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Dermatologie

Gesichtsdermatose

Rosazea: Ätiologie, Diagnostik und aktuelle Therapieoptionen

Prof. Dr. med. Peter Arne Gerber

6.5.2022

Rosazea, eine der häufigsten chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen, steht den Betroffenen buchstäblich „ins Gesicht geschrieben“. Das kann zu erheblichen Einbußen der Lebensqualität führen, sodass eine frühzeitige Diagnosestellung und Einleitung einer adäquaten, symptomorientierten Behandlung essenziell ist.

In Deutschland leiden schätzungsweise 12 % der Erwachsenen an einer Rosazea. Bei Frauen tritt diese Gesichtsdermatose typischerweise ab dem 35. Lebensjahr auf, während Männer ab dem 50. Lebensjahr erkranken. Charakteristischerweise verläuft die Erkrankung chronisch-schubhaft mit unterschiedlicher Krankheitsausprägung und manifestiert sich mit einem klinisch heterogenen Erscheinungsbild. Sie tritt vorrangig im Gesicht auf, wobei Stirn, Nase, Kinn und Wangen am häufigsten betroffen sind (Abb.). Bei rund 20 % der Rosazea-Patienten mit kutanen Symptomen findet sich zudem eine Augenbeteiligung (Rosacea ophthalmica).

Klinisches Bild: ROSCO-Einteilung nach Phänotypen

Die früher verwendete Einteilung in Stadien bzw. nach vordefinierten Subtypen ist heute nicht mehr gebräuchlich, da diese der Realität der Erkrankung nicht gerecht wurde. Das klinische Bild der Rosazea ist von verschiedenen Erscheinungsformen geprägt, deren Übergänge häufig fließend sind, und die Symp­tome treten meist parallel auf. Gemäß einem internationalen Expertenkonsens (ROSacea COnsensus, ROSCO) wird die Erkrankung daher nach den verschiedenen Phänotypen eingeteilt, basierend auf Anzeichen und Symptomen des Krankheitsbilds (Tab. 1). Demnach ist ein persistierendes zentrofaziales Erythem in Verbindung mit einer periodischen Verstärkung durch potenzielle Triggerfaktoren (v. a. Hitze/Kälte, Alkohol, scharfe Speisen, UV-Licht) ein minimales diagnostisches Merkmal der Rosazea.

Differenzialdiagnosen

Zu einer der wichtigen Differenzialdiagnosen eines anhaltenden rosazeabedingten Erythems gehört der systemische Lupus erythematodes (SLE), dessen Schmetterlingserythem mit einer erythematösen Rosazea verwechselt werden kann. Hilfreich bei der Unterscheidung sind Teleangiektasien, die beim SLE charakteristischerweise ebenso fehlen wie Papeln und Pusteln. Wenn diese Effloreszenzen vorhanden sind, ähnelt die Rosazea auf den ersten Blick einer Akne. Bei Akne imponieren jedoch offene und geschlossene Komedonen (Mitesser), die nicht zum Bild der Rosazea gehören. Auch in diesem Fall dienen Teleangiektasien als wichtiges  Unterscheidungsmerkmal, denn diese sind bei Rosazea häufig vorhanden, bei Akne jedoch nicht. Ebenso kann das Lebensalter Hinweise geben: Während eine Rosazea meist erst im mittleren Erwachsenenalter beginnt, kommt Akne bei Jugendlichen (zu Beginn der Pubertät) und jungen Erwachsenen häufiger vor.

Auswirkungen auf die Lebensqualität

Die Prädilektionsstelle der Rosazea ist das Gesicht, weswegen diese Erkrankung deutlich sichtbar ist. Das wird von den Betroffenen häufig als stigmatisierend wahrgenommen. Die Rosazea kann mit einer starken psychischen Belastung verbunden sein, die die Lebensqualität erheblich einschränkt; dies ließ sich in mehreren Studien und einer Metaanalyse nachweisen. Wie groß die psychosozialen und emotionalen Auswirkungen auf die Lebensqualität von Rosazea-Patienten sind, zeigen auch die Ergebnisse der globalen Befragung „Rosazea: Beyond the visible (BURDEN)“. Demnach berichtete ein Drittel der Befragten über einen sehr großen Einfluss der Symp­tome auf die Lebensqualität, evaluiert mittels des Dermatologischen Lebensqualitäts-Index (DLQI). Ein DLQI ab 6 gilt bereits als moderater Einfluss auf die Lebensqualität. Dabei wurde auch deutlich, dass erscheinungsfreie Patienten mit einem Investigator-Global-Assessment(IGA)-Score von 0 („clear“) in Bezug auf die Lebensqualität klar profitieren.

Ätiologie und Pathogenese

Die genauen Ursachen der Rosazea sind bis heute noch nicht vollständig geklärt. Aufgrund des heterogenen klinischen Erscheinungsbilds wird ein komplexes multifaktorielles Geschehen postuliert, das bei genetischer Prädisposition eine Interaktion verschiedener Faktoren und Signalwege induziert und zu einer chronischen Entzündung und zu vaskulären Reaktionen führt. Dabei spielen Störungen im angeborenen und erworbenen Immunsystem ebenso eine Rolle wie eine neurovaskuläre Dysregulation und lokale Entzündungsreaktionen auf kutane Mikroorganismen.

Genetik

Verschiedene Studien erhärten die schon seit längerer Zeit angenommene genetische Komponente, die zum Auftreten einer Rosazea prädisponiert. So belegt eine monozygote Zwillingsstudie von Aldrich et al., dass der genetische Beitrag zur Rosazea bei rund 50 % liegt. Umweltfaktoren, scharfe Speisen, alkoholische Getränke sowie körperliche Betätigung machen die übrige Hälfte für das Auftreten der Erkrankung aus. In einer genomweiten Assoziationsstudie ließen sich erstmals genetische Varianten identifizieren, die mit Rosazea assoziiert sind.

Angeborene Immunität und antimikrobielle Peptide

Den Daten verschiedener Untersuchungen zufolge sind bei Rosazea-Patienten Produktion und Aktivierung von antimikrobiellen Peptiden (AMP), den Cathe­licidinen, gestört. Cathelicidine werden in der Haut überwiegend von Keratinozyten gebildet und sind ein wichtiger Bestandteil des unspezifischen angeborenen Immunsystems. Im Tierversuch wurde gezeigt, dass sich mit der Injektion humaner Cathelicidin-Fragmente in die Haut von Mäusen ein Rosazea-ähnliches Krankheitsbild mit Erythem, Ödem und Infiltration von Entzündungszellen hervorrufen lässt.

Demodex-Milbe

Zunehmend rückte auch die Haarbalgmilbe, Demodex, als möglicher Ko- und Triggerfaktor für die Entzündungsreaktionen bei Rosazea in den Vordergrund. Demodex-Milben gehören zwar zu den natürlich vorkommenden Haut-kommensalen, aber bei Rosazea-Patienten ließ sich eine signifikant höhere Dichte der Hautbesiedelung als bei einer gesunden Vergleichs-population nachweisen.

Grundprinzipien der Therapie

Da sich die verschiedenen Rosazea-Manifestationen oftmals überlappen, wird heute ein symptomorientierter Behandlungsansatz favorisiert, der sich am individuellen Erscheinungsbild orientiert. Dafür wurde der in der Tabelle 2 dargestellte aktualisierte ROSCO-Algorithmus entwickelt.

Auslösefaktoren meiden und Hautpflege

Rosazea-Patienten sollten die oben beschriebenen spezifischen Provokationsfaktoren (scharfe Speisen, Alkohol etc.) so weit wie möglich vermeiden. Ein zentraler Pfeiler des Rosazea-Managements ist zudem eine adäquate Hautpflege mit nicht irritierenden sowie fett- und seifenfreien Reinigungsprodukten und Feuchtigkeitscremes. Dazu gehört auch ein konsequenter UV-Schutz mit Lichtschutzfaktor (LSF) 50+.

Zugelassene topische Therapien

Topika sind bei weniger schwer ausgeprägter erythematöser oder papulopustulöser Rosazea die erste Wahl und oft ausreichend, um das Erscheinungsbild zu verbessern.

Brimonidin

Brimonidin ist ein hochselektiver Alpha-2-Adrenorezeptor-Agonist mit starker vasokonstriktorischer Wirkung an den peripheren Kapillaren und bewirkt somit ein Abblassen des Erythems. Brimonidin-Gel 3 mg/g ist in Deutschland das einzige zugelassene Topikum für die symptomatische Behandlung des Rosazea-bedingten Gesichtserythems bei Erwachsenen. In den zulassungsrelevanten Studien erwies sich Brimonidin-Gel 0,3 % als gut verträgliches Präparat. Zu den häufigsten unerwünschten Ereignissen gehörte die Verschlechterung des Erythems und/oder Flush, Pruritus sowie Hautirritationen; es traten keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auf. Im Therapiemanagement ist zu berücksichtigen, dass bei einigen Patienten in den ersten Behandlungswochen eine milde bis mäßige vorübergehende Verschlechterung des Erythems auftreten kann. Um dies zu minimieren und den Therapierfolg zu optimieren, wird Folgendes empfohlen:

  • adäquate Patientenschulung
  • Beginn der Behandlung für mindestens eine Woche mit weniger als der maximalen Menge an Gel, danach schrittweise Erhöhung der Gel­menge in Abhängigkeit von der Verträglichkeit und dem Ansprechen sowie
  • Einhalten der maximalen empfohlenen Tagesdosis von 1 g Gel Gesamtgewicht (= ca. fünf erbsengroße Mengen)

Ivermectin

Vor dem Hintergrund der starken Besiedelung der Haut mit der Demodex-Milbe wurde Ivermectin-Creme 10 mg/g entwickelt, die zur topischen Behandlung erwachsener Patienten mit papulopustulöser Rosazea zugelassen ist. Der genaue Wirkmechanismus des Antiparasitikums Ivermectin (IVM) bei der Behandlung entzündlicher Läsionen der Rosazea ist noch nicht vollständig geklärt. Angenommen wird ein dualer Wirkansatz – nicht nur durch die Abtötung der Demodex-Milben, sondern auch wegen seines stark anti-entzündlichen Effekts. Die Zulassung von IVM erfolgte auf Basis von zwei randomisierten und vehikelkontrollierten Phase-III-Studien mit identischem Design, in denen nach zwölf Wochen signifikant mehr Patienten unter IVM (1-mal täglich appliziert) erscheinungsfrei bzw. fast erscheinungsfrei (IGA-Score 0 bzw. 1) als unter Vehikel waren (p < 0,001). Eine weitere Studie, ATTRACT, zeigte zudem eine überlegene Wirksamkeit von IVM, auch einmal täglich aufgetragen, im Vergleich mit dem bisherigen Therapiestandard Metronidazol 0,75 % (2-mal täglich appliziert). Die am häufigsten berichteten Neben-wirkungen, die maximal bei 1 % der Patienten auftraten, waren brennendes Gefühl auf der Haut, Hautreizung, Pruritus und trockene Haut. Diese Symptome waren üblicherweise von leichtem bis mäßigem Schweregrad und ließen im Allgemeinen im Laufe der Behandlung nach.

Metronidazol

Topika mit dem Wirkstoff Metronidazol, einem Antibiotikum aus der Gruppe der Nitroimidazole, sind in Deutschland als 0,75%ige Formulierungen in Form von Cremes, Gels und Lotionen zur zweimal täglichen Anwendung erhältlich. Der Wirkmechanismus ist bisher noch nicht vollständig geklärt; postuliert wird ein antiinflammatorischer und antioxidativer Effekt. Die Wirksamkeit von Metronidazol 0,75 % bei Rosazea-Patienten wurde in mehreren placebo-kontrollierten Studien nachgewiesen und in einem Cochrane-Review zusammenfassend dargestellt. In direkten Vergleichsstudien mit topischer Azelainsäure zeigte sich eine vergleichbare Wirksamkeit. Zu den am häufigsten berichteten Nebenwirkungen von Metronidazol gehören trockene Haut, Erythem, Pruritus, Hautreizung und Hautbeschwerden wie Brennen, Schmerzen/Stechen in der Haut sowie Verschlechterung der Rosazea.

Azelainsäure

Azelainsäure steht in Deutschland für die Therapie der papulopustulösen Rosazea als 15%iges Gel zur Verfügung. Der Wirkstoff moduliert die Entzündungsreaktion in Keratinozyten und hemmt, in vitro nachgewiesen, die Ausprägung des proteolytischen Enzyms Kallikrein-5 und des antimikrobiellen Peptids Cathelicidin. Die Zulassung beruht auf den Daten zweier multi-zentrischer, doppelblinder, randomisierter und vehikelkontrollierter Phase-III-Studien über zwölf Wochen mit identischem Design, in denen überein-stimmend die Überlegenheit von Azelainsäure-15 %-Gel zweimal täglich versus Vehikel gezeigt wurde. Nebenwirkungen waren Pruritus, Brennen und Schmerzen am Verabreichungsort.

Zugelassene systemische Therapien

Bei schwerer papulopustulöser Rosazea oder ungenügendem Ansprechen auf eine topische Monotherapie sollte eskalierend eine systemische Behandlung eingeleitet werden, um die Erkrankung so schnell wie möglich zu kontrollieren. Basierend auf den Daten zahlreicher Studien ist Doxycyclin, ein Tetracyclin der zweiten Generation, der Grundpfeiler der systemischen Rosazea-Therapie.

Doxycyclin

Doxycyclin 40 mg in antientzündlicher Dosierung mit modifizierter Wirkstofffreisetzung (doxycycline 40 mg modified-release, DMR) ist bisher das einzige systemisch zu verabreichende Präparat, das in Deutschland bei dieser Indikation zugelassen ist. Es hat sich in mehreren Studien bei Patienten mit papulopustulöser Rosazea als wirksam erwiesen. Aufgrund der besonderen Galenik des DMR, der teilretardierten Formulierung, werden 30 mg Doxycyclin sofort und 10 mg retardiert freigesetzt. Dadurch entfaltet das Präparat eine antientzündliche, jedoch keine antimikrobielle Wirkung. So kann DMR bei ­guter Effektivität und Verträglichkeit langfristig über mehrere Monate angewendet werden, ohne dass mit den üblichen Nebenwirkungen einer Antibiose, insbesondere der Resistenzentwicklung, gerechnet werden muss.

Topisch-systemische Kombinationstherapien

Bei mittelschwerer bis schwerer Rosazea wird eine kombinierte Behandlungs-strategie mit topischen Erstlinienpräparaten und systemischen oralen Wirkstoffen empfohlen. Grundlage dafür sind die Daten verschiedener Studien zu DMR in Kombination mit Metronidazol-1 %-Gel und Azelainsäure-15 %-Gel. Daten zum kombinierten Behandlungsansatz von IVM und DMR lieferte auch die aktuelle multizentrische, randomisierte ANSWER-Studie, mit der erstmals eine Kombinationstherapie aus IVM und DMR untersucht wurde.

Eingeschlossen wurden Patienten mit schwerer papulopustulöser Rosazea (IGA 4), von denen unter IVM/DMR innerhalb von zwölf Wochen doppelt so viele das Therapieziel der vollständigen Erscheinungsfreiheit (IGA 0) wie unter alleiniger IVM-Gabe erreichten. Die Daten der ANSWER-Studie stellen nach Einschätzung der Autoren einen wichtigen Meilenstein in der Therapie der Rosazea dar, da sie die Sicherheit und Effektivität der Kombinationstherapie aus zwei fortschrittlichen Therapieoptionen belegen und damit eine noch individuellere Behandlung ermöglichen.

Physikalische Methoden

Bei vaskulären Veränderungen wie Erythemen und Teleangiektasien können licht- und laserbasierte Therapien eingesetzt werden. Bei Teleangiektasien lassen sich gute Erfolge mit dem Kaliumtitanylphosphat(KTP)-Laser erreichen, Farbstofflaser (pulsed dye Laser, PDL) und Blitzlampen (intense pulsed light, IPL) werden bevorzugt bei flächigen Erythemen verwendet. Der Nd:YAG-Laser zeigte gute Ergebnisse sowohl bei papulopustulöser Rosazea und Rosacea erythemato-teleangiectatica als auch bei atropher Narbenbildung. Bei moderaten und schweren Formen des Rhinophyms (der „Knollennase“) bei Rosazea steht die Abtragung im Vordergrund. Die Nachteile der klassischen chirurgischen Abtragung sind intraoperative Blutungen bzw. Narbenbildung bei Elektrochirurgie und Dermabrasion. Daher werden heute neuere Methoden wie die CO2-Laser-Abtragung, eventuell in Kombination mit der Erbium:YAG-Laser-Abtragung, als sichere und komplikationsärmere Alternativen empfohlen.

FAZIT:

Die Rosazea ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung mit enormem psychosozialem Einfluss, die schubförmig verläuft, meist im mittleren Erwachsenenalter beginnt und vorwiegend den zentrofazialen Bereich betrifft. Wichtige Differenzialdiagnosen sind der systemische Lupus erythematodes und die Acne vulgaris.
Die Ursache ist bislang noch nicht geklärt; pathogenetisch wird ein multifaktorielles Geschehen angenommen, bei dem die Dysfunktion verschiedener Regulationssysteme zu einer chronischen Entzündung führt.
Ziel der symptomorientierten Therapie ist die vollständige Erscheinungsfreiheit, da dies mit einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität asso­ziiert ist. Die Behandlung basiert – außer auf der Vermeidung von Triggern und einer adäquaten Hautpflege – auf verschiedenen Topika, einer systemischen Therapie oder bei schweren Formen auf einer Kombination aus System- und Lokaltherapeutika.

Der Autor

Prof. Dr. med. Arne Gerber
Facharzt für Dermatologie und Venerologie, Düsseldorf

prof.gerber@dermatologie-am-luegplatz.de

Literatur beim Autor

miakievy (gettyimages); privat

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