtig sind oder adipös [4]. Die Adipositasprävalenz nimmt rapide zu und gilt als Schlüsselfaktor für die Entwicklung und das fortschreiten von HFpEF. Menschen mit HFpEF und Adipositas haben eine hohe Sterblichkeitsrate, ein hohes Risiko für Krankenhausaufenthalte und eine hohe Krankheitslast mit kräftezehrenden Symptomen, körperlichen und sozialen Einschränkungen sowie einer ­geringeren Lebensqualität.

Fazit

Semaglutid bietet vielen Patienten und Patientinnen, die an Übergewicht leiden, eine Möglichkeit, ihr Gewicht zu reduzieren. Darüber hinaus belegen u. a. die SELECT-Studie sowie die Phase-III-Studie STEP HFpEF, dass der Wirkstoff das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen senken kann.

1 Lincoff AM et al., New England Journal of Medicine, Online veröffentlicht am 11. November 2023
2 Kosiborod MN et al., New England Journal of Medicine, Published online August 25, 2023
3 Groenewegen A et al., Eur J Heart Fail 2020; 22: 1342–56
4 Carbone S et al., Int J Obes 2020; 44: 1543–5

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