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Gynäkologie

Herz, Niere, Leber, CED

Patientinnen mit internistischen Grunderkrankungen

Dr. rer. nat. Reinhard Merz, Prof. Dr. med. Thomas Römer

17.2.2025

Dank der medizinischen Fortschritte können heute Frauen mit kardialen, renalen oder gastrointestinalen Erkrankungen schwanger werden und die Schwangerschaft austragen. Für die betreuenden Frauenärztinnen und Frauenärzte gibt es bei diesen Risikopatientinnen jedoch einiges zu beachten. Hier ein Überblick.

Management von kardiovaskulären Erkrankungen

Kardiovaskuläre Erkrankungen stellen während der Schwangerschaft eine bedeutsame Herausforderung dar, da sie sowohl die maternale als auch die fetale Morbidität und Mortalität erheblich beeinflussen können. Die prävalentesten kardiovaskulären Komplikationen während der Schwangerschaft sind die arterielle Hypertonie sowie angeborene und erworbene Herzfehler, deren Häufigkeit durch steigendes maternales Alter und vermehrte Risikofaktoren wie Diabetes und Adipositas zunimmt [1].

Das Risiko für kardiale Komplikationen während der Schwangerschaft wird am besten nach der modifizierten Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (mWHO) eingeschätzt [2]. Die meisten Frauen mit angeborenen Herzerkrankungen, die in mWHO I–II eingeordnet werden, überstehen eine Schwangerschaft in der Regel gut. Frauen, die aufgrund der Diagnostik in die mWHO-Klassen II–III oder III eingestuft werden, müssen mit einem mittleren bzw. hohen ­Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis oder Sterblichkeit (geschätzt 10–27 %) rechnen. In mWHO IV liegt die geschätzte Ereignisrate bei > 40 % für die maternale Mortalität und schwere kardiale Ereignisse. Diesen Frauen wird dringend von einer Schwangerschaft abgeraten [2,3].

Frauen mit dem Risikofaktor mWHO IV sollte von einer Schwangerschaft dringend abgeraten werden.

Kardiovaskuläre Adaptation in der Schwangerschaft

Die physiologischen Veränderungen der Schwangerschaft, wie ein Anstieg des Herzzeitvolumens und eine Vasodilatation, belasten das Herz-Kreislauf-System erheblich. Diese Anpassungen sind besonders kritisch bei Frauen mit Herzinsuffizienz, pulmonaler Hypertonie oder schwerwiegenden Klappenvitien. Zu den spezifischen Erkrankungen gehören:

  • Arterielle Hypertonie: Mit einer Prävalenz von 5–10 % ist die Hypertonie die häufigste kardiovaskuläre Erkrankung während der Schwangerschaft. Eine antihypertensive Therapie wird bei systolischen Blutdruckwerten > 150 mmHg oder diastolischen Werten > 95 mmHg empfohlen. Methyldopa, Labetalol und Calciumantagonisten sind Mittel der ersten Wahl.
  • Peripartale Kardiomyopathie (PPCM): Diese seltene Erkrankung tritt im letzten Trimenon oder postpartal auf. Klinisch zeigt sich eine dilatative Kardiomyopathie mit Herzinsuffizienzsymptomen. Die Behandlung umfasst ACE-Hemmer (postpartal), Diuretika und in speziellen Fällen Bromocriptin.
  • Pulmonale Hypertonie: Diese Erkrankung ist mit der höchsten maternalen Mortalität assoziiert. Eine Schwangerschaft (bei prägravider pulmonaler Hypertonie) wird strikt abgeraten; therapeutisch sind niedermolekulare Heparine und eine engmaschige Kontrolle indiziert.

Die vaginale Entbindung ist bei den meisten kardiovaskulären Erkrankungen anzustreben, es sei denn, es bestehen absolute Indikationen für eine Kaiserschnittentbindung (z. B. schwere Aortenpathologien, therapierefraktäre Herzinsuffizienz). Eine epidurale Analgesie wird empfohlen, um kardiale Belastungsspitzen während der Geburt zu vermeiden. Nach der Entbindung sollte eine engmaschige Kontrolle der hämodynamischen Parameter erfolgen.

Die Betreuung erkrankter Schwangerer sollte in spezialisierten Zentren erfolgen, in denen ein interdisziplinäres Team aus Kardiologen, Gynäkologen und Anästhesisten zur Verfügung steht. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen und eine Anpassung der Therapie während der verschiedenen Phasen der Schwangerschaft und des Wochenbetts sind entscheidend.

Management von Lebererkrankungen

Lebererkrankungen treten bei bis zu 3 % aller Schwangerschaften auf und können schwerwiegende Folgen für Mutter und Fetus haben [4]. Sie lassen sich in schwangerschaftsspezifische und schwangerschaftsunabhängige Lebererkrankungen unterteilen. Von den schwangerschaftsspezifischen Lebererkrankungen ist die intrahepatische Cholestase der Schwangerschaft (ICP) mit einer Prävalenz von weniger als 1 % in Mitteleuropa und bis zu 5 % in Südamerika die häufigste. Sie ist charakterisiert durch pruritusdominierten Verlauf und erhöhte ­Gallensäurewerte im maternalen Serum. Für den Feten besteht ein erhöhtes Risiko für intrauterinen Fruchttod (IUFT), Mekoniumaspiration, Frühgeburtlichkeit und fetale Arrhythmien.

Diagnostisch wegweisend sind erhöhte Serum-­Gallensäuren (> 10 µmol/l), die im Nüchternzustand gemessen werden sollten. Ursodeoxycholsäure (UDCA) ist das Mittel der Wahl zur Behandlung des Pruritus und zur Senkung der Gallensäurespiegel (Dosierung: 10–15 mg/kg KG pro Tag). Eine Geburtseinleitung wird bei schwerer ICP ab 36 + 0 Schwangerschaftswochen empfohlen, um das IUFT-Risiko zu minimieren [5,6].

Autoimmune Erkrankungen werden durch physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft beeinflusst.

Die akute Schwangerschaftsfettleber (AFLP) ist eine seltene, aber schwerwiegende Erkrankung mit einer Prävalenz von 1 : 7 000 bis 1 : 20 000 Schwangerschaften. Sie tritt meist im dritten Trimenon auf und ist durch mikrovesikuläre Verfettung der Leber gekennzeichnet, die durch genetische Defekte der Fettsäureoxidation (z. B. LCHAD-Mangel) begünstigt wird. Symptome sind unspezifische Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, abdominale Schmerzen und Ikterus. Diagnostisch fallen erhöhte Trans­aminasen, Bilirubin, Gerinnungsstörungen und CT-basiert festgestellte Dichteminderung der Leber auf. Die Therapie besteht in der sofortigen Beendigung der Schwangerschaft (meist per Kaiserschnitt) und anschließender intensivmedizinischer Betreuung [5,6]. Das HELLP-Syndrom (Hämolyse, Elevated Liver Enzymes, Low Platelets) kann sich klinisch mit der AFLP überschneiden. Differenzierend sind Hypo­glykämie und Leukozytose bei der AFLP sowie schwerere Thrombozytopenie beim HELLP-Syndrom. Die Behandlung umfasst ebenfalls die Schwangerschaftsbeendigung und symptomatische Therapie.

Zu den schwangerschaftsunabhängigen Lebererkrankungen gehört die symptomatische Cholezystolithiasis. Sie tritt bei etwa 6 % der Schwangerschaften auf. Beschwerden ähneln denen von Nichtschwangeren, mit Koliken und eventuell ­Ikterus. Eine operative Intervention (z. B. Laparoskopie) sollte wenn erforderlich möglichst im zweiten ­Trimenon erfolgen, um Risiken für Mutter und Kind zu minimieren [4].

Erkrankungen wie die autoimmune Hepatitis und der Morbus Wilson können durch die physiologischen Veränderungen in der Schwangerschaft beeinflusst werden. Chelatbildner bei Morbus Wilson und immunsuppressive Therapie bei autoimmuner Hepatitis sollten fortgeführt werden. Schwangere mit Leberzirrhose tragen ein hohes Risiko für Komplikationen wie Varizenblutungen und Aszites.

Management von Nierenerkrankungen

Dank fortschrittlicher diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten können Frauen mit Nierenerkrankungen heute gesunde Schwangerschaften austragen. Dennoch bleiben Schwangerschaften bei dieser Patientengruppe aufgrund des erhöhten Risikos für maternale und fetale Komplikationen eine interdisziplinäre Herausforderung. Die S2k-Leitlinie der AWMF von 2023 bietet eine strukturierte Orientierung zur Beratung und Betreuung dieser Frauen [7].

Die präkonzeptionelle Beratung ist essenziell, da die Risiken von Schwangerschaftskomplikationen wie Präeklampsie, Frühgeburtlichkeit und Wachstumsrestriktionen in Abhängigkeit vom Schweregrad der Nierenerkrankung steigen. Wichtige Aspekte der Beratung umfassen:

  • Risikobewertung: Evaluierung der Nierenfunktion (Serumkreatinin, Proteinurie), Begleiterkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, Hypertonie) und Therapieanpassung.
  • Blutdruckkontrolle: Optimierung der Werte auf ≤ 140/90 mmHg.
  • Diabetesmanagement: Ziel ist ein HbA1c-Wert unter 7 %.
  • Individuelle Entscheidungsfindung: Eine Schwangerschaft sollte nur nach umfassender Risikobewertung gemeinsam mit der Patientin geplant werden.

Während die glomeruläre Filtrationsrate in der Schwangerschaft steigt, sinken die Serumkreatininwerte.

Während der Schwangerschaft kommt es zu ­physiologischen Veränderungen, die die Nierenfunktion beeinflussen. Dazu gehört die Erhöhung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) um bis zu 50 %. Umgekehrt sinken die Serumkreatininwerte im Vergleich zu Normwerten außerhalb der Schwangerschaft. Pathologische Werte beginnen ab einem ­Serumkreatinin von > 0,86 mg/dl im ersten Trimester. Ein fetales Fehlbildungsscreening zwischen der 20. und 22. Schwangerschaftswoche wird empfohlen. Bei Patientinnen mit Calcineurin-Inhibitoren ist ein Screening auf Gestationsdiabetes im ersten Trimester erforderlich. Frauen mit Nierenerkrankungen haben ein 3-fach erhöhtes Präeklampsierisiko. Die Gabe von 150 mg Acetylsalicylsäure täglich ab der 11. Schwangerschaftswoche wird zur Prophylaxe empfohlen. ­Sichere Medikamente zum Hypertoniemanegement während der Schwangerschaft sind Calciumantagonisten (Nifedipin), Methyldopa und selektive ­β1-Blocker. ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptorblocker sind kontraindiziert.

Die Proteinaufnahme sollte angepasst werden ­(0,6–0,8 g/kg/Tag plus 10 g). Eine ausgewogene ­Mikronährstoffzufuhr (Folsäure, Vitamin D, Eisen) ist essenziell. Engmaschige Ultraschalluntersuchungen zur Erkennung von intrauterinen Wachstumsrestriktionen (IUGR) sind notwendig. Der Zeitpunkt und die Art der Entbindung richten sich nach dem klinischen Zustand der Mutter und des Fetus. Eine primäre Sectio ist nicht standardmäßig indiziert.

Eine asymptomatische Bakteriurie während der Schwangerschaft sollte antibiotisch therapiert werden; dabei sollte die Wahl der Substanz nach Antibiogramm erfolgen, eine Kontrollurinkultur ist anzulegen. Auch symptomatische Harnwegsinfekte sind antibiogrammgerecht zu behandeln, für die akute Pyelonephritis ist eine initiale stationäre ­Behandlung mit i.v.-Gabe empfohlen. Harnsteine sollten spasmoanalgetisch, z. B. mit Butylscopolamin, behandelt werden. Bei fehlendem Spontanabgang des Steins, persistierenden Schmerzen oder Fieber sollte eine Harnableitung mittels Harnleiterschiene oder per­kutaner Nephrostomie erfolgen [8].

Management von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED), insbesondere Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU), betreffen häufig Frauen im gebärfähigen Alter. Eine geplante Schwangerschaft sollte in einer stabilen Remissionsphase erfolgen, da eine aktive CED mit erhöhten Risiken wie Frühgeburten, Fehlbildungen oder Wachstumsrestriktionen assoziiert ist. Wichtige Aspekte der Beratung umfassen:

  • Das Erreichen einer klinischen Remission sollte mindestens 3 Monate vor der Konzeption bestehen.
  • Teratogene Substanzen wie Methotrexat müssen mindestens 3 Monate vor der Konzeption abgesetzt werden, sichere Alternativen wie Aminosalizylate oder TNF-α-Inhibitoren können fortgeführt werden.
  • Wichtig in der präkonzeptionellen Phase ist auch die Aufklärung der Patientinnen über mögliche ­Vererbung der Erkrankung sowie Risiken für die Schwangerschaft und Vorteile einer kon­trollierten Therapie.

Eine persistierende Remission minimiert Risiken, aber ein Drittel der Patientinnen erlebt eine Verschlechterung des Krankheitsverlaufs während der Schwangerschaft. Regelmäßige laborchemische Kontrollen (CRP, Calprotectin) und bildgebende Verfahren, wie die Abdomensonografie, sind zentral. Endoskopische Untersuchungen werden bei strenger Indikation und vorzugsweise im zweiten Trimester durchgeführt.

Die medikamentöse Therapie wird individuell ­angepasst. Als sichere Medikamente gelten Aminosalizylate (Einsatz bis 3 g/Tag ohne erhöhtes Fehlbildungsrisiko), Glukokortikoide (kurz wirk­same Substanzen, minimale Dosis im ersten ­Trimester zur Vermeidung von Lippen-Kiefer-­Gaumen-Spalten), Azathioprin/6-Mercaptopurin (trotz widersprüchlicher Daten zur Teratogenität meist sicherer Einsatz in Remission) und TNF-α-Inhibitoren (sicher bis zum dritten Trimester, um eine fetale Immunsuppression zu vermeiden). ­Methotrexat und Thali­domid sind aufgrund ihrer Teratogenität ­absolut kontraindiziert. Supplementierung von ­Folsäure vor und während der ­Schwangerschaft, insbesondere bei Dünndarmentzündungen. Vitamin-B12-Substi­tution bei ­Mal­absorptionssyndromen oder nach Resektion des Ileums.

Eine geplante Schwangerschaft sollte bei CED-Patientinnen in einer stabilen Remissionsphase erfolgen.

Eine natürliche Geburt ist bei stabiler CED möglich. Bei perianalen Fisteln oder Abszessen wird eine primäre Sectio großzügig indiziert. Höhere Kaiserschnittraten und venöse Thromboembolien bei CED-Patientinnen erfordern eine engmaschige Betreuung.

Das Management von Schwangerschaften bei Patientinnen mit allen Arten von internistischen Grunderkrankungen erfordert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und eine fundierte Risiko-Nutzen-Abwägung zur Sicherstellung eines positiven Outcomes für Mutter und Kind.

Der Autor

Prof. Dr. med. Thomas Römer
Chefarzt der Frauenklinik in Köln-Weyertal

Herausgeber des Journals DER PRIVATARZT GYNÄKOLOGIE

thomas.roemer@evk-koeln.de

Der Autor

Dr. rer nat. Reinhard Merz

  1. Bock N et al., Gynäkologe 2012; 45: 112–8
  2. Regitz-Zagrosek V et al., Eur Heart 2018; 39: 3165–241
  3. Seeland U et al., Kardiologe 2019; 13: 138–45
  4. Aschka C et al., Gynäkologe 2012; 45: 119–25
  5. Morrison MA et al., BMJ Open Gastroenterol 2022; 9: e000624
  6. García-Romero CS et al., Ann Hepatol 2019; 18: 553–62
  7. Schäfer-Graf U et al., Gynäkologie 2023; 56: 281–8
  8. Zastrow S et al., Gynäkologe 2012; 45: 126–30
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