Der Gestationsdiabetes (GDM) ist eine der häufigsten Erkrankungen während der Schwangerschaft mit steigender Prävalenz. Dieser Beitrag beleuchtet Diagnostik, Therapie und Nachsorge des GDM in der Praxis und gibt Hinweise für die Betreuung von Risikopatientinnen.
Aufgrund der Heterogenität der Erkrankung, welche vom milden GDM bis hin zur schweren Glucosetoleranzstörung reicht, müssen individuelle Therapie- und Behandlungsstrategien ermöglicht werden. Zudem ergeben sich trotz immer noch geringer Teilnahme an der postpartalen Nachsorge bei 40 % der Frauen auffällige Befunde im Sinne eines Prädiabetes oder Diabetes – wahrscheinlich ist die Dunkelziffer deshalb weitaus höher.
Definition und Klassifikation
Der Gestationsdiabetes mellitus (GDM, ICD-10: O24.4 G) ist definiert als eine Glucosetoleranzstörung, die erstmals in der Schwangerschaft diagnostiziert wird. Die Diagnose erfolgt mittels eines 75 g oralen Glucosetoleranztests (oGTT) unter standardisierten Bedingungen und qualitätsgesicherter Glucosemessung aus venösem Plasma. Dabei gilt die Diagnose bereits bei einem erhöhten Glucosewert im 75-g-oGTT als gesichert. Werden die Diagnosekriterien eines manifesten Diabetes mellitus erreicht, wird dieser als „Diabetes diagnostiziert in der Schwangerschaft“ bezeichnet und ist nicht mit dem GDM gleichzusetzen (Tab. 1) [1]. Insbesondere bei Hochrisikopatientinnen lässt sich das Vorliegen einer Glucosetoleranzstörung bzw. eines vorbestehenden Diabetes durch validierte Prädiktoren wie den HbA1c (≥ 5,9 %) und/oder die zweimalige Bestimmung der Nüchternglucose (≥ 5,1 mmol/l) zum Screening in der Frühschwangerschaft in die Praxisroutine integrieren.
Häufigkeit der Erkrankung
Im Jahr 2020 wurde bereits bei 9,49 % der Patientinnen in der Perinatalerhebung ein Gestationsdiabetes kodiert [2]. 2002 waren es hierzu im Vergleich nur 1,47 % der Schwangeren mit GDM. Dieser Anstieg auf knapp das Fünffache verdeutlicht die Relevanz dieser Schwangerschaftskomplikation – nicht zuletzt für die behandelnden Frauenärzte. Wenngleich die Prävalenz des GDM sehr hoch erscheint, spiegelt sie dennoch die 10 % Prävalenz des Diabetes mellitus in der deutschen Allgemeinbevölkerung wider [3].
Screening und Diagnostik
Die individuelle Risikoeinschätzung einer Schwangeren beginnt mit der Anamnese und der korrekten Berechnung des BMI und der entsprechenden Dokumentation der Adipositas im Mutterpass. Seit 2012 ist das Screening auf GDM mittels 50-g-GCT („glucose challenge test“) zwischen 24/0 und 27/6 SSW für alle Schwangeren fester Bestandteil der Mutterschaftsrichtlinien. Wird der Glucosewert im venösen Plasma von ≥ 135 mg/dl (7,5 mmol/l) nach einer Stunde erreicht, gilt das Screening als positiv, und die Patientin muss zeitnah einen 75-g-oGTT erhalten.
Das zweizeitige GDM-Screening (50-g-GCT gefolgt vom 75-g-oGTT) steht jedoch weiterhin in der Kritik: geringe Sensitivität, Nichterfassen von Frauen mit nur gestörter Nüchternglucose (30 % der GDM-Patientinnen), Verzögerung der Diagnose und Belastung der Frau durch multiples Testen. Die Durchführung des 75-g-oGTT bei allen Schwangeren ist in der Praxis jedoch nicht umsetzbar. Seitens der Expertengruppe der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) wird nunmehr eine individuelle GDM-Screening-Strategie, angelehnt an die Studie von Benhalima, in Abhängigkeit des Risikoprofils der Schwangeren vorgeschlagen [4,5]. Frauen mit Risikofaktoren (Adipositas, Z. n. GDM, Ethnie mit hoher Diabetesprävalenz) sollten direkt den 75-g-oGTT erhalten, Frauen ohne Risiko weiterhin zweizeitig entsprechend der Mutterschaftsrichtlinien getestet werden. Dadurch wären eine höhere Sensitivität, Reduktion der Belastung der Schwangeren und Reduktion des organisatorischen Aufwands seitens der Behandler möglich sowie die Umsetzung im Praxisalltag vereinfacht.
Primär 75-g-oGTT empfehlen bei: Adipositas (BMI > 30 kg/m2), Z. n. GDM und Ethnie hoher Diabetesprävalenz.
In der 2018 überarbeiteten S3-Leitlinie zum GDM wird bei vorliegenden Risikofaktoren (z. B. Z. n. GDM, Adipositas, Z. n. Kind mit Makrosomie) bereits bei Erstvorstellung in der Frühschwangerschaft die Abklärung auf das Vorliegen einer Glucosetoleranzstörung bzw. eines vorbestehenden Diabetes empfohlen. Dies ermöglicht es, Hochrisikofrauen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln und unnötige Verzögerungen bis zum Ende des zweiten Trimenons zu vermeiden. Da die IADPSG-Kriterien für den 75-g-oGTT jedoch nicht für die Frühschwangerschaft validiert sind, werden validierte Prädiktoren wie der HbA1c (≥ 5,9 %) und die Nüchternglucose (zweimalig ≥ 5,1 mmol/l) zum Screening in der Frühschwangerschaft empfohlen (Abb. 1).
Pathophysiologie und Heterogenität des GDM
Die Pathophysiologie des GDM entspricht dabei weitgehend der des Typ-2-Diabetes. Dies spiegelt sich auch in den gemeinsamen Risikofaktoren wider: familiäre Prädisposition, Lebensstilfaktoren und Übergewicht. Durch die in der zweiten Schwangerschaftshälfte physiologisch auftretende Insulinresistenz mit abfallender ß-Zell-Kompensation kommt es bei Frauen mit einer bereits vorliegenden „Stoffwechselschwäche“, d. h. bisher kompensierter Insulinresistenz oder latentem Insulinsekretionsdefekt, zu einer hyperglykämen Stoffwechsellage in der Schwangerschaft und damit zum GDM [1,6]. Seit 2018 gibt es neben der altbekannten Einteilung des Typ-1- und Typ-2-Diabetes einen neuen Ansatz der Diabetesklassifikation, welcher auch Folgerisiken mit abbildet (Tab. 2) [7-9]. Entsprechende Klassifikationen lassen sich teilweise auch auf die unterschiedlichen Gruppen der GDM-Patientinnen übertragen, da der Gestationsdiabetes mellitus schlussendlich als eine Form des Prädiabetes gewertet werden kann.
Beim GDM wird zwischen Patientinnen mit Sekretionsdefekt (ß-Zell-Dysfunktion), Sensitivitätsdefekt („Insulinresistenz“) und einem Mischdefekt unterschieden. Die Gruppe der insulinresistenten Patientinnen scheint zu überwiegen (zwischen 50 und 80 %). Die Studienlage verdeutlicht jedoch auch, dass insbesondere die Gruppe mit Sensitivitätsdefekt und Mischdefekten mit einem schlechteren neonatalen Outcome assoziiert scheint: höhere Anzahl makrosomer Kinder, sekundäre Kaiserschnitte und fetale Hypoglykämien [10,11].
„Milder GDM“
Nicht selten werden Patientinnen mit nur geringfügig erhöhten Einzelwerten im 75-g-oGTT diagnostiziert. Ein Drittel aller GDM-Patientinnen wird sogar ausschließlich über den Nüchternblutzucker diagnostiziert, häufig auch nur durch direktes Erreichen des Grenzwertes (5,1 mmol/l bzw. 92 mg/dl). Bei Betrachtung des Nüchternwertes müssen jedoch weitere Einflussfaktoren wie Stress, Medikamente und schlechter Schlaf mit in die Beurteilung einbezogen werden, um eine mögliche Übertherapie zu vermeiden. Nicht selten sind die Werte direkt nach dem Aufstehen gemessen deutlich besser und bedürfen keiner weiteren Maßnahme. In diesen Fällen kann eine Reduktion der Messwerte bei complianter Patientin besprochen und ein individuelles Messintervall vereinbart werden. Die Rücknahme der Diagnose des bereits diagnostizierten GDM ist dennoch immer schwierig, zumal sich der Stoffwechsel im Schwangerschaftsverlauf noch weiter verändert und ggf. Folgen übersehen werden.
Schlanke Patientinnen (BMI < 25 kg/m2) mit vereinzelten postprandialen Blutzuckerspitzen, die eine nach IOM-Kriterien empfohlenen Gewichtszunahme in der Schwangerschaft aufzeigen, haben nur ein geringeres Risiko für schwerwiegende diabetesassoziierte Komplikationen. Sie gehören zur Kategorie der Patientinnen mit mildem Sekretionsdefekt (Abb. 2). In Kombination mit einem unauffälligen fetalen Wachstum im Ultraschall können diese Patientinnen als „low-risk“ eingestuft werden.
Adipositas und GDM
Die Adipositas gilt als einer der Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes mellitus und somit auch für den GDM. Entsprechend der oben genannten Leitlinien wird deswegen auch die frühzeitige Diagnostik auf eine Glucosetoleranzstörung in der Schwangerschaft bereits im ersten Trimenon empfohlen.
Neben der Blutzuckerkontrolle als einer Säule der GDM-Behandlung spielt die Kontrolle der Gewichtszunahme bei Frauen mit Übergewicht und Adipositas eine sehr große Rolle. Die exzessive Gewichtszunahme, d. h. Überschreitung der IOM-Empfehlungen (Tab. 3), steht in engem Zusammenhang mit der mütterlichen und fetalen Morbidität. Die Gewichtszunahme von 5 bis 9 kg im Verlauf der Schwangerschaft bei Adipositas sollte nicht überschritten werden.
Auch eine moderate Gewichtsabnahme bei Adipositas in der Schwangerschaft ist bei unauffälligem Urinaceton und sonografisch kontrolliertem unauffälligen Wachstum als unproblematisch einzustufen.
Zustand nach bariatrischen Operationen und GDM
Bariatrische Operationen stellen bei extremer Adipositas derzeit die effektivste Behandlungsmethode dar und werden zunehmend auch immer häufiger bei Frauen mit Kinderwunsch durchgeführt. Trotz der meist erzielten starken Gewichtsabnahme liegt nicht selten noch eine Glucosetoleranzstörung vor. Nach bariatrischer Operation darf jedoch kein 50-g-GCT oder 75-g-oGTT zur Ermittlung eines GDM oder vorbestehendem Diabetes mellitus durchgeführt werden, um schwere Dumping-Symptome nach Glucosebelastung zu vermeiden. Es werden hier die venöse Bestimmung der Nüchternglucose sowie intermittierende Messung von Blutzuckertagesprofilen zur Diagnostik empfohlen. Die Häufigkeit der Blutzuckertagesprofile sollte in Abhängigkeit des individuellen Risikos angeraten werden. Nach bariatrischer Operation ist die Überprüfung der Supplementation der wichtigsten Vitamine, Mineralstoffe und Proteine bestmöglich bereits bei Erstkontakt und dann einmal pro Trimenon sinnvoll, um mögliche Mängel rechtzeitig festzustellen und behandeln zu können. Eine enge Kooperation mit der behandelnden chirurgischen Klinik und der geplanten Entbindungsklinik ist empfehlenswert. Es wird eine regelmäßige sonografische Kontrolle des fetalen Wachstums empfohlen, da ein erhöhtes Risiko für SGA-Feten (Wachstum < 10. Perzentile) oder eine FGR (Wachstumsretardierung) besteht.
Betreuung bei GDM
Ziel der Behandlung des GDM ist die Vermeidung des intrauterinen, hyperglykämischen Milieus, um die akuten Folgen beim Kind (Makrosomie, postpartale Hypoglykämien, Hyperbilirubinämie) und auch die langfristigen Folgen im Sinne der fetalen Programmierung (Lebenszeitrisiko für Diabetes mellitus und Übergewicht) zu vermeiden. Der Weg zu diesem Ziel ist so individuell wie der Stoffwechsel, die Risikofaktoren, der soziale Background und die psychischen Besonderheiten der jeweiligen Patientin. Ausreichende Erfahrung und enge Zusammenarbeit sämtlicher betreuenden Fachdisziplinen sind essenziell.
Beratung und Begleitung
Nach der Diagnose sollten alle Patientinnen eine ausführliche, bedarfsgerechte Schulung zum Thema GDM einschließlich Ernährungsschulung, Schulung zur Selbstmessung der Blutglucose (SMBG) sowie Empfehlungen zu körperlicher Aktivität und Gewichtszunahme erhalten. Individuelle Wünsche, kulturelle Aspekte und Befindlichkeiten der Patientinnen müssen jedoch in die Betreuungskonzepte einfließen, um ein möglichst optimales Schwangerschafts-Outcome zu erreichen und das Leben der betroffenen Frauen nicht schwerwiegend einzuschränken. Neben den sofortigen Herausforderungen, mit denen die Betroffenen durch die Diagnose GDM konfrontiert werden, ergeben sich auch neue Chancen für die Frauen, ihre eigene und die zukünftige Gesundheit ihres Kindes positiv zu beeinflussen. Beide profitieren langfristig von einer konsequenten Behandlung des GDM, der Stillförderung, einer Ernährungsumstellung und der empfohlenen Nachsorge.
Blutzuckerkontrolle
Die Schwangere erhält zeitnah nach Diagnosestellung eine Schulung zur Blutglucose-Selbstkontrolle und entsprechende Dokumentation in Blutzuckertagebüchern. Continuous Glucose Monitoring Systems (CGMS) sind nach der aktuellen Leitlinie kein Bestandteil der Routineversorgung von Schwangeren mit GDM, werden jedoch immer häufiger auch in der Behandlung von komplexeren GDM-Fällen eingesetzt. Ein großer Vorteil der Sensoren ist deren kontinuierliche Messung und Darstellung der Glucosewerte. Im Sinne eines Biofeedbacks werden positive Einflüsse von Bewegung und gesunder Ernährung und im Gegenzug auch ungünstige Ernährungsgewohnheiten grafisch dargestellt und bieten der betroffenen Patientin mehr Einsicht in ihre Erkrankungen als auch in ihre Behandlung. Nachteile der Sensoren, wie Diskrepanzen zwischen blutiger Messung und Sensorwerten, Empfindlichkeit gegenüber äußeren Einflüssen, müssen der Patientin und dem Behandler bewusst sein – nur dann können diese Systeme auch sinnvoll eingesetzt werden. Im Bereich der Behandlung des Typ-1- und Typ-2-Diabetes sind die Sensoren nicht mehr wegzudenken – für die Glucosekontrolle beim GDM ist der Einsatz vielleicht die Zukunft. Patientinnen sollten in die Entscheidung bzgl. der eigenen Glucosekontrolle einbezogen werden. Eine individuellere Betreuung und ggf. Reduktion der Insulinbehandlung kann durch mehr Informationen dank der CGM-Systeme ermöglicht werden und entlastet betroffene Frauen von der teils schmerzhaften Blutzuckerselbstmessung.
Ultraschall
Die ultrasonografische fetale Überwachung ist abhängig von den begleitenden Risikofaktoren und dem Zeitpunkt der Diagnose (Tab. 4). Bei adipösen GDM-Patientinnen sind z. B. serielle Untersuchungen aufgrund der eingeschränkten Schallbedingungen sinnvoll, um die nachweislich eingeschränkte Detektionsrate von Fehlbildungen zu verbessern.
Ziel der regelmäßigen Biometriekontrollen ist neben der Überwachung des fetalen Wachstums, der Erkennung von Anzeichen eines Hyperinsulinismus auch die Rückversicherung der Patientin, dass es dem Kind „trotz des GDM“ gut geht und sich der Aufwand lohnt. Als Berechnungsformeln zur Bestimmung des fetalen Schätzgewichtes diabetischer Schwangerschaften werden insbesondere die Hadlock-I-Formel und Schild-Formel empfohlen [12]. Wichtig ist jedoch, dass grundsätzlich die gleichen Berechnungsformeln im Schwangerschaftsverlauf genutzt werden. Bestmöglich ist eine zusätzliche Dokumentation der erhobenen Biometriedaten in Form eines Einlegeblattes im Mutterpass oder Blutzuckerheft, damit keine Informationen zwischen Diabetologe und Gynäkologe verloren gehen, da die Therapieanpassung auch in Abhängigkeit des fetalen Wachstums erfolgt. Der alleinige Eintrag des TAD (transversaler Abdomendurchmesser) im Mutterpass ist nicht aussagekräftig genug für die Diabetologen, da der TAD durch die erschwerte Einstellung der korrekten kreisrunden Abdominalebene im dritten Trimenon häufig sehr variiert. Dopplersonografische Untersuchungen allein aufgrund der GDM-Diagnose sind nicht indiziert – es gelten die allgemein üblichen Indikationen.
Therapie
Werden die Blutzuckerzielwerte durch Ernährungsumstellung, gesteigerte körperliche Bewegung und wiederholte Beratungen nicht erreicht, wird in Deutschland weiterhin ausschließlich die Behandlung mit Insulin empfohlen. Hierbei kommen auch beim GDM immer mehr Insulinanaloga zum Einsatz. Der schnellere Wirkeintritt der kurz wirksamen Mahlzeiteninsuline ermöglicht den Patientinnen z. B. mehr Flexibilität und Spontanität und verbessert damit auch deren Lebensqualität. Eine Insulintherapie ist dann indiziert, wenn alle konservativen Maßnahmen erschöpft sind und ≥ 50 % der Zielwerte oberhalb der empfohlenen Grenzwerte liegen (nüchtern < 5,3 mmol/l, < 7,8 mmol/l nach 1 Stunde und < 6,7 mmol/l nach 2 Stunden nach dem Essen). Dies kann auch nur die Nüchternblutzuckerwerte betreffen.
Metformin kann weiterhin nur nach Aufklärung über den Off-Lable-Use bei Frauen mit ausgeprägter Insulinresistenz (Insulinbedarf > 1,5–2 IE/kg Körpergewicht) oder individueller Indikationsstellung sekundär eingesetzt werden. Die Zulassung für die Behandlung mit Metformin in der Schwangerschaft wurde im März 2022 durch die Europäische Arzneimittel-Agentur nur für die Fortführung einer präkonzeptionell begonnenen Therapie bei Schwangeren mit Typ-2-Diabetes erteilt und ist beschränkt auf die Metformin-haltigen Präparate Glucophage®, Glucophage® XR sowie Stagid®.
Entbindung
Eine Geburtsplanung in der 34.–35. SSW ist bei GDM empfehlenswert. Diätetisch geführte Frauen sollten in einer Geburtsklinik mit diabetologischer Erfahrung und angeschlossener Neonatologie entbinden. Frauen mit Insulintherapie sollten sich richtlinienkonform zur Entbindung in einer Geburtsklinik mit angeschlossener Neonatologie (Perinatalzentrum Level 1 oder 2) vorstellen. In Abhängigkeit zusätzlicher Risikofaktoren (z. B. fetale Makrosomie, maternale Adipositas und schwere Insulinresistenz) oder schwangerschaftsbedingter Erkrankungen (z. B. Präeklampsie) sollte der bestmögliche Zeitpunkt der Entbindung festgelegt werden. Eine erstmalige Vorstellung der Patientin in Terminnähe schränkt die betreuende Geburtsklinik stark ein, sodass eine zu späte Vorstellung bei Risiko-GDM zu vermeiden ist.
Stillen und Kolostrumgewinnung
Mütter nach GDM oder Diabetes in der Schwangerschaft stillen insgesamt seltener und kürzer als stoffwechselgesunde Frauen. Als Ursache wird hier vordergründig Übergewicht bzw. Adipositas diskutiert, da diese Frauen neben dem verzögerten Laktationsbeginn auch durch rein mechanische Probleme schnell die Motivation bei verzögertem Stillerfolg verlieren. Eine entsprechende Stillberatung vorab kann diese Situation abfangen und verbessern. Eine weitere Möglichkeit ist die präpartale Gewinnung von Kolostrum ab ca. 37. SSW. Neben der Gewinnung von Muttermilch, welche dem Neugeborenen zur besseren Stabilisierung des Blutzuckers direkt nach der Geburt verabreicht werden kann, regt die Kolostrumgewinnung Wehentätigkeit an und erleichtert den Stillbeginn nach der Geburt.
Ausschließliches Stillen in den ersten 4 bis 6 Monaten sollte unterstützt werden, da Mütter und Kinder auch langfristig davon profitieren (Senkung des mütterlichen Risikos für kardiovaskuläre Erkrankungen und Typ-2-Diabetes, Reduktion des kindlichen Risikos für Adipositas und Folgeerkrankungen).
Nachsorge
Trotz der Kenntnis um das metabolische und kardiovaskuläre Langzeitrisiko von Frauen nach GDM wird dies immer noch nicht ausreichend als Warnsignal gedeutet [13,14]. Im Jahr 2019 waren nur knapp 39,4 % der im GestDiab-Register erfassten an GDM erkrankten Frauen zur Nachsorgeuntersuchung erschienen. Auffällig war, dass von diesen Frauen auch knapp 40 % ein auffälliges Ergebnis aufzeigten. In 2,6 % wurde ein Diabetes mellitus diagnostiziert und in 39,7 % eine Form des Prädiabetes, hier führend die gestörte Nüchternglucose mit 29,7 % [15]. Auch das in der Leitlinie empfohlene Zeitfenster von 6 bis 12 Wochen für die Nachsorgeuntersuchung wurde nur von der Hälfte der Patientinnen wahrgenommen.
Ursache hierfür scheint neben anderen Faktoren auch eine unzureichende Absprache zwischen den beteiligten Disziplinen (Diabetologe und Gynäkologe) zu sein. Es wird fälschlicher Weise noch oft davon ausgegangen, dass der postpartale oGTT routinemäßig in der gynäkologischen Praxis erfolgt. Dieser wird jedoch nicht durch die Mutterschaftsrichtlinien abgedeckt und nicht vergütet. Eine Überweisung an die in der Schwangerschaft behandelnde diabetologische Praxis erscheint hier die einzige Möglichkeit und sollte offen mit der kooperierenden Praxis besprochen werden.
Aufgrund der mütterlichen Langzeitrisiken sollten wir die Warnzeichen in der Schwangerschaft nicht ignorieren, sondern als Chance für eine gezielte Prävention nutzen. Individuelle Risikoabschätzungen für Folgeerkrankungen entsprechend der neuen Diabetessubtypen können möglicherweise helfen, patientinnenorientierte Nachsorgekonzepte und Therapien zu ermöglichen [7].
· Individuelles Risikoprofil sollte bestmöglich bei Kinderwunsch, spätestens aber im 1. Trimenon im Zuge der Mutterpasserstellung beurteilt werden, um entsprechende Diagnostik und Therapie rechtzeitig einzuleiten.
· Risikopatientinnen sollten mittels HbA1c und/oder Nüchternglucosebestimmung im 1. Trimenon bereits gescreent werden.
· Eine präpartale Stillberatung und Kolostrumgewinnung insbesondere bei adipösen GDM-Patientinnen ist zu empfehlen, um die Stillraten zu steigern.
· Der GDM ist eine Form des Prädiabetes – gelernte Maßnahmen während der GDM-Behandlung sollten beibehalten werden, da diese auch der Prävention des Typ-2-Diabetes dienen.
· Die Nachsorgediagnostik sollte mit der diabetologischen Praxis abgesprochen werden, um mögliche Missverständnisse zu vermeiden und schlussendlich die Teilnahmeraten zu optimieren.
Die Autorin
Dr. med. Friederike Weschenfelder
Kompetenzzentrum für Diabetes und Schwangerschaft
Klinik für Geburtsmedizin Universitätsklinikum Jena
1 Schäfer-Graf UM et al., Gestationsdiabetes mellitus (GDM) – Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Leitlinie der DDG und DGGG (S3-Niveau, AWMF-Registernummer 057/008, 2018)
2 IQTIG, Bundesauswertung zum Erfassungsjahr 2020 – Geburtshilfe – Qualitätsindikatoren und Kennzahlen, 2020
3 DDG, Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2023
4 Benhalima K et al., J Clin Med 2018; 7: 351
5 Schäfer-Graf UM et al., Diabetol Stoffw 2021; 16: 369–371
6 Groten T, Maternale Erkrankung mit Auswirkung auf die Plazenta – Diabetes mellitus, in Hubbertz B, Schleußner E (Hrsg.). Die Plazenta, Springer 2018; 359–373
7 Ahlqvist E et al., Lancet Diabet Endocrinol 2018; 6: 361–369
8 Zaharia OP et al., Lancet Diabet Endocrinol 2019; 7: 684–694
9 Tanabe H et al., Diabetes Res Clin Pract 2021; 180: 109067
10 Liu Y et al., J Translat Med 2018; 16: 289
11 Powe CE et al., Diabetes 2020; 69: 2064
12 Pretscher J et al., J Ultrasound Med 2020; 39: 341–350
13 McKenzie-Sampson S et al., Acta Diabetol 2018; 55: 315–322
14 Daly B et al., PLoS Med 2018; 15: e1002488–e1002488
15 Gestdiab 2019: Auswertung für Gestationsdiabetes, 2019 (03.03.2022); https://www.windiab.de/gestdiab/
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