Deutschland ist nur moderat stillfreundlich. Das ergab eine systematische Bestandsaufnahme des internationalen Forschungsvorhabens „Becoming Breastfeeding Friendly 2019“. Laut der Studie von Forscherinnen des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) besteht noch Handlungsbedarf bei der Stillförderung.
Die 2020 durchgeführte Befragung zur Akzeptanz des Stillens in der Öffentlichkeit baute auf einer Vergleichsstudie aus dem Jahr 2016 auf. Das Ziel der Untersuchung war es, Wahrnehmungen und Einstellungen zum öffentlichen Stillen im zeitlichen Vergleich zu erfassen. Zudem wurden u. a. Unterschiede zwischen der Allgemeinbevölkerung und Müttern von kleinen Kindern sowie zwischen Müttern mit unterschiedlichem Bildungsstand betrachtet. Hierzu wurden 1.007 Personen ab 16 Jahren und 307 Mütter mit Kindern bis 24 Monaten im Jahr 2020 online zum Thema Stillen in der Öffentlichkeit befragt und die Ergebnisse mit der früheren Befragung aus 2016 verglichen.
2020 stillte ein größerer Anteil von Müttern an öffentlichen Orten als 2016; Stillen wurde seltener vermieden. Mütter mit niedrigerem Bildungsstand stillen seltener, auch in der Öffentlichkeit, und berichten häufiger von gemischten Reaktionen. In der Bevölkerung ist die Akzeptanz für das öffentliche Stillen allerdings gesunken, z. B. in der Gastronomie. Etwa jede bzw. jeder Sechste (17%) lehnt das öffentliche Stillen explizit ab. Das Wissen über gesundheitliche Effekte des Stillens ist in der Allgemeinbevölkerung niedriger als bei Müttern. Wie 2016 geht Wissen über die positiven Effekte des Stillens mit einer größeren Akzeptanz von öffentlichem Stillen einher.
Die Ergebnisse unterstreichen nach Einschätzung der Autorinnen die Bedeutung von Maßnahmen, etwa um der Bevölkerung Wissen zu vermitteln, das Stillen in Massenmedien und durch positive Vorbilder häufiger zu zeigen und die Lebenswelten von Familien stillfreundlicher zu machen. Bei den Maßnahmen sind Frauen mit niedrigerem Bildungsstand besonders in den Blick zu nehmen.
Lücke S et al.; Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2022 Oct 13 (DOI 10.1007/s00103-022-03596-x).
Faktenblatt: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), Bonn-Mehlem, 2019