Wenn die konservative Therapie mit klinischen und lebensstilbezogenen Interventionen ausgereizt ist und bevor die Indikation zur operativen Therapie gestellt wird, kommen zwei Therapieformen zum Einsatz: die medikamentöse Therapie und die vaginalen Laseranwendungen.
Patientinnen berichten, dass Intimbeschwerden wie vaginale Missempfindungen, Scheidentrockenheit, Dyspareunie, aber auch Harndrang, Dysurie und rezidivierende Harnwegsinfekte ihr Wohlbefinden und ihre Leistungsfähigkeit im Alltag beeinträchtigen. Obwohl diese Symptome terminologisch zum urogenitalen Syndrom der Menopause (Genitourinary Syndrome of Menopause, GSM) zusammengefasst werden, betreffen sie ebenso prämenopausale Frauen mit einer Medikamentennebenwirkung oder unter onkologischer Systemtherapie (Abb. 1) [1].
Die aktuelle S2k-Leitlinie „Harninkontinenz der Frau“ bündelt erstmals alle Informationen zur Belastungsinkontinenz und überaktiven Blase/Dranginkontinenz, die bislang in getrennten Leitlinien dargestellt wurden [2]. Der Fokus liegt auf den diagnostischen Ansätzen und unterschiedlichen Therapieformen von Harninkontinenz. Die Empfehlungen beziehen sich auf die Therapie von erwachsenen Frauen im ambulanten sowie stationären Versorgungsbereich. Je nach Art der Erkrankung – Belastungsinkontinenz, Mischharninkontinenz oder Dranginkontinenz – wird zwischen konservativer, medikamentöser und operativer Therapie unterschieden. Große Registerstudien aus Norwegen berichten eine Inzidenz von 18,7 % für Harninkontinenz [3]. Sie wurde unterschieden in Belastungsharninkontinenz (46,6 %), Dranginkontinenz (15 %) und gemischte Harninkontinenz (33,9 %). Die Dranginkontinenz ist Teil des Syndroms der überaktiven Blase mit dem Symptomenkomplex von Pollakisurie, Nykturie und imperativem Harndrang. Differenzialdiagnostisch muss die überaktive Blase von chronischen Harnwegsinfektionen, infravesikalen Obstruktionen, Urolithiasis und Blasentumoren abgegrenzt werden.
Medikamentöse Therapie
Je nach Ausprägung der Harninkontinenz wird der Einsatz von Arzneimitteln empfohlen. Die lokale Estrogenisierung mit Estriol oder Estradiol ist ein unverzichtbarer, fester Bestandteil der urogynäkologischen Praxis, zumal bei der überaktiven Blase sehr häufig eine senile genitale Atrophie diagnostiziert wird. In Studien zur lokalen Estrogenisierung wurden gegenüber Placebo signifikant bessere subjektive Heilungs- und Verbesserungsraten erreicht.
Ansonsten stehen die Anticholinergika/Antimuskarinika im Fokus der Pharmakotherapie als Mittel der ersten Wahl. Die Therapie wird als Mono- oder Kombinationsbehandlung mit oben genannter Alternative durchgeführt. Kombinationstherapien sind effektiver als die Monotherapie. In Deutschland stehen eine Reihe von Anticholinergika zur Verfügung. Der pharmakologische Wirkort der Anticholinergika sind die Muskarinrezeptoren der Blasenwand, sowohl im Urothel als auch im Detrusor. Sie wirken parasympatholytisch am versorgenden parasympathischen N. pelvicus (Abb. 2). Die Inhibition des Muskarinrezeptors an der Blase bewirkt eine Hemmung des M. detrusor vesicae und verhindert damit unwillkürliche Kontraktionen, was zu einer verzögerten Blasenentleerung führt. Aufgrund der reichlichen Verteilung von cholinergen Rezeptoren im gesamten Organismus, muss an den verschiedensten Organsystemen mit unerwünschten Nebenwirkungen gerechnet werden, die absolute und relative Kontraindikationen nach sich ziehen. In diesem Zusammenhang sollte auf die übrige Medikation geachtet werden, da bestimmte Krankheitszustände sich verschlechtern können.
Mirabegron trägt nicht zur anticholinergen Last bei und scheint bzgl. Kognition keinen Risikofaktor darzustellen. Zu beachten sind hier jedoch die kardiovaskulären Nebenwirkungen. Der SNRI Duloxetin reduziert Inkontinenzepisoden und verbessert die Lebensqualität bei Belastungsinkontinenz. Bei hoher Nebenwirkungsrate ist die Compliance jedoch gering. Gegebenenfalls sollte eher frühzeitig die Indikation zu einer Botoxinjektion gestellt werden. Ein „Shared Decision Making“ ist entscheidend.
Mit Vibegron steht seit Oktober 2024 ein hochselektiver β3-Agonist zur symptomatischen Behandlung der überaktiven Blase zur Verfügung. In einer Phase-III-Studie wurden die Kernsymptome der überaktiven Blase untersucht: Bei 41 % der Personen wurde zu Woche 52 eine komplette Abwesenheit von Dranginkontinenz-Episoden beobachtet, eine Reduktion um mindestens 75 % wurde bei 61 % der Teilnehmenden erreicht. Das Sicherheitsprofil des Arzneimittels war vergleichbar mit Placebo. Die Standardtherapie atrophiebedingter Symptome bei der Frau besteht in einer langfristigen lokalen vaginalen Estrogenisierung, die evidenzbasiert als unbedenklich gilt, jedoch von vielen Frauen immer noch aus Krebsangst mit Skepsis hinterfragt wird. Zur Lasertherapie als eine nicht hormonelle Alternative bei der Behandlung der Vaginalatrophie und damit des atrophiebedingten Symptomenkomplexes GSM liegen international die besten Daten vor, sie sind insgesamt vielversprechend [2].
Laseranwendungen
Da Beschwerden im Intimbereich häufig im Zusammenhang mit der Atrophie von Gewebsschichten stehen und sich nicht jede Patientin mit dem Spektrum der konservativen Standardtherapie ausreichend therapiert fühlt, wurde die Idee entwickelt, das Bindegewebe am Beckenboden und damit atrophiebedingte Symptome mit vaginalen Laserapplikationen zu behandeln. Hier kommen verschiedene Technologien zum Einsatz, die im biologischen Gewebe jeweils auf einer Umwandlung von Licht- in Wärmeenergie über den Weg der Wasserabsorption basieren. Erbium:YAG- und CO2-Laser mit ihren Wellenlängen nahe dem Maximum der Wasserabsorption erzielen so histologisch sichtbare Effekte, z. B. Neokollagenese und Neovaskularisation (Abb. 3).
Indiziert ist die intravaginale Lasertherapie bei Frauen mit einer milden bis mittleren Belastungsinkontinenz. Die Therapie ist besonders geeignet für jüngere Frauen zwischen Geburten oder Frauen, die eine schnelle, ambulante, minimalinvasive Lösung ohne Fremdmaterialien wünschen. Voraussetzung für ein Ansprechen der Lasertherapie ist eine gute Trophik und ein geschlossenes, intaktes Epithel. Eine regelmäßige Intimpflege mit rückfettenden Salben und bei Atrophie eine kurze, gewebsvorbereitende, lokale Estrogenisierung ist in den Wochen vor der Lasertherapie zu empfehlen [4]. Um einen nachhaltigen Effekt von 1–2 Jahren zu erzielen, sind 3–5 ambulante Lasersessionen im Abstand von einem Monat nötig. Wenn nach der 1. oder 2. Lasersession kein sichtbarer Erfolg eintritt, nützen auch weitere Lasersessionen nichts.
Alle bisher zur Lasertherapie bei Belastungsinkontinenz international durchgeführten monozentrischen Beobachtungsstudien beschreiben Effektivität und Sicherheit der vaginalen Laserapplikation. Die Nebenwirkungen sind gering und vorübergehend. Gelegentlich treten leichte Schmerzen oder ein Brennen während der Behandlung auf. Wenige Patientinnen beschreiben einen erhöhten Ausfluss 2–14 Tage nach Therapie, ein Gewebeödem, eine leichte Blutung oder Dyspareunie. In der ersten Woche nach der Lasertherapie wird empfohlen, sich zu schonen.
Auch vergleichende Untersuchungen der Laserbehandlung mit einem Standardverfahren (TVT) oder mit einem Placebo wurden durchgeführt. Nachgewiesen verbessert die Laserbehandlung die Belastungsinkontinenz. Sechs Monate nach Therapieende konnten subjektive und objektive Heilungs-/Verbesserungsraten von über 70 % erzielt werden. Eine komplette Heilung (kein Urinverlust) kommt bei ca. 30 % der Patientinnen vor. Die RCT zeigen aber auch, dass es einen Placeboeffekt gibt [4].
Frauen mit einem leichtgradigen Genitaldeszensus haben mitunter das Gefühl der Scheidenweite und versuchen mit langjährigem Beckenbodentraining, die Progredienz dieser Beschwerden zu beherrschen. Da eine Laseranwendung zur Straffung von Kollagenfibrillen führt, wurde beobachtet, dass die Lasertherapie als zusätzliche konservative Behandlungsoption bei leichtgradigem Deszensus durchgeführt werden kann [4]. Hierbei ist zu beachten, dass die Laseranwendung kein Ersatz für eine operative Therapie bei symptomatischem Vaginaldeszensus II. und III. Grades ist.
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