Die Bewegungsarmut von Schulkindern hat sich während der Pandemie weiter intensiviert. Laut einer Untersuchung der DAK Gesundheit mit 18.000 Mädchen und Jungen sank der Anteil der Aktiven um ein Fünftel.
In der Pandemie hat sich die ohnehin schon schwierige Situation beim Thema Sport noch einmal verschärft. Im Vergleich zur Zeit vor der COVID-19-Pandemie ist bei sozial benachteiligten Jungen und Mädchen der Anteil an ausreichend Aktiven um fast ein Fünftel von 27 auf 22% gefallen. Laut der „DAK-Präventionsradar“ genannten Studie besteht nach wie vor bei zwei Dritteln aller Schulkinder Bewegungsmangel. Im Durchschnitt verbringen Schulkinder mehr als zwölf Stunden täglich im Sitzen. Der Präventionsradar zeigt zudem, dass mehr als jedes dritte Schulkind in der Coronazeit nach eigenen Aussagen weniger sportlich aktiv war. Von den sozial benachteiligten Schulkindern berichten sogar 44% von einem negativen Einfluss der Pandemie auf den Sport.
Der Präventionsradar der DAK-Gesundheit untersucht seit 2016 das körperliche und psychische Wohlbefinden sowie das Gesundheitsverhalten der Klassenstufen fünf bis zehn. Rund 18.000 Mädchen und Jungen aus 1.100 Klassen in 13 Bundesländern waren bei der sechsten Befragungswelle im Schuljahr 2021/2022 dabei. „Die Bewegungsarmut bei Kindern und Jugendlichen ist in der Coronazeit weiter gestiegen, besonders bei sozial benachteiligten Jungen und Mädchen“, kommentiert DAK-Vorstandschef Andreas Storm (Hamburg) die Ergebnisse. „Der Bewegungsmangel der Jugend muss uns alarmieren, denn er ist für die verschiedensten Erkrankungen mitverantwortlich. Der Mangel ist ein massives Gesundheitsrisiko, das wir oft unterschätzen, aber auch verändern können. Wir müssen es uns zur Aufgabe machen, Freude an Bewegung wieder zu befördern und langes Sitzen zu verhindern“.
Besonders negativ bei sozial benachteiligten Familien
Bewegungsarm sind laut Präventionsradar diejenigen Befragten, die nicht so regelmäßig und intensiv aktiv sind, wie es den Nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung (BZgA, 2017) entspricht. Nach diesen Richtlinien ausreichend körperlich aktiv sind aktuell nur 32% aller befragten Jungen und Mädchen. Im ersten Jahr der Pandemie lag der Anteil mit 29% noch darunter, weil viele Möglichkeiten, Sport zu treiben, fehlten. Vor der Pandemie hatten sich 35% ausreichend bewegt. Dieser ohnehin schon zu geringe Anteil der Aktiven wurde in der Pandemie nochmals kleiner und die Bewegungsarmut größer. Bei sozial benachteiligten Familien ist die negative Veränderung noch deutlicher: Nur 22% dieser Kinder haben aktuell ausreichend Bewegung, vor der Pandemie waren es 27%.
Nach den Nationalen Bewegungsempfehlungen ist gesundheitlich ratsam, dass sich Kinder und Jugendliche täglich mindestens 90 Minuten moderat bis intensiv bewegen. Davon können 60 Minuten Alltagsaktivitäten sein wie etwa der Fußweg zur Schule oder das Treppensteigen im Schulgebäude. Die restlichen Minuten sollten auf eine intensive sportliche Aktivität entfallen, bei der man außer Atem kommt, wie beispielsweise beim Sport im Verein oder beim Training in einer Schul-AG. In der sechsten Welle des Präventionsradars berichten mehr als ein Drittel der Befragten (38%) von weniger Sport in den vergangenen zwei Schuljahren. Bei den Kindern aus sozial niedriger Schicht sind es 44%, die wegen der Pandemie weniger Sport gemacht haben, bei den benachteiligten Mädchen sogar 46%. Im Vergleich dazu berichten in der Gruppe der Mädchen mit höherem Sozialstatus nur 38% von einem negativen Einfluss der Pandemie (bei den besser gestellten Jungen: 37%).
Laut Präventionsradar der DAK-Gesundheit weiß nur etwa die Hälfte der befragten Schulkinder, dass Sitzen krank machen kann. 46% sind überzeugt, dass langes Sitzen „ziemlich“ beziehungsweise „sehr schädlich“ für die Gesundheit ist. Die Gründe, die Schulkinder für ihre Sportabstinenz angeben, sind vielfältig: Die meisten Jungen und Mädchen sagen, dass sie in ihrer Freizeit lieber etwas anderes machen (73%) oder Sport und Schule sich nicht gut vereinbaren lassen (72%). Keine Lust auf Sport ist ebenfalls bei vielen ein Thema (63%) und mehr als die Hälfte der Befragten spielt lieber auf einer Spielkonsole oder auf dem PC.
Pressemitteilung DAK Gesundheit, September 2022
Abu-Omar K et al.; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), 2017