Die Therapie der chronischen Insomnie sollte nicht nur auf die Qualität und Quantität des Nachtschlafs abzielen. Auch das Befinden und die Leistungsfähigkeit am Tag gilt es zu verbessern. Eine neue therapeutische Perspektive ermöglicht nun die Regulierung des Hyperarousals durch eine Orexin-Inhibition mit Daridorexant.
Für Menschen mit chronischer Insomnie ist nicht nur der gestörte Nachtschlaf eine erhebliche Belastung. Klinisch relevant sei vor allem auch die Tagessymptomatik, betonte Prof. Dr. med. Peter Young, Neurologische Klinik des Medical Park Bad Feilnbach Reithofparks. Dazu zählen eine verminderte Leistungsfähigkeit, beispielsweise durch Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Stimmungsschwankungen und Müdigkeit. Eine eingeschränkte Lebensqualität sowie soziale, familiäre und berufliche Beeinträchtigungen können die Folge sein.
Wirkprinzip: Inhibition des Wachsystems
In den vergangenen Jahren habe sich ein neues Verständnis für Ein- und Durchschlafstörungen entwickelt, berichtete Prof. Dr. Dr. med. Göran Hajak, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, akademisches Lehrkrankenhaus der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Als pathophysiologische Basisstörung gelte heute eine Übererregung des zentralen Nervensystems, das Hyperarousal, beispielsweise infolge von Stress. Dieses Hyperarousal sei ein zentraler Ansatzpunkt in der Behandlung der chronischen Insomnie.
Für die zentralnervöse Schlaf-Wach-Regulation ist der Neurotransmitter Orexin (Synonym Hypocretin) wesentlich, der auch das Essverhalten beeinflusst. Der Orexinspiegel steigt am Tag an und stabilisiert den Wachzustand und sinkt in der Nacht ab, um Schlaf zu ermöglichen. Das Orexinsystem im Hypothalamus sei somit der Schalter zum erholsamen Schlaf, erklärte Hajak.
Ein neuer Wirkmechanismus zur Behandlung der Insomnie sei die Schlafinduktion durch Inhibition des Wachsystems mit dem Orexinrezeptor-Antagonisten Daridorexant. Dieser Wirkstoff ist zur Behandlung Erwachsener mit Insomnie zugelassen, deren Symptome seit mindestens drei Monaten anhalten und eine beträchtliche negative Auswirkung auf die Tagesaktivität haben. Wie Studiendaten zeigen, führt Daridorexant nicht nur signifikant zu einem schnelleren Einschlafen und einer Verringerung der nächtlichen Wachliegezeit [1]. Auch die mittels IDSIQ (Insomnia Daytime Symptoms and Impacts Questionnaire) ermittelte Tagesform verbessert sich unter Daridorexant im Vergleich zu Placebo, berichtete Prof. Dr. med. Christoph Schöbel, Zentrum für Schlaf- und Telemedizin der Ruhrlandklinik des Universitätsklinikums Essen. Die Verträglichkeit von Daridorexant sei gut, ein Rebound-Effekt sei nicht zu erwarten. Damit könne der Orexinrezeptor-Antagonist das Therapiespektrum bei Insomnie sinnvoll erweitern, so Schöbel.
Dauvilliers Y et al., Ann Neurol 2020; 87: 347–356 Symposium „Schlafstörungen im Fokus – Neue Perspektiven für die internistische Praxis“ (Veranstalter: Idorsia Pharmaceuticals Germany GmbH)