Durch Einführung hocheffektiver Modulator-Therapien (HEMT) ist die Mukoviszidose zu einer „erwachsenen“ Erkrankung geworden. Durch den kausalen Ansatz am Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR) ist die Lebenserwartung erheblich gestiegen. Das bringt neue Herausforderungen.
Binnen eines Jahres ist die durchschnittliche Lebenserwartung für Menschen mit Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF) in Deutschland um 3 auf nun 60 Jahre gestiegen [1]. Zu verdanken ist dies den CFTR-Modulatoren, besonders der Zulassung der Dreifachkombination aus Ivacaftor, Tezacaftor und Elexacaftor 2022. Auch sie hilft aber nicht allen Patientinnen und Patienten. Deshalb forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiter an innovativen Therapien. Letztlich geht es um Dreierlei:
1. Die Lungenfunktion durch Kontrolle respiratorischer Infektionen und Befreien der Atemwege von Schleim bestmöglich zu erhalten,
2. durch Ernährungstherapie ein adäquates Wachstum und die Versorgung mit essenziellen Nährstoffen zu gewährleisten und
3. Komplikationen vorzubeugen.
Bei all diesen Therapiezielen sind deutliche Verbesserungen zu verzeichnen.
CFTR-Modulation
CFTR-Modulatoren, mit Potentiatoren, wie Ivacaftor, und Korrektoren, wie Lumacaftor, Tezacaftor und Elexacaftor (Tab.), verstärken oder korrigieren die der CF zugrunde liegende, aufgrund verschiedener Gendefekte gestörte Funktion des CFTR-Proteins. Während CFTR-Korrektoren für eine vermehrte Expression dieser Chloridkanäle sorgen, erhöhen Potentiatoren die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich auch öffnen. Durch den verbesserten Chloridtransport gelingt es, die Viskosität exokriner Sekrete herabzusetzen und so die Schleimhautbefeuchtung zu verbessern.
Wegen des Wirksynergismus funktionieren Potentiator-Korrektor-Kombinationen besonders gut. Durch die neuen Therapieoptionen behält inzwischen die Hälfte der CF-Betroffenen in Deutschland bis zur Volljährigkeit eine normale Lungenfunktion [1]. Exazerbationen sind deutlich seltener geworden. Benötigten 2015 noch 70–80 % der Erwachsenen mit CF mindestens 1 ×/Jahr deswegen Antibiotika, waren es 2022 maximal 30 %.
Doch selbst mit der Dreifachkombination, die laut deutschem Mukoviszidose-Register inzwischen 60,5 % der 6- bis 11-jährigen, 73,6 % der 12- bis 16-jährigen und 76,5 % der erwachsenen CF-Erkrankten einnehmen, ist etwa 2 000 der 8 000 Betroffenen hierzulande nicht zu helfen [1]. Angesichts von über 2 000 beschriebenen CFTR-Mutationen wundert das nicht [2]. Schließlich wirkt jede HEMT bei bestimmten Mutationen. Immerhin decken die vorhandenen Wirkstoffe die mit 70 % weltweit häufigste CF-Genmutation, F508del, gut ab.
Genbasierte Therapieansätze
Um die Lücken zu adressieren, arbeiten Forscher und Forscherinnen an weiteren CFTR-Modulatoren, wie dem Potentiator Deutivacaftor oder dem Korrektor Navocaftor, setzen aber vermehrt auch auf genbasierte Therapien [2]. Während sie sich beim Gentransfer noch auf die Suche nach geeigneten Vektoren fokussieren, und das Genediting mithilfe von Genscheren noch experimentell ist, erscheinen vor allem Messenger-Ribonukleinsäure(mRNA)-basierte Behandlungen vielversprechend [2]. Sie haben durch die Impfstoff-Entwicklung in der SARS-CoV-2-Pandemie Vorschub bekommen, einige Substanzen befinden sich bereits in klinischer Prüfung. Beispielsweise ermöglicht das subkutan applizierte Glykosid ELX-02, eine vorzeitige Stopp- oder Nonsense-Mutation bei der Transkription einfach zu überlesen. So entsteht statt eines „abgebrochenen“ CFTR-Proteins ein intakter, voll funktionsfähiger Chloridkanal.
Ein anderer Ansatz, um ein solches „Readthrough“ zu erreichen, ist, den jeweiligen Terminierungsfaktor zu deaktivieren. Mit Anti-Sense-Oligonukleotiden lassen sich unerwünschte mRNA-Sequenzen gezielt ausschalten. Oder man bringt gleich neue RNA in die Zielzellen ein, die dann für die CFTR-Produktion genutzt wird. Ein solches in Nanopartikel verkapseltes mRNA-Inhalativum wurde in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-I/II-Studie bei 42 Teilnehmenden geprüft [3]. Bis auf eine pulmonale Exazerbation und 14 milde bis moderate Fieber-Reaktionen, bei denen 2 Personen auch Hypersensitivitätsreaktionen entwickelten, wurde die Behandlung gut vertragen. Eine konsistente Verbesserung der Einsekunden-Ausatmungskapazität ergab sich allerdings nicht. Noch ist es eine große Herausforderung, mRNA-basierte Wirkstoffe so zu verpacken und zu applizieren, dass sie möglichst ungehindert zu und in die Epithelzellen der Atemwege gelangen [2].
Weitere Optionen
Nicht alle dieser Therapien zielen auf den CFTR-Kanal ab. Versucht wird auch, die bei CF als Reaktion auf den Mangel an Chloridkanälen hochregulierten und zur Pathogenese beitragenden epithelialen Natriumkanal auszuschalten, etwa durch Einschließen kurzer interferierender RNA (short-interfering RNA, siRNA) [2].
Solange keine Heilung möglich ist, und nicht alle Erkrankten von den Neuerungen profitieren, behalten supportive Therapien wie Physiotherapie und vor allem antiinfektive Therapien gegen Exazerbationen und die mikrobielle Besiedlung der Atemwege ihren Stellenwert – gerade für schon lange Erkrankte, deren Lungen entsprechend geschädigt sind.
Inhalative Antibiotika, allen voran das ab 6 Jahren zugelassene Tobramycin, sind inzwischen Standard bei chronischen Infektionen. Entsprechende Formulierungen, etwa von Aztreonam, liposomalem Amikacin, Colistin, Vancomycin, Fluorchinolonen und Murepavadin, zielen primär auf CF-Problemkeime ab: Pseudomonas aeruginosa, Staphylococcus aureus und dessen Methicillin-resistente Varianten (MRSA), zum Teil auch nicht tuberkulöse Mykobakterien [2]. Eine womöglich weniger nebenwirkungsbehaftete Alternative könnten Bakteriophagen oder Phagen-Cocktails bieten, die, anders als traditionelle Antibiotika, auch Biofilme durchdringen. Auch hier laufen präklinische und frühe klinische Studien [2].
Wegen der nun deutlich längeren Lebensdauer und damit auch CF-Betroffenen drohenden altersassoziierten Erkrankungen gewinnen nicht medikamentöse Therapien, wie Ernährung und Sport, als wichtige Vorbeugung eher noch an Bedeutung. Ging es bisher etwa bei der Ernährung vor allem darum, die krankheitsbedingte Malabsorption und den damit verbundenen Energie- und Nährstoffmangel auszugleichen, scheint die Energieversorgung im HEMT-Zeitalter kein Problem mehr. Im Gegenteil: Rund ein Fünftel der erwachsenen an CF Erkrankten sind inzwischen übergewichtig oder gar adipös (Abb.) [1]. Umso wichtiger wird eine mehr an den Empfehlungen für die Allgemeinbevölkerung angelehnte, eher wieder kalorienreduzierte Ernährung, die zugleich an den individuellen Nährstoffbedarf angepasst und hochwertig ist [4]. So ist der Blick vermehrt auf die Art der verzehrten Fette zu richten, etwa auf Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Ferner ist auf eine ausreichende Versorgung mit fettlöslichen Vitaminen zu achten und auf etwaigen Eisen- und Natriummangel.
Prof. Dr. med. Christian Schwarz
Ärztlicher Leiter CF-Zentrum Westbrandenburg,
HMU Universität Potsdam
Neue Probleme – Diabetes, Hypertonie & Co
Mit steigender Lebenserwartung durch die Modulator-Therapie kommen bei der Betreuung von CF-Patienten neue Themen hinzu, etwa klassische Vorsorgeuntersuchungen, die vorher keine Rolle spielten, weil die Patienten nicht so alt wurden. Wahrscheinlich gibt es ein erhöhtes Risiko vor allem für gastrointestinale Tumoren, sodass die Patienten und Patientinnen 10 Jahre früher ein Screening bekommen sollten. Ein positiver Effekt der Modulator-Therapie ist, dass die Patienten deutlich stabiler sind. Früher waren sie kachektisch. Jetzt haben sie eine bessere Lungenfunktion, mehr Energie, essen mehr – nehmen aber auch richtig zu. Das zeigen aktuelle Registerdaten mit Adipositas und Übergewicht bei 20 % der Erwachsenen. Das allein wäre nicht so schlimm. Aber 30 % haben auch Diabetes, 30 % Bluthochdruck und 30 % eine Dyslipidämie. Da muss man eine andere Präventionsstrategie fahren und auf Herz-Kreislauf-Risiko-Erkrankungen mitscreenen.
Weil es ihnen viel besser geht, wollen Betroffene gern die komplette Therapie absetzen. Bei denen, die das während der Pandemie getan haben, sieht man im Verlauf wieder einen Abfall der Lungenfunktion. Die CFTR-Dreifachkombination heilt ja nicht die Erkrankung, sie verbessert sie deutlich. Die Erkrankten haben ein zerstörtes Lungengewebe. Da fühlt sich Pseudomonas weiterhin wohl. Die Mehrheit wird den Keim in der Lunge behalten. Entsprechend ist die Empfehlung klar, eine Antibiotikatherapie fortzuführen. Zugleich macht die Gen-basierte Therapie große Fortschritte. Wir waren noch nie so nahe dran, wie durch den Schub durch Corona in Richtung RNA-Therapie. Da laufen mehrere Studien, und wir erwarten, dass es in den nächsten 5–10 Jahren eine erfolgreiche Therapie gibt.
1 Nährlich L et al., Deutsches Mukoviszidose-Register; Berichtsband 2022
2 Esposito C et al., Life (Basel) 2023; 13: 1835
3 Rowe SM et al., J Cyst Fibros 2023; 22: 656–64
4 Sreenivasulu H et al., Cureus 2023; 15: e43603