Das klinische Bild sporadischer Affenpockenvirusinfektionen hat sich durch die weltweite Verbreitung von Mensch zu Mensch gewandelt. Sexueller Kontakt scheint eine Rolle zu spielen. Affenpocken gleichen anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen und können auch nur wenig Symptome hervorrufen.
In einer großen Fallserie hat ein internationales Team von Wissenschaftlern Daten zu 528 Affenpockeninfektionen aus 43 Zentren in 16 Ländern in Europa, Amerika, dem West-Pazifik und der östlichen Mittelmeerregion ausgewertet. Berücksichtigt wurde der Zeitraum 27. April bis 24. Juni 2022. Sexuelle Aktivität war mit 95 % der häufigste mutmaßliche Übertragungsweg. Und Männer, die Sex mit Männern haben, waren mit 98 % die größte Gruppe Erkrankter. 41 % waren mit dem humanen Immundefizienz-Virus (HIV) infiziert. Zudem hatten von insgesamt 377 Personen, die entsprechend getestet wurden, 29 % begleitende sexuell übertragbare Erkrankungen. Am häufigsten waren Gonorrhoe und Lues.
Globaler Ausbruch der Affenpocken
Während frühere, sporadische Fälle von Affenpocken in Endemiegebieten Afrikas meist zoonotisch, vor allem durch Nagetiere, übertragen wurden und sich nach einer Phase mit Fieber mit multiplen papulären, vesikopustulären oder ulzerativen Läsionen an Gesicht und Körper sowie mit einer Lymphadenopathie manifestierten, ergibt sich beim jetzigen globalen Ausbruch ein anderes Bild. So fand sich der Studie zufolge bei insgesamt 95 % der Patienten auftretender Ausschlag zu 73 % im Anogenitalbereich und zu 41% an den Schleimhäuten. 54 Patienten hatten eine isolierte genitale Läsion. Systemische Prodromi waren in 62 % Fieber, in 41 % Lethargie, in 31 % Muskelschmerzen und in 27 % Kopfschmerzen. Lymphknotenschwellungen wiesen 56 % der Patienten auf.
Die Inkubationszeit liegt im Median bei sieben Tagen
Der Zeitpunkt der Exposition war nur bei 23 Betroffenen zu eruieren, die Inkubationszeit lag bei ihnen bei 3–20, im Median war sie bei sieben Tagen. Bei 32 Patienten wurde die Samenflüssigkeit untersucht, dabei ließ sich bei 29 Personen Virus-DNA nachweisen. Am häufigsten zeigte sich die Infektion in Virusabstrichen aus Haut- oder genitalen Läsionen. Bei Schmerzen im Analbereich oder Proktitis empfehlen die Autoren einen Analabstrich.
Meisten Infektionen verliefen mild
Schmerzen waren neben bakteriellen Superinfektionen der häufigste Anlass für eine Krankenhausaufnahme, die insgesamt aber nur bei 13 % nötig wurde. Die meisten Infektionen verliefen mild. Schwere Komplikationen wie Myokarditis oder Epiglottitis waren selten. 5 % wurden antiviral behandelt – meist mit Cidofovir oder Tecovirimat. Klinik und Schwere der Infektion unterschieden sich nicht zwischen Personen mit und ohne HIV-Infektion, bei den meisten HIV-Infizierten war die Grunderkrankung aber auch gut kontrolliert: Ihre CD4-Zellzahl lag im Median bei 680/mm³.
Thornhill JP et al., N Engl J Med 2022 Jul 21; doi: 10.1056/NEJMoa2207323