Inkretinmimetika auf Basis von GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1 RAs) wie Semaglutid oder Tirzepatid werden als vielversprechende Therapeutika bei ausgeprägter Adipositas eingeschätzt. Dennoch sollten mögliche Kontraindikationen beachtet werden, bei denen der Einsatz dieser Wirkstoffklasse zu unterlassen sei oder mit besonderer Vorsicht zu erfolgen hätte.
Der Allgemeinmediziner Dr. med. Tamaan K. Osbourne-Roberts, Universität Colorado, Denver/USA, kommentiert:
Patienten mit einer Familienanamnese bestimmter Krebsarten. Da GLP-1-RAs das Risiko für Schilddrüsenkrebs erhöhen können, sollten Patienten und Patientinnen mit einer persönlichen oder familiären Vorgeschichte von medullärem Schilddrüsenkrebs oder multipler endokriner Neoplasie Typ 2 diese Medikamente nicht einnehmen.
Probleme mit der Darmmotilität. Da einer der primären Wirkmechanismen dieser Substanzklasse darin besteht, den Darm zu verlangsamen, sollten Patienten und Patientinnen mit Gastroparese – ob diabetisch oder nicht – oder anderen Problemen mit der Darmmotilität diese Inkretinmimetika vermeiden. Auch Personen mit entzündlichen Darmerkrankungen sollten keine GLP-1-RAs einnehmen.
Pankreatitis. Inkretinmimetika können das Risiko einer schweren Pankreatitis erhöhen, daher wird die Anwendung bei Patienten und Patientinnen, die bereits eine Pankreatitis hatten, nicht empfohlen.
Nierenfunktionsstörung. Eine geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) unter dem Schwellenwert, typischerweise etwa 30 ml/min/1,73 m2, schließt GLP-1-RAs bei einigen Patienten und Patientinnen aus. Vor der Verordnung sollten unbedingt die Grenzwerte überprüft werden.
Schwangerschaft. GLP-1-RAs sollten möglichst nicht während der Schwangerschaft eingenommen werden. Frauen im gebärfähigen Alter mit der Fähigkeit, schwanger zu werden, sollten während der Einnahme dieser Medikamente Verhütungsmittel verwenden.
Ohne Frage, so fasst Osbourne-Roberts zusammen, sind GLP-1 RAs sind hochwirksame Medikamente mit großem Potential zur Verbesserung der Adipositastherapie. Ein verantwortungsvoller Einsatz unter Berücksichtigung der Kontraindikationen ist jedoch essentiell, um die Patientensicherheit zu gewährleisten und den langfristigen Nutzen dieser Substanzklasse sicherzustellen.
Hinweis: Die S3-Leitlinie „Adipositas - Prävention und Therapie“ (5. Version, vom 5.10.2024, AWMF-Reg.nr. 050-001) der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) konstatiert zwar, dass es bei der Pharmakotherapie der Adipositas mit den neuen GLP-1-basierten Pharmaka seit kurzem eine fulminante Entwicklung gibt, die eine eindrucksvolle Senkung des Körpergewichts zeigen und eine Besserung von Begleit- und Folgekrankheiten belegen, geht aber noch nicht auf die Besonderheiten dieser adjuvanten Pharmakotherapie ein.
Osbourne-Roberts TK: GLP-1 RAs: When Not to Prescribe. Medscape Gastroenterology, 2024 Dec 31 (https://www.medscape.com/viewarticle/glp-1-ras-when-not-prescribe-2024a1000nd8).