- Anzeige -
Fokus Naturmedizin

Mikronährstoffe in der Schwangerschaft

Omega-3-Fettsäuren beeinflussen die kindliche Entwicklung

Prof. Dr. med. Ingrid Gerhard

In den vergangenen Jahrzehnten wurde zunehmend deutlich, dass die kindliche Entwicklung bis ins Erwachsenenalter durch die intrauterine Versorgung mit Mikronährstoffen geprägt ist. Dieser Beitrag beleuchtet die Bedeutung des Fettsäurestoffwechsels.

Durch die industrialisierte Ernährung hat sich die Aufnahme von Fetten und Einfachzuckern erhöht. Das Verhältnis zwischen den essenziellen ungesättigten Fettsäuren (FS) Omega-6 und Omega-3 hat sich massiv verschoben. Diese Fettsäuren enthalten Doppelbindungen, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Sie sind z. B. Strukturbestandteile von Zellmembranen und übernehmen unterschiedliche Aufgaben im Organismus.

Insbesondere in den frühen Phasen des Wachstums werden die Fettsäuren zum Beispiel als Bestandteil für das Gehirn benötigt. Darüber hinaus ergänzen sie sich wie zwei Gegenspieler in ihren Funktionen: Während die Omega-6-FS eine Entzündungsreaktion ermöglichen, um einen Infekt abzuwehren, wirken die Omega-3-FS antientzündlich und können chronische Entzündungsprozesse verhindern bzw. auflösen.

Durchschnittlich liegt das Verhältnis Omega-6:3 in Deutschland bei etwa 15:1. In den jüngeren Generationen ist das Verhältnis teilweise noch viel schlechter. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt ein Omega-6:3-Verhältnis von 5:1. Therapeuten, die sich umfassend mit dem Thema Omega-3 beschäftigen, empfehlen geringere Verhältnisse von etwa 3–5:1 in der Prävention und wenn erhöhter Bedarf, z. B. beim Stillen, besteht, und um die 2,5:1 in der Therapie, wenn bereits chronische, entzündliche Beschwerden oder Erkrankungen vorliegen.

Leider lassen sich Omega-3-FS nicht durch die Ernährung in ausreichender Menge aufnehmen. Die Omega-3-FS Alpha-Linolensäure (ALA) ist beispielsweise in Lein-, Hanf- sowie Chiasamen und deren Ölen sowie in Rapsöl zu finden. Allerdings kann sie nicht in Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) umgebaut werden. Deshalb wurde jahrelang Fischverzehr propagiert, der die marinen Omega-3-FS enthält. Wegen der hohen Belastung von Fisch mit Schwermetallen etc. raten wir von Fischkonsum in der Schwangerschaft/Stillzeit aber dringend ab. Fischöle aus nachhaltigem Wildfang oder Algenöle aus Mikroalgen, die speziell für diese Herstellung umweltschonend kultiviert werden, ­gelten als sinnvolle Alternativen.

Diagnostik, aktuelle Studienlage und Supplementierung

Über eine Laboruntersuchung kann die Omega-3-Versorgung heute zuverlässig gemessen werden. Dabei zeigt sich, dass 75 % der Deutschen einen deutlich zu niedrigen Omega-3-Spiegel aufweisen. Im Durchschnitt beträgt er in Deutschland 5,5 %. Der gesundheitsförderliche Bereich liegt jedoch bei 8– 11 %.

Zahlreiche wissenschaftliche Studien und mehrere Tausend durchgeführte Fettsäure-Analysen zeigen: Für eine ausreichende Versorgung mit Omega-3-FS sollten täglich etwa 2 000 mg marines Omega-3 aufgenommen werden. Mit dieser Menge steigt der Omega-3-Index in der Regel in den optimalen Bereich von 8–11 %.

Zusammen mit einer Mahlzeit werden die Fettsäuren am besten resorbiert. Wichtig ist, dass man sich vor dem Kauf genau informiert, um von Schadstoffen gereinigte Fischöle oder pflanzliche Algenöle zu erhalten (z. B. von NORSAN), die täglich 2 000 mg Omega-3 als EPA und DHA liefern. Dank der flüssigen Darreichungsform können sie problemlos in die Mahlzeiten integriert werden, beispielsweise als Dressing in einem Salat, als Zutat im Smoothie oder eingerührt in Quark oder Müsli. Ist die Ernährung ausgewogen und der Omega-3-Index normal, so können auch gute Öle in Kapselform, die deutlich niedriger dosiert sind, ausreichend sein (z. B. hypo-a, Heidelberger Chlorella).

Fischöle als Nahrungsergänzung in der Schwangerschaft

Untersuchungen zeigen, dass der Omega-3-Spiegel über die Schwangerschaft und Stillzeit deutlich absinken kann, wenn keine oder nicht ausreichend hohe Versorgung erfolgt. Randomisierte Studien zeigen, dass sowohl Präeklampsien als auch die Frühgeburtlichkeit durch die Nahrungsergänzung mit Omega-3-FS reduziert werden können. In Deutschland werden 200 mg DHA propagiert. Aufgrund der inzwischen vorliegenden Daten ist es jedoch fragwürdig, ob das in jedem Fall ausreichend ist [1].

Die Konzentrationen von EPA und DHA im Blut korrelieren nicht mit der Menge der aufgenommenen Omega-3-FS. Besser bestimmt man den individuellen Omega-3-Index, der dann durch die Gabe von EPA und DHA in Form von Fisch- oder Algenöl verbessert werden kann. Aber Achtung: Adipöse Frauen mit niedrigen Ausgangswerten sprechen auch schlechter auf eine Substitution an [2].

In einer Metaanalyse von 2020 wurden 14 randomisierte placebokontrollierte Studien ausgewertet, in denen mit Omega-3-FS supplementiert wurde.

In Niedrig-Risiko-Schwangerschaften konnte die ­Präeklampsierate signifikant reduziert werden [3]. Vermutlich ist dies einer Reduzierung von oxidativem Stress zuzuschreiben, was in niedrigeren Konzentrationen von 8-iso-PGF2α deutlich wird [4]. In einer Metaanalyse von 2016 [5] konnten 34 randomisierte kontrollierte Studien (RCT) berücksichtigt werden, mit 14 106 Einlingsschwangerschaften und 2 578 ­Zwillingen. Die Daten ergaben keinen Hinweis auf eine Assoziation von Omega-3-FS und vermindertem Risiko für intrauterine Wachstumsretardierung, Frühgeburt, Präeklampsie, Gestationsdiabetes. Andere Studien zeigten jedoch, dass Omega-3-FS einen stabilen Blutzucker unterstützen und damit das Risiko eines Schwangerschaftsdiabetes reduzieren. Insgesamt konnte die perinatale Mortalität um 73 % reduziert werden, wenn vor der 20. SSW mit Omega-3-FS supplementiert wurde.

In einem Cochrane-Review von 2018 [6] konnten 70 RCT berücksichtigt werden, mit 19 927 Schwangeren aus Niedrig- und Hochrisikogruppen. Es fanden Omega-3-Interventionen über die Ernährung oder mit Nahrungsergänzungen statt im Vergleich zu Placebo oder keiner Omega-3-Supplementierung. Frühgeburten vor der 34. SSW waren um 42 % reduziert und vor der 37. SSW um 11 %, wenn mit Omega-3-FS supplementiert worden war. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass keine weiteren Studien erforderlich sind, um die Sinnhaftigkeit der Supplementierung mit Omega-3-FS zu legitimieren. Omega-3-FS verhindern offenbar keinen Gestationsdiabetes, aber das C-reaktive Protein ist signifikant niedriger nach Omega-3-FS-Substitution, die Neugeborenen haben seltener eine Hyperbilirubinämie und müssen seltener hospitalisiert werden [5].

Und noch einen Vorteil haben offenbar die Omega-3-FS: Bei der postpartalen Depression können sie als (add-on) Behandlung eingesetzt werden, wie eine Metaanalyse verspricht [7]. Bei Depressionen während der Schwangerschaft war diese Therapie nicht ausreichend.

Bedeutung von Fischölen für die kindliche Entwicklung

Sieht man einmal von der niedrigeren Rate an Frühgeburten in Schwangerschaften ab, in denen die Mütter Fisch konsumierten oder mit Omega-3-FS behandelt wurden, so gibt es lediglich Hinweise, dass die Supplementierung zu einer längeren Tragzeit und damit zu höheren Geburtsmaßen führen kann.

Interessant ist aber, dass die Säuglinge supplementierter Mütter signifikant weniger unter allergischen Symptomen litten. In einem systematischen Review mit Metaanalyse konnten sieben RCT mit 2 047 Kindern ausgewertet werden [8]. Wie schon in früheren ­Studien gezeigt, war das Auftreten von keuchenden Atemgeräuschen, Atemwegsinfektionen und Asthma-ähnlichen Zuständen signifikant erniedrigt. ­Besonders eindrucksvoll war der Schutz in Familien, in denen mindestens ein Verwandter ersten Grades unter Allergien litt, wenn die Konzentrationen von EPA und DHA im mütterlichen Blut erniedrigt waren und wenn mehr als 2 g Omega-3-FS in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft verabreicht worden ­waren [9]. Bis zum dritten Lebensjahr waren diese positiven Effekte nachweisbar. Asthma konnte bei den Kindern jedoch nicht verhindert werden. In einer Kohorte von mexikanischen Schulkindern, deren Mütter in der zweiten Schwangerschaftshälfte DHA oder Placebo erhalten hatten, unterschied sich die Lungenfunktion der Fünfjährigen in den beiden Gruppen nicht [10].

In einer ebenfalls etwas älteren Metaanalyse wurden auch die Effekte einer Fischöl-Supplementation in der Schwangerschaft auf die IgE-vermittelten allergischen Erscheinungen des Säuglings überprüft [11]. Bis zum Ende des ersten Lebensjahres zeigte sich eine signifikante Reduktion im Auftreten von „atopischem Ekzem,“ „positivem Haut-Prick Test,“ „Sensibilisierung gegen Eier“ und „ allgemeine Sensibilisierung gegen Nahrungsmittel“. Weitere Untersuchungen zur körperlichen Entwicklung der Kinder nach Omega-3-FS-Supplementierung zeigten kein vermehrtes/verringertes Auftreten von kardiometabolischen Erkrankungen oder Adipositas [12,13].

Einfluss auf die neuronale Entwicklung

DHA ist wichtig für die neuronale Entwicklung des kindlichen Gehirns im dritten Trimester. Da Autism Spectrum Disorders (ASD) und Attention-Deficit/­Hyperactivity Disorder (ADHD) zugenommen haben und bei erkrankten Kindern erniedrigte DHA-Werte gemessen wurden, wurde in einem Review dem ­Zusammenhang zu DHA nachgegangen [14]. Eine mangelhafte Versorgung mit DHA kann unter bestimmten Bedingungen das Risiko und den Schweregrad für ASD oder ADHD erhöhen.

Beobachtungen haben gezeigt, dass die Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA AD(H)S vorbeugen und auch später Symptome lindern können. Zudem wirkt sich ein hoher Omega-3-Spiegel positiv auf die ­kognitiven Fähigkeiten aus. Hierzu gehören eine­ ­erhöhte Aufmerksamkeit, eine gesteigerte Kommunikationsfähigkeit, eine präzisere Feinmotorik, ­bessere schulische Leistungen, ein reiferes Schlafmuster sowie ein gestärktes soziales Verhalten. Während der DHA-Status bei der Geburt signifikant mit der neurologischen Entwicklung des Säuglings korreliert, sind die Erfolge einer mütterlichen DHA-­Supplementierung in der Schwangerschaft sehr ­widersprüchlich.

Offenbar stehen eher sozioökologische und Lifestyle-Faktoren im Vordergrund [14,15]. Die Omega-3-Fettsäure DHA ist ein Hauptbestandteil des menschlichen Gehirns, der Nervenzellen und der Netzhaut des Auges. Um eine gute Entwicklung und Funktion dieser Organe zu ermöglichen, werden die Fettsäuren daher als Bausubstanz benötigt. Da sich die Sehkraft und das Gehirn des Kindes nach der Geburt weiter ausbilden, ist eine ausreichende Zufuhr der Omega-3-Fettsäure DHA auch während der Stillzeit notwendig.

Alles dreht sich um Hormone, Entgiftung-Substitution-Regulation, Individuelle Therapie mit Naturheilkunde und Homöopathie bei Amenorrhoe, Blutungsstörungen, Wechseljahren, PMS, HPU, Endometriose, Myomen, PCO.

Nach Multiple-Choice-Prüfung und Absolvierung von zwei Teilen des Workshops in 2022 oder 2023 mit bestandener Prüfung kann das Zertifikat „Naturheilkunde zur Frauengesundheit“ nach Prof. Dr. Ingrid Gerhard erlangt werden. Die Workshops in Frühjahr und Herbst haben unterschiedliche Themen und sind in sich abgeschlossen, sodass der Start jederzeit möglich ist.

Anmeldung: Eisbär Apotheke
mail@eisbaerapotheke.de

Kosten: 390 Euro pro Workshop,
Ermäßigung für NATUM-Mitglieder und bei gleichzeitiger Anmeldung für Mai- und Oktober-Workshop

Organisation: Eisbär Akademie Karlsruhe
Sabine Bäumer, Apothekerin und Präventologin
Prof. Dr. Ingrid Gerhard, Frauenärztin,
Netzwerk Frauengesundheit

FAZIT:

In der Schwangerschaft können durch Supplementierung mit Omega-3-FS Präe­klamp­sien und Frühgeburten verhindert und die perinatale Mortalität reduziert werden. Wichtig erscheint eine ausreichend hohe Dosierung von EPA und DHA (meist 2 000 mg, angepasst an Lebensstil, Ernährung, Blutwerte) und ein früher Beginn der Supplementierung bereits bei Kinder­wunsch. Besonders erfolgreich bzgl. der kindlichen Entwicklung ist die Supple­mentierung bei allergischer Disposition in der Familie. Postpartale Depressionen lassen sich durch Omega-3-FS bessern.

Die Autorin

Prof. Dr. med. Ingrid Gerhard
Albert-Überle-Straße 11
69120 Heidelberg

www.netzwerk-frauengesundheit.com

1 von Schacky C, Nutrients 2020; 12: 898
2 Monthé-Drèze C et al., Nutrients 2018; 10: 1908
3 Bakouei F et al., Taiwan J Obstet Gynecol 2020; 59: 8–15
4 Sley EG et al., PLoS One 2020; 15: e0240244
5 Saccone G et al., J Matern Fetal Neonatal Med 2016; 29: 2389–2397
6 Middleton P et al., Cochrane Database Syst Rev 2018; 11: Cd003402
7 Mocking RJT et al., J Clin Psychiatry 2020; 81: 19r13106
8 Lin J et al., J Matern Fetal Neonatal Med 2020; 33: 1792–1801
9 Bisgaard H et al., N Engl J Med 2016; 375: 2530–2539
10 Gutiérrez-Delgado RI et al., J Asthma 2019; 56: 296–302
11 Best KP et al., Am J Clin Nutr 2016; 103: 128–143
12 Phang M et al., Mar Drugs 2018; 16: 138
13 Vahdaninia M et al., Eur J Nutr 2019; 58: 2597–2613
14 Martins BP et al., Crit Rev Food Sci Nutr 2020; 60: 1431–1446
15 Rangel-Huerta OD et al., Nutr Rev 2018; 76: 1–20

Bildnachweis: privat

Lesen Sie mehr und loggen Sie sich jetzt mit Ihrem DocCheck-Daten ein.
Der weitere Inhalt ist Fachkreisen vorbehalten. Bitte authentifizieren Sie sich mittels DocCheck.
- Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

123-nicht-eingeloggt