Die Hängepartie um die neue GOÄ geht weiter – zumal die Politik im Zuge der vielen Diskussionen zur Eindämmung der Corona-Pandemie anscheinend kaum Kapazitäten für anderweitige Entscheidungen hat. Zudem wird infrage gestellt, ob für höhere Abrechnungsmöglichkeiten für Ärzte überhaupt Geld zur Verfügung steht.
Die Corona-Nachrichten überlagern in diesen Tagen alle anderen realpolitischen Debatten. Die Bundestagswahl scheint unendlich weit in der Zukunft zu liegen und für einzelne berufspolitische Notwendigkeiten gibt es offenbar überhaupt kein Zeitfenster. So warten Ärzte weiterhin auf die neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) – keine andere Berufsgruppe ließe sich ein solches Aufschieben gefallen! Zudem liegen auch keine Präzedenzfälle für so lang andauernde Unterlassungsleistungen (der Politik) vor. Dabei bleibt völlig offen, wie sich eine kämpferische Gegenwehr der Ärzteschaft auswirken würde. Eine Reaktion der Bundesärztekammer (BÄK), die verdeutlicht, dass ein weiteres Vertrösten auf „nach der Wahl“ nur schwerlich auszuhalten seitens der mehreren hunderttausend Ärzten, wäre hier wünschenswert. Der BÄK-Chef und Hartmannbund-Vorsitzende Dr. med. Klaus Reinhardt betont immerhin optimistisch, dass der neue Entwurf noch weit vor der Wahl von ihm und dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) der Politik vorgelegt würde.
Das Vorhaben des Privatärztliche Bundesverbands, auf der geplanten Jahreshauptversammlung (JHV) am 08.05.2021 die neue Arbeitsgrundlage „GOÄ Neu“ in Details vorzustellen und gemeinsam mit der Privatärztlichen Verrechnungsstelle (PVS) Südwest erste Abrechnungskurse anzubieten, lässt sich nun nicht verwirklichen. Darüber hinaus werden aus Politikerkreisen schon Stimmen laut, dass nach all den Ausgaben für Corona-Notstände nun wahrhaftig kein Geld mehr da sei für eine deutliche Steigerung der privatärztlichen Gebühren (> Abrechnung). So wird sich der Kreis schließen zwischen Beihilfestellen (sprich dem Kleinhalten von Nebenkosten von Beamten und Politikern in Form von Krankheitskosten) und PKV, wobei Letztere zumindest dem jeweiligen Stand der GOÄ-Entwürfe zugestimmt hat, bis hin zu den bereits vollständig vorliegenden Leistungsbeschreibungen. Mit einer SPD, die auf eine Bürgerversicherung setzt, scheint auch die weitaus „größere“ CDU keine Energie mehr aufbringen zu wollen, an dieser Hängepartie etwas zu ändern. Wenn eine „reale“ Veranstaltung in Form einer JHV am 8. Mai 2021 in Frankfurt stattfinden kann, wird der PBV eventuell neu abstimmen müssen, wie sich rein privatärztlich Tätige innerhalb der gesamten Ärzteschaft positionieren wollen, aufbauend auf den engen Kontakten, die die Vorstandschaft mit dem Hartmannbund unterhält. So müssen Forderungen bzgl. der täglichen Arbeitsgrundlagen wohl schärfer formuliert werden – möglich sind auch juristische Klagen, wie sie aus anderen freiberuflichen Branchen bekannt sind! Beispielsweise wurden Urteile über einzelne, für weitaus zu niedrig befundene Architekten-Abrechnungen zugunsten der Kläger gefällt. Auch Juristen konnten auf diesem Weg eine Neubewertung ihrer Leistungen durchsetzen (> Medizinrecht).
Das politische und mediale „Gerangel“ um die Impfstoffe macht es auch Ärzten schwer, sich hier klar zu positionieren.
Im Urteil war ausgeführt, dass es nicht zumutbar sei, drei oder mehr Jahre auf der gleichen Basis abrechnen zu müssen. Die Ärzteschaft redet davon schon seit Jahrzehnten! Unterdessen müssen sich auch Privatärzte täglich mit neuen Vorkommnissen bei Corona beschäftigen. Sollen sie befürworten, dass Ärzte wie Pflegepersonal, Lehrer und Polizisten bevorzugt geimpft werden? Und wie sollen sie sich zu dem weniger geprüften Impfstoff von AstraZeneca positionieren? Einige Politiker fordern ersteres und manche plädieren gar für eine Impfpflicht im Gesundheitswesen.
An den Vorwürfen rund um die Impfstoffe möchte sich der PBV nicht beteiligen, weil der Blick in die Zukunft gerichtet werden sollte. Erstens kann es nicht Sinn und Zweck solcher Proteste sein, am Ende „schneller“, dafür mit russischen oder chinesischen Impfstoffen „versorgt“ zu werden, für die Jens Spahn eine Zulassung für die EU begrüßt. Zweitens gilt es jetzt, die Impfstoffkapazitäten hierzulande auszubauen, wie das BioNTech-Werk in Marburg. Ich selbst empfehle den noch nicht geimpften Patienten, etwas mehr Geduld aufzubringen. Und in den nächsten Wochen müssen diejenigen, die einen Impftermin haben, nehmen was es gibt, auch den AstraZeneca-Impfstoff mit weniger Wirkung als die mRNA-Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna. Der CureVac-Impfstoff mit ähnlichem Profil und weniger Kühlungspflicht wird wohl in diesen Tagen eine „Notzulassung“ bekommen, das wäre ein weiterer Schritt in schnellere Impfabfolgen. Nach Abschluss eines sehr besonderen Jahres 2020 wünscht der Privatärztliche Bundesverband allen Ärzten für das laufende Jahr mehr Klarheit seitens der Politik über den weiteren Umgang mit der Corona-Pandemie. Wir hoffen, unsere Mitglieder v. a. gut durch die anfänglichen Schwierigkeiten, die es nicht nur bei der Knappheit an Schutzkleidung und den Notwendigkeiten im Zuge von Testungen und Quarantänezwängen gab, navigiert zu haben. Nach wie vor stellt der PBV fest, dass das Interesse an privatärztlichen Neuniederlassungen ungebrochen ist. Auch in Pandemiezeiten ist der Unterschied privat- vs. vertragsärztlich in der Berufsausübung doch sehr deutlich. Beispielsweise können in den meisten Privatpraxen naturgemäß die Hygieneregeln besser eingehalten werden, sodass die meisten unserer Patienten weniger Angst haben vor einem Praxisbesuch (> Praxismanagement).