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Gynäkologie

Die Verhütungs-Challenge in der Frauenarztpraxis

Das Zeitalter der Hormonphobie – eine echte Herausforderung

Prof. Dr. med. Thomas Römer

1.9.2022

Die Kontrazeptionsberatung war in den vergangenen 50 Jahren eine vornehmliche Aufgabe der Frauenarztpraxis. Durch die Versorgungsstruktur mit niedergelassenen Gynäkologen ist dazu in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern eine hohe fachliche Kompetenz vorhanden. Das ist die gute Nachricht.

Es gibt aber auch weniger gute: Im vergangenen Jahrzehnt, verschärft auch noch einmal in den vergangenen zwei Jahren, wird eine zunehmende ­Hormonphobie beobachtet. Dies betrifft nicht nur die Kontrazeption, sondern auch andere Bereiche der hormonellen Therapie von Erkrankungen wie Endometriose, das PCO-Syndrom oder auch die Hormonsubstitution.

Zwischen 2011 und 2018 ist die Nutzung der Pille um 16% zurückgegangen und die meisten Frauen wechseln zu unsicheren Methoden.

Der Rückgang der Anwendung von hormonellen Kontrazeptiva konnte in verschiedenen Untersuchungen gezeigt werden. Von 2011 bis 2018 kam es zu einem Rückgang der hormonellen Kontrazeption in der Altersgruppe der 18- bis 29-jährigen Patientinnen um 16 %. Die meisten Frauen wechseln aber nicht zu sicheren Methoden, wie einem IUD. Dieser ­Anstieg ist mit 2 % relativ gering. Der größere Teil tendiert zu unsicheren Methoden (z. B. 8 % Zunahme bei den Kondomen).

Das hat verschiedene Gründe. Viele junge Frauen holen sich Informationen aus dem Internet, teils von absurder „Qualität“. Oft haben Influ­en­cer­innen einen großen Einfluss auf das Leben der Frauen, inkl. der Kontrazeptionsberatung, und hier wird zum Teil undifferenziert „geblubbert“. Auch in vielen Medien finden die durchaus positiven Effekte der Pille kaum Beachtung (z. B. die Reduktion des Ovarialkarzinom­risikos). Hier finden sich eher Schlagzeilen wie „Thromboserisiko und Pille: ­die unter­schätzte Gefahr“, „die Pille hat mich depressiv gemacht“, „Verhütung erhöht die Brustkrebsgefahr enorm“, „die Antibabypille ist unzumutbar“. Das sind Schlagzeilen aus den Zeitschriften Brigitte, Bunte, Focus und Die Zeit, und das führt natürlich zu einer starken Verunsicherung der Frauen.

Dabei sehen wir in der hormonellen Kontrazeption in den vergangenen Jahren doch einige neue Möglichkeiten. So liegen inzwischen sehr gute Studiendaten zum niedrigen thromboembolischen Risiko unter Estradiol-Pillen vor. Im Segment der Gestagen-Monopille ist mit der Drospirenon-Monopille eine für die Praxis wichtige Alternative zu Desogestrel verfügbar. Die richtige Beratung und Entscheidung zur individuellen Kontrazeption kann nur der gynäkologisch-endokrinologisch versierte Frauenarzt durchführen und deshalb bleibt auch in Zeiten der Hormonphobie und Influencerinnen die Kontrazeptionsberatung ein wichtiger Bestandteil der gynäkologischen Praxis.

In diesem Schwerpunkt-Heft haben wir uns der Kontrazeption von ­verschiedenen Seiten genähert. Auf das Mega-Thema „Kontrazeption in den sozialen Medien“ geht Dr. Ludwig Baumgartner in einem ausführlichen Interview ein. In einer Übersichtsarbeit stelle ich insbesondere den ­Stellenwert der seit 2021 neu hinzugekommenen Hormonpräparate vor und Dr. Bettina Böttcher erörtert die Möglichkeiten der hormonfreien Verhütung. Ich bin mir sicher: Für jede Patientin gibt ­

es eine geeignete, sichere und nebenwirkungsarme Kontrazeptionsmöglichkeit. Oberstes Ziel muss es weiterhin bleiben, ungewünschte Schwangerschaften mit all ihren Folgen zu vermeiden.

Ich hoffe, wir können Ihnen mit unserem neuen Schwerpunkt-Heft wichtige Anregungen für Ihre tägliche Praxis geben.

Ihr

Thomas Römer

Prof. Dr. med. Thomas Römer
Herausgeber

Bildnachweis: Dr_Microbe (gettyimages); privat

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