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Gynäkologie

Reproduktionsmedizin

Aktuelle Therapieoptionen

PD Dr. med. Dolores Foth

9.2.2024

Ziel der Beratung bei unerfülltem Kinderwunsch ist es, die Ursachen zu erkennen und individuell angemessene, an den Bedürfnissen des Paares orientierte therapeutische Maßnahmen vorzuschlagen. Dieser Beitrag vergleicht verschiedene Optionen und erörtert Gründe für wiederholtes Implantationsversagen.

Die intrauterine Insemination (IUI) ist eine weitverbreitete Therapieoption der Reproduktionsmedizin. Ziel der Behandlung ist es, aufbereitete Spermien zum optimalen Zeitpunkt intrauterin zu inseminieren.

Die IUI kann im Spontanzyklus ohne ovarielle Stimulationsbehandlung bei Vorhandensein eines regelmäßigen ovariellen Zyklus erfolgen oder nach ovarieller Stimulationsbehandlung mit Clomifen, Letrozol oder Gonadotropinen. Die Therapieüberwachung erfolgt durch sonografisches und hormonelles Monitoring des Follikelwachstums, um den optimalen Tag der Ovulationsinduktion mit humanem Choriongonadotropin (hCG) festzulegen oder den endogenen LH-Anstieg zu erfassen. Auch das Selbstmonitoring des LH-Anstiegs mit Ovulationstests ist möglich. Für die Erfolgschance ist ein optimales Timing entscheidend: die IUI erfolgt ca. 32–36 Stunden nach Ovulationsinduktion mit hCG oder ca. 24 Stunden nach endogenem LH-Anstieg. Der Vorgang der Insemination ist schmerzarm bis schmerzfrei und dauert wenige Minuten. Das aufbereitete Sperma wird mit einem speziellen Inseminationskatheter aufgezogen, intrauterin platziert und das Sperma injiziert. Es können ejakulierte Spermien oder kryokonservierte Spermien verwendet werden. Ruhepause bzw. „Liegenbleiben“ nach Durchführung der Insemination erhöhen die Schwangerschaftschance nicht.

Für die Erfolgschance ist ein optimales Timing entscheidend.

Die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung („Richtlinien über künstliche Befruchtung“) in der Fassung vom 14. August 1990, veröffentlicht im Bundesarbeitsblatt 1990, Nr. 12, zuletzt geändert am 16. Dezember 2021, veröffentlicht im Bundesanzeiger (BAnz AT 08.02.2022 B3), in Kraft getreten am 9. Februar 2022 regeln die Durchführung und Kostenübernahme auch für die IUI im Rahmen der GKV. Die Kostenbeteiligung für IUI beträgt wie für IVF / ICSI-Therapien 50 % für:

  • Insemination im Spontanzyklus (Nr. 10.1) bis zu 8-mal,
  • Insemination nach hormoneller Stimulation (Nr. 10.2) bis zu 3-mal.

Anspruch auf Leistung für die IUI besteht nur für Versicherte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben. Der Anspruch besteht nicht für weibliche Versicherte, die das 40. Lebensjahr und für männliche Versicherte, die das 50. Lebensjahr vollendet haben. Außerdem werden Leistungen nur gewährt, wenn sie im homologen System (Partner) durchgeführt werden und wenn die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet sind.

Klassische Indikationen sind z. B. die idiopathische Sterilität, eine leichte andrologische Subfertilität, zervikale Faktoren, geringgradige Endometriose, Impotentia coeundi und Vaginismus. Bei Verwendung von Spendersamen und Fehlen anderer Sterilitätsfaktoren stellt die IUI die erste Therapieoption dar.

Die IUI zeichnet sich durch einen geringeren therapeutischen Aufwand und weniger Kosten im Vergleich zur IVF/ICSI-Therapie aus.

Kinderwunschtherapie light?

Von vielen Paaren wird die IUI als „natürlichere Variante“ der Kinderwunschtherapie angesehen, und Erstvorstellungen in Kinderwunschpraxen erfolgen häufig mit dem Wunsch, mit der Kinderwunschtherapie zunächst mit IUI zu beginnen.

Die Erfolgschancen der IUI sind abhängig vom Alter des Paares, der Dauer des unerfüllten Kinderwunsches, dem tubaren Faktor und den Spermiogrammparametern. Die Komplikationen einer IUI sind sehr gering. In einer Übersichtsarbeit von Matorras und Mitarbeiter lag die Infektionsrate bei 0,16/1 000 Behandlungszyklen. Die Mehrlingswahrscheinlichkeit steigt nur bei vorausgehender ovarieller Stimulationsbehandlung und nicht monofollikulärem Wachstum.

Das Jahrbuch 2022 des Deutschen IVF-Registers (D.I.R) enthält erstmalig Daten des Deutschen Registers für Insemination (DERI). Dabei werden Behandlungsdaten zu den in Deutschland durchgeführten homologen Inseminationsbehandlungen und separat Inseminationen mit Spendersamen (= heterologe Inseminationen; AID) aus den Jahren 2017 bis 2022 präsentiert.

Insgesamt werden in Deutschland über 10 000 Behandlungszyklen IUI pro Jahr durchgeführt. Die ­klinische Schwangerschaftsrate pro IUI lag über die Jahre zwischen 8,9 und 9,5 % im Gesamtkollektiv. Die Geburtenrate pro IUI betrug über den erfassten Zeitraum 5,3–6,2 %. Im Vergleich fanden 2022 in Deutschland 19 866 IVF-Therapien, 47 225 ICSI-Therapien und 39 168 Auftauzyklen statt (Abb. 1).

Die durchschnittliche klinische Schwangerschafts- rate betrug bei AID über die Jahre ca. 15 % und die Geburtenrate 11,7 %. Erwartungsgemäß ­werden bei heterologen Therapien höhere Schwangerschaftsraten als bei homologen ­Therapien erzielt. Verwendet werden kryokonservierte Spermien von ausgesuchten Spendern, mehrheitlich mit Normozoospermie.

Heterologe Therapien sind seit dem 01.07.2018 in Deutschland durch das Samenspenderregistergesetz geregelt. Menschen, die durch Samenspende gezeugt wurden, können beim zentralen Samenspenderregister ab dem 16. Lebensjahr Auskunft über ihre Abstammung erhalten. Ein Spender kann nicht als Vater eingetragen werden, und das Erb- und Unterhaltsrecht sind für Spender nicht gültig.

Altersabhängige Erfolgswahrscheinlichkeit

Abb. 2 zeigt die altersabhängige klinische Schwangerschaftsrate bei IUI. Die Realisierung des Kinderwunsches verschiebt sich in ein immer höheres Lebensalter der Frau. In Deutschland bekommen Frauen – und auch Männer – ihre ersten Kinder heute deutlich später. Auch das mittlere Alter bei Kinderwunschbehandlung steigt kontinuierlich an und beträgt aktuell nach D.I.R 2022 35,8 Jahre für Frauen und 38,6 Jahre für Männer.

Die Abnahme der Fertilität einer Frau beginnt jedoch bereits ab dem 30. Lebensjahr. Ende des 3. Lebensjahrzehnts besteht eine deutliche eingeschränkte Fertilität. Die Fertilität von Frauen Ende der 30iger ist im Vergleich zu Frauen in den 20igern um die Hälfte reduziert. Neben der quantitativen Abnahme wird auch die Eizellqualität durch das Alter negativ beeinflusst. Der Anteil von Oozyten mit Aneuploidien steigt. Eine Hauptursache sind Störungen in der Formation und Funktion des Spindelapparats. Auch die Wahrscheinlichkeit von Erkrankungen, die die Fertilität reduzieren wie Myome, Endometriose, Adenomyose und tubare Fehlfunktionen, nimmt mit dem Alter zu.

Ziel der Beratung bei unerfülltem Kinderwunsch ist es, die Ursachen zu erkennen und individuell angemessene, an den Bedürfnissen des Paares orientierte therapeutische Maßnahmen vorzuschlagen. Hierbei gilt es, ein Übertherapieren zu vermeiden; andererseits dürfen notwendige Schritte nicht zu spät eingeleitet und so die Aussichten auf eine erfolgreiche Therapie verschlechtert werden. Betrachtet man in der Altersgruppe ab 35 Jahren die bereits abnehmende Fertilität und demgegenüber geringe Schwangerschaftswahrscheinlichkeit einer IUI mit 5,7 % Geburten, stellt sich die Frage der medizinischen Sinnhaftigkeit. Zum Vergleich: In der gleichen Altersgruppe können bei ICSI-Therapien durchschnittliche Geburtenraten von 22,1 % und bei IVF-Therapien von 23,3 % erzielt werden.

Kinderwunsch-Paare realistisch beraten

Zusammenfassend sind Inseminationstherapien ­bereits ab dem 35. Lebensjahr der Frau eine Kinderwunschtherapie mit geringer Erfolgswahrscheinlichkeit. Für die Erzielung einer Geburt in dieser Altersgruppe sind 17–18 Inseminationen notwendig. Neben den medizinischen Ursachen bei unerfülltem Kinderwunsch müssen in der Beratung und für ­therapeutische Empfehlungen die Rahmenbedingungen des Paares selbst Berücksichtigung finden: Alter und Dauer des unerfüllten Kinderwunsches. Ab dem 35. Lebensjahr der Frau sollte unter Berücksichtigung der Erfolgschancen und der Nutzung der Zeit direkt zu weiterführenden Kinderwunschtherapien geraten werden. Auch wenn von Seiten der Paare häufig zunächst eine „nicht so invasive“ Kinderwunschtherapie gewünscht wird, ist die realistische Aufklärung über die zu erwartenden Erfolgschancen eine wichtige ärztliche Aufgabe. Die psychische Belastung für beide Partner steigt mit zunehmender Dauer des unerfüllten Kinderwunsches und mit zunehmender Anzahl erfolgloser Versuche. Auch in einem Inseminationszyklus sind mindestens 3 Praxis­kontakte zeitlich notwendig: Monitoring, Spermaabgabe und Durchführung der Insemination.

Wiederholtes Implantationsversagen – Recurrent Implantation Failure (RIF)

Führen Embryotransfers nicht zu einer Schwangerschaft, wird der Begriff „rezidivierendes Implantationsversagen” (RIF) verwendet. Die Diagnose RIF existiert nur bei Maßnahmen der assistierten Reproduktion. Über die Ursachen ist vieles noch unbekannt, sie können durch mütterliche, väterliche und embryonale Faktoren oder Kombinationen dieser bedingt sein. Häufig werden Untersuchungen und Behandlungen durchgeführt bzw. von den Betroffenen gefordert, ohne eindeutige Beweise aus Studien, dass die Untersuchungen oder Behandlungen die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit erhöhen. Selbst die Diagnose RIF ist nicht eindeutig definiert, häufig erfolgt die Selbstdiagnose durch Betroffene. Die ESHRE Working Group on Recurrent Implantation Failure hat aktuell die Definition von RIF diskutiert.

Der empfohlene Schwellenwert für die Diagnosestellung RIF wird auf eine kumulative prognostizierte Implantationswahrscheinlichkeit von 60 % festgelegt. Wenn bei einem Paar keine erfolgreiche Einnistung nach einer bestimmten Anzahl von Embryotransfers stattgefunden hat und die kumulative prognostizierte Einnistungswahrscheinlichkeit, die mit dieser Zahl von Transfers erwartet wird, mehr als 60 % beträgt, sollte über weitere Untersuchungen und/oder Behandlungsmöglichkeiten beraten werden. Es wird also das klinisch rezidivierende Implantationsversagen definiert, bei dem weitere Maßnahmen in Betracht gezogen werden sollten. Die Diagnose wird abhängig vom Alter der Frau gestellt. Weiterführende Untersuchungen bzw. Behandlungen werden empfohlen, wenn die folgende Anzahl von Transfers nicht genetisch untersuchter Embryonen nicht zum Schwangerschaftseintritt geführt hat:

  • Frau < 35 Jahre nach 3 Transfers,
  • Frau 35–39 Jahre nach 4 Transfers,
  • Frau ≥ 40 Jahre nach 6 Transfers.

Wurde die kumulative prognostizierte Implantationswahrscheinlichkeit von 60 % noch nicht erreicht, hat die konsequente Fortführung der Therapie die ­höchste Erfolgswahrscheinlichkeit. Nach dieser Definition besteht z. B. bei einer 37-jährigen Patientin nach 3 erfolglosen Transfers noch kein Grund für eine weiterführende Diagnostik. Der Umfang der empfohlenen Maßnahmen ist gering (Abb. 3):

Eine erneute Überprüfung der Lifestyle-Faktoren wird als wichtiger Punkt angegeben. Rahmenbedingungen und Verhaltensweisen können sich während der Kinderwunschtherapie geändert haben. Die negativen Einflüsse von z. B. Über- und Untergewicht, Nikotinabusus und Alkohol müssen nochmals verdeutlicht werden.

Der uterine Faktor sollte kritisch überprüft werden. Bei sonografischen Auffälligkeiten, z. B. geringer Endometriumdicke, kann eine Hysteroskopie zur weiterführenden Abklärung erfolgen. Die diagnostische Hysteroskopie ist heute als Office Hysteroskopie ohne Anästhesie problemlos und schnell durchführbar und sollte aus praktischer Erfahrung großzügig indiziert werden.

Die Untersuchung auf Antiphospholipid-Antikörper (APA) und das Antiphospholipid-Syndrom (APS) wird bei vorhandenen thrombophilen Risikofaktoren empfohlen, kann aber auch ohne vorhandene Risikofaktoren erfolgen. Bei pathologischen Befunden kann durch entsprechende Zusatzmedikationen die Implantationswahrscheinlichkeit positiv beeinflusst werden.

Untersuchungen wie ein immunologisches Screening oder Untersuchungen auf periphere und uterine natürliche Killerzellen werden wegen fehlender klinischer Konsequenzen nicht empfohlen.

Der wichtigste Parameter ist die Betreuung der Paare: sich Zeit zu nehmen, für die Beantwortung von ­Fragen, Aufklärung und fachliche Erläuterungen. ­Empathie und die Motivation zum Weitermachen, wenn ­medizinisch realistische Chancen auf Therapie­erfolg bestehen, sind entscheidend in der Betreuung.

Was ist Infertility?

Das Practice Committee of the American ­Society for Reproductive Medicine hat die ­Definition Infertilität aktualisiert: Infertilität ist eine Krankheit, ein Zustand oder ein ­Status, der durch eine der folgenden Ursachen ­gekennzeichnet ist:

Die Unfähigkeit, eine erfolgreiche Schwanger­schaft aufgrund der medizinischen, sexuellen und reproduktiven Vorgeschichte, des Alters, der körperlichen Befunde, der ­diagnostischen Tests oder einer Kombination dieser Faktoren zu erreichen. Neben weiteren Inhalten zur Definition ist für die Praxis folgende Empfehlung relevant: Bei Paaren mit regelmäßigem, ungeschütztem Geschlechtsverkehr und ohne bekannte anamnestische Sterilitätsfaktoren für einen der Partner wird empfohlen, die Diagnostik nach 12 Monaten einzuleiten, wenn die Partnerin unter 35 Jahre alt ist und nach 6 Monaten, wenn die Partnerin 35 Jahre oder älter ist.

Die Autorin

PD Dr. med. Dolores Foth
MVZ PAN Institut GmbH
Interdisziplinäres Kinderwunschzentrum
Zeppelinstr. 1 | 50667 Köln

d.foth@pan-klinik.de
www.mvz-pan-institut.de

1 D.I.R Deutsches IVF-Register Jahrbuch 2022; Modifizierter Nachdruck aus J Reproduktionsmed Endokrinol 2023; 20 (5)
2 ESHRE Working Group on Recurrent Implantation Failure, ESHRE good practice recommendations on recurrent implantation failure. Human Reproduction Open, 2023, 2023(3)
3 https://www.asrm.org/globalassets/_asrm/practice-guidance/practice-guidelines/pdf/definition-of-infertility.pdf
4 https://www.g-ba.de/downloads/62-492-2746/KB-RL_2021-12-16_iK-2022-02-09.pdf
5 https://www.gesetze-im-internet.de/saregg/BJNR251310017.html
6 Matorras R, Rubio K, Iglesias M, Vara I, Exposito A (2017) Risk of pelvic inflammatory disease after intrauterine insemination: a systematic review. Reprod Biomed Online 36(2): 164–171. Nov 17 S1472-6483

Bildnachweis: bradbane_mtg (gettyimages); privat

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