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Gynäkologie

Apps zur Zyklusdokumentation und Kontrazeption

Bestimmung des menstruellen Blutverlusts per Smartphone

Barbara Hauter

Der Zyklus ist für Frauen im gebärfähigen Alter lebensentscheidend. Wichtig zur Kontrazeption, danach zum Schwangerwerden und immer zur Planung von körperlichen Aktivitäten. Smartphone-Apps können Frauen dabei nachhaltig unterstützen, wenn sie das tun, wofür sie konzipiert sind.

Frauen nutzen auf ihrem Smartphone Zyklus-Apps, die in der Basisversion meist kostenfrei bei Google Play oder im App Store von Apple aufs Smartphone heruntergeladen werden können. Die meisten dieser Apps prognostizieren aufgrund vorangegangener ­Zyklen Beginn und Länge der Periode sowie die fruchtbaren Tage. Das ist bei jungen Frauen schon seit Jahren häufig die einzige Art der Kontrazeption – mit allen bekannten Risiken und Nebenwirkungen.

Eher neu ist dagegen eine andere Anwendung zur Dokumentation des Zyklusgeschehens: Frauen können mit einer App die Menge des Blutverlusts während einer Menstruation bestimmen und so eine Hypermenorrhoe erkennen. FlowCyclo erfasst dabei neben Beginn und Ende der Blutung die Anzahl der verbrauchten Hygieneartikel und errechnet so die Blutmenge.

Welche Bedürfnisse haben App-Benutzerinnen?

Die zugrunde liegende Methode zur Einschätzung des menstruellen Blutverlusts wurde von der britischen Keele-University zusammen mit Bayer und Jenapharm entwickelt sowie in von Bayer durch­geführten klinischen Studien validiert [1]. Dabei ­handelt es sich um die Piktogramm-basierte ­Methode, bei der ein Bild ausgewählt wird, das dem Aussehen des eigenen benutzten Monatshygieneartikels am ehesten entspricht. Die App wurde kompatibel mit verschiedenen Monatshygieneartikeln gängiger Hersteller konzipiert. Als zweite Option kann die Blutmenge auch über die Blutungstagebuch-Methode erfasst werden, bei der die wahrgenommene Blutungsintensität eingetragen wird.

Die App erinnert an den täglichen Eintrag. Wenn der Indikator für starke Menstruationsblutungen – ein Blutverlust von mehr als 80 ml pro Zyklus – erreicht wird, informiert die App die Anwenderin und empfiehlt ihr, sich an eine Frauenärztin oder einen Frauenarzt zu wenden. Die Zyklusdaten können weitergeleitet werden, unterliegen aber dem DSGVO-konformen Datenschutz.

Über 250 Zyklus-Apps gibt es inzwischen, 85 davon wurden in einer aktuellen Studie [2] untersucht. Sie erhielten in den App-Stores durchschnittlich eine Nutzerinnen-Bewertung von 4,55 von möglichen 5 Sternen. Die Studie beschäftigt sich mit der Frage, welche Bedürfnisse App-Userinnen haben. Die ­Autoren betonen, dass zur Menstruation weit mehr Unregelmäßigkeit gehört, als der lehrbuchmäßige 28-Tage-Zyklus suggeriert, sowohl was die Zykluslänge als auch die Symptome betrifft. Die Funktion der Apps ist aber auf Regelmäßigkeit ausgelegt. Klinische Studien gibt es bisher dazu in den wenigsten Fällen.

Abbildung Smartphones

Vorsicht bei der Kontrazeption

Vor allem junge pillenmüde Anwenderinnen möchten Apps auch zur Verhütung einsetzen. Die Korrelationen zwischen den App-Vorhersagen und dem tatsächlichen Zyklus sind leider nicht immer zuverlässig und vor einer Nutzung zur Verhütung wird eher abgeraten. FlowCyclo ist dazu nicht konzipiert, aber viele andere Apps versprechen das. Wie zuverlässig sind sie? Reine Prognose-Apps scheiden aus Gründen der Unzuverlässigkeit aus, weitere Zyklus-Apps mit Zusatzfunktionen erfassen neben Blutungsbeginn und -ende auch weitere Parameter, so etwa Temperatur und Zervixschleim. Diesen NFP-Apps liegen evidenzbasierte Methoden der natürlichen Familienplanung (NFP) zugrunde, die das fertile Fenster im aktuellen Zyklus bestimmen [3]. Das setzt aber eine zuverlässige Symptombeobachtung durch die Anwenderin voraus – das Problem aller NFP-Anwendungen.

NFP setzt eine zuverlässige Symptombeobachtung voraus.

Die App Natural Cycles wurde von der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drugs Administration) als Verhütungsmittel zugelassen. Die „Sektion Natürliche Fertilität“ der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsmedizin (DGGEF) warnt allerdings ausdrücklich vor ihrem Einsatz. Kritik übt sie ganz grundsätzlich an der Methode: Dort wird die morgendliche Basaltemperatur gemessen und in einem firmeninternen Algorithmus ausgewertet. Das fruchtbare Fenster wird dabei jedoch nicht im laufenden Zyklus bestimmt, sondern es werden Prognosen aufgrund von Daten aus vorhergehenden Zyklen vorgenommen. Die Anwenderin wird nach der durchschnittlichen Zykluslänge gefragt und daraus werden die fruchtbaren Tage für den Folgezyklus prognostiziert. Außerdem wird nicht einmal die volle Schwankungsbreite der Vorzyklen berücksichtigt, sondern teilweise gemittelte Werte aus nur wenigen Zyklen. Die Zykluslänge und damit das fruchtbare Fenster und der ­Ovulationszeitpunkt schwanken jedoch bei mehr als der Hälfte aller Frauen natürlicherweise um mehr als sieben Tage. Deshalb ist eine Vorhersage des fruchtbaren Fensters und des Ovulationstags nicht möglich.

1 Magnay JL et al., BMC Women´s Heath 2020; 20: 24
2 Pichon A et al., J Americ Med Informat Assoc 2022; 29: 385–399
3 Frank-Herrmann P et al., Gynäkologe 2019; 52: 90–97

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