Sowohl Menschen mit nicht alkoholischer Fettleber als auch viszeraler Adipositas werden mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Insulinresistenz bzw. von Typ-2-Diabetes in Verbindung gebracht. Studien zufolge gilt das jedoch nicht generell – ein Grund, die dahinterliegenden Pathomechanismen weiter zu erforschen.
Die globale Prävalenz der nicht alkoholischen Fettleber (NAFLD) liegt bei 25 % – bei Übergewichtigen und Adipösen bei etwa 40–60 % sowie bei Menschen mit Typ-2-Diabetes (T2D) bei etwa 55–70 %. Metaanalysen zufolge ist sie assoziiert mit einem erhöhten Risiko (2,2–2,7-fach) für die Entwicklung von Typ-2-Diabetes. Dabei ist die NAFLD sowohl Folge als auch Ursache der Insulinresistenz.
Evidenz liegt vor, dass der Verzehr von Glucose, Fructose und gesättigten Fettsäuren die hepatische De-novo-Lipogenese und die subklinische Inflammation in adipösem Gewebe und Leber sowie die Insulinresistenz in adipösem Gewebe, Leber und Skelettmuskel induziert. Diese Lebensstilparameter begünstigen zugleich die Entwicklung von T2D, in dessen Folge die Insulinresistenz zur Hyperinsulinämie führt, die wiederum die De-novo-Lipogenese antreiben kann, während die progressive Betazell-Dysfunktion die Hyperglykämie verstärkt. Hinweise darauf, dass die NAFLD auch eine wichtige Rolle in der Pathogenese von Insulinresistenz spielt, liefern hauptsächlich In-vitro-Studien sowie Untersuchungen an Tiermodellen. Die Suche nach entsprechenden Pathomechanismen führte zur Hypothese, dass die Fettleber endokrin anders funktioniert als die gesunde Leber und es demzufolge zu einer Dysregulation von Hepatokinen kommt.
Rolle von Hepatokinen im Stoffwechsel
Auf der Suche nach Antworten auf Fragen wie „Über welche Mechanismen beeinflusst eine Fettleber die Entstehung von T2D?“ und „Wie lassen sich die Auswirkungen der Fettleber von denen der abdominalen Adipositas mit Blick auf das T2D-Risiko voneinander abgrenzen?“ untersuchten wir wichtige Hepatokine, die bei einer NAFLD dysreguliert und mit kardiometabolischen Risiken assoziiert sind [1].
So wird bei einer Fettleber z. B. das in Tiermodellen bereits gut untersuchte Fetuin-A vermehrt produziert. In Kombination mit Fettsäuren aktiviert es den Toll-like-Rezeptor 4, was zu inflammatorischen Signalen und Insulinresistenz in Adipozyten und Makrophagen führen kann. Zudem beeinträchtigt Fetuin-A die Glucose-induzierte Insulinausschüttung. Weitere Hepatokine, die vermehrt von der Fettleber produziert werden und zu Insulinresistenz führen können, sind z. B. ANGPTL3, Selenoprotein P, Fetuin-B, Follistatin, LECT2, Hepassocin und TSC22D4/LCN13.
Hepatokine und Adipokine clustern
Mittels Clusteranalyse sollte die enge Beziehung zwischen Fettleber und abdominaler Adipositas entschlüsselt sowie Subtypen von Personen mit Fettleber identifiziert werden. Durch Zusammenfassen der Parameter Fettgehalt der Leber, viszerale Fettmasse, Zirkulation von Fetuin-A (Hepatokin) sowie Zirkulation von Adiponektin (Adipokin) zu Clustern, konnten drei Cluster identifiziert werden. Individuen der Cluster 1 und 3 wiesen eine ähnlich niedrige Insulinsensitivität (ganzer Körper) sowie erhöhte Werte für Leberfett und viszerales Fett auf. Personen aus Cluster 1 zeigten die höchsten Plasma-Fetuin-A-Spiegel, was mit der höchsten hepatischen Insulinresistenz assoziiert war. In Cluster 2 waren die relativ hohen Adiponektin-Blutkonzentrationen assoziiert mit relativ niedrigem Leber- und viszeralem Fett.
Insgesamt weisen die Clusteranalysen darauf hin, dass eine auf ungesunder Fettleber basierende Insulinresistenz durch hohe Fetuin-A-Blutspiegel charakterisiert ist und sich dieser Phänotyp von dem unterscheidet, dessen Insulinresistenz hauptsächlich durch viszerale Adipositas entstanden ist und der insbesondere durch niedrigen Plasmaspiegel von Adiponektin gekennzeichnet ist (Abb.)
Das Wissen über wichtige Organokine wie Adipokine und Hepatokine kann zu einem besseren Verständnis der Rolle von viszeraler Adipositas und NAFLD in der Pathophysiologie von Insulinresistenz beitragen. Bei diagnostizierter NAFLD hilft die Messung von Hepatokinen, eine metabolisch gesunde von einer metabolisch ungesunden Fettleber zu unterscheiden. Und zu verstehen, ob und in welchem Ausmaß Hepatokine dysreguliert sind, ist nützlich bei der Entscheidung über Therapiemaßnahmen.
Der Autor
Prof. Dr. med. Norbert Stefan
Deutsches Zentrum für Diabetesforschung e. V. Helmholtz München
Universitätsklinikum Tübingen, Innere Medizin IV
nobert.stefan@med.uni-tuebingen.de
1 Stefan N et al., Cell Metabolism 2023; doi.org/10.1016/j.cmet.2023.01.006
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