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Allgemeinmedizin

Hautprobleme bei Senioren

Die Altershaut in der Hausarztpraxis

Agata Kwapisz

8.3.2021

Durch die pandemiebedingte Situation in Pflegeheimen ist die Altershaut von Senioren dermatologisch unterversorgt. In vielen Fällen macht der Hausarzt die Ersteinschätzung. Oft stellt sich für ihn die Frage, ob er an den Hautarzt überweisen sollte.

Der Anteil der älteren Menschen in der Gesellschaft ist stetig steigend. Somit müssen sich Ärzte zunehmend mit dem Thema der Altershaut auseinandersetzen. Altern ist ein degenerativer biologischer Prozess, der mit zunehmendem Lebensalter zu psychischen und physischen Veränderungen führt. Auch die Haut ist betroffen. Meistens beginnt dieser zwischen dem 50. und 65. Lebensjahr. Es werden zwei Formen unterschieden: das intrinsische und das extrinsische Altern der Haut. Das intrinsische Altern umfasst den Verlust an der Zellzahl und deren Funktion. Es ist genetisch vorprogrammiert und unabänderlich. Das extrinsische Altern umfasst die Schädigung durch physikalische (kumulative UV-Belastung) und chemische Noxen (Alkohol, Nikotin) sowie Zellveränderungen, Umbau- und Abbauprozesse. So wird die Haut der Patienten im Alter weniger widerstandsfähig und anfälliger. Bei älteren Patienten ist zudem die Abwehrkraft durch Komorbiditäten geschwächt. Die Altershaut hat eine Reihe von Eigenschaften: Trockene, raue und gelbliche Haut erklärt sich durch weniger Wasserspeicherung und durch die Ablagerung von gelblichem Lipofuszin, was durch das Zigarettenrauchen beschleunigt werden kann. Die Haut ist schlaff und faltig, was durch den Verlust der Kollagen- und elastischen Fasern kommt. Sie ist blass, schmerzlos und entzündungsschwach, weil die Blutgefäße, Nervenzellen und die Immunzellen rarefiziert sind. Durch Proliferationsschwäche besteht eine reduzierte Wundheilung. Dementsprechend bilden sich auch die Hautanhangsgebilde zurück. Leider werden Hauterkrankungen oft unterschätzt. Sie werden nicht selten so dramatisch, dass sich der Patient deshalb in der Notaufnahme vorstellen muss. Meistens handelt es sich dann um Ekzeme, ekzematisierte Infektionen, Psoriasis, Autoimmundermatosen und Hauttumore.

Ekzeme:

Als Ekzem wird eine Gruppe von entzündlichen Hauterkrankungen als Folge einer nicht infektiösen Entzündungsreaktion der Haut angesehen. Es gibt verschiedene Auslöser. Kontaktekzeme, seborrhoisches Ekzem, atopisches Ekzem und insbesondere mikrobiell getriggerte Ekzeme finden sich bei alten Menschen häufig. Die Abfolge der Hautreaktion ist charakterisiert: Hautrötungen, Bläschenbildung, Nässen, Krustenbildung und Schuppung. Das subjektive Leitsymptom ist der oft starke Juckreiz. Die Xerosis cutis ist Ausgangspunkt für das Austrocknungsekzem (Exsikkationsekzematid, Eczéma craquelé). Der Therapieplan: ein potentes externes Steroid (z. B. Mometason), ein intensiv rückfettendes Externum z. B. mit Urea zur Durchfeuchtung, Polidocanol gegen den Pruritus oder ein antiinfektives Antiseptikum. Weiterhin sollte eine systemische Juckreizstillung mit einem Antihistaminikum oder einem Neuroleptikum (z. B. Promethazin) in Erwägung gezogen werden. Bei einer Superinfektion können systemische Antibiotika erforderlich werden.

Atopische Dermatitis:

Die atopische Dermatitis ist die anlagebedingte Überempfindlichkeit der Haut mit der Neigung zur Ekzembildung. Oft ist sie assoziiert mit Rhinokonjuktivitis und Asthma bronchiale (atopische Diathese). Beim älteren Erwachsenen findet man häufig den sogenannten L-Typ (Lichenifikation) mit Steroidschaden, bedingt sowohl durch die chronische Entzündung als auch durch die dauerhafte Kortisonbehandlung. Charakteristisch für die Blickdiagnose ist der weiße Dermografismus, auslösbar durch leichten Holzspateldruck auf die Haut.

Die Therapie der atopischen Dermatitis ist eine Domäne der steroidalen Externa. Werden jedoch über Jahre Steroide systemisch oder lokal gegeben, kommt es zu einem sichtbaren chronischen Steroidschaden mit Heilungsschwäche und Atrophie der Haut. Die höhere Verletzlichkeit der Haut tritt oft bei Blutdruckmessung, bei Blutabnahme (Stauung) oder bei Bagatellläsionen, z. B. im Zuge von Rettungseinsätzen, zu Tage. Deshalb sollte rechtzeitig überlegt werden, welches Cortison geeignet ist. Ein starkes Cortison hat oft starke Nebenwirkungen, ein schwaches Cortison oft schwache Wirkungen. Eine Entscheidungshilfe stellt der therapeutische Index (TIX) dar. Je höher dieser Wert ist, desto besser ist das Verhältnis von Wirkung zu Nebenwirkung. Das potente Klasse-III-Steroid Mometason hat einen TIX von 2,0. Es ist allenfalls minimal atrophogen, hat nur geringes Allergenpotenzial und es wird kaum systemisch resorbiert.

Mykose:

Der ältere Mensch ist auch anfälliger für Pilzinfektionen. Ganz typisch bei Patienten mit Zahnprothesen und Diabetes mellitus ist die orale Candidose mit Anguli infectiosi. Diese Einrisse in den Mundwinkeln müssen jedoch nicht durch Soor ausgelöst sein, sondern können auch nur Ausdruck einer trocken-entzündlichen Haut sein. Auch auf Tinea pedis (z. B. als „Mokassin-Mykose“) oder Tinea corporis („Ringelflechte“) sollte in Pflegeeinrichtungen geachtet werden. Erregerreservoir und Ausgangspunkt ist zumeist eine chronisch interdigitale Tinea. Für die initiale Lokaltherapie einer Mykose kann die Kombination eines Antimykotikums mit einem Steroid empfohlen werden. Mit diesem polypragmatischen Behandlungsansatz werden auch differenzialdiagnostisch mögliche Ekzeme anderer Genese sinnvoll mitbehandelt. Entzündliche Mykosen und mykotisch superinfizierte Ekzeme sind nicht immer klar abgrenzbar. Die antimykotisch-steroidal kombinierte Therapie gewinnt eine neue wissenschaftliche Bewertung. Das Steroid hilft dabei, den Juckreiz, das Brennen, die Rötung und das entzündliche Infiltrat zurückzudrängen, das Antimykotikum bekämpft die mykotischen und teils auch bakteriellen Erreger. In der Praxis hat sich die Kombination aus den Wirkstoffen Miconazol und Flupredniden bewährt. Bei Hefepilzinfektionen der Haut sollte der Magen-Darm-Trakt als typisches endogenes Erregerreservoir dekontaminiert werden, z. B. mit enteral wirksamem Nystatin oder Amphotericin B.

Das polypragmatische Lokaltherapiekonzept:

Das Konzept der polyvalenten Lokaltherapie gewinnt immer mehr an Bedeutung, wie auch im folgenden Beispiel: Einige Senioren sind nicht mehr im Stande, sich eigenständig zu ernähren und benötigen eine Magensonde. Das Problem der perkutanen endoskopischen Gastrostomie ist in Heimen bekannt. Nicht selten bildet sich um das Ostium herum ein nässendes Ekzem. In der Mikrobiologie werden dann gleichzeitig unterschiedliche Erreger gefunden: z. B. Staphylokokken und Enterobacter spp. sowie Candida spp. Im Grunde genommen sind es drei Krankheiten – das Ekzem, die Candidose und die bakterielle Infektion. Auch hier ist der polypragmatische Ansatz gefragt. Dieses sollte gleichzeitig antiinflammatorisch (z. B. Flupredniden, Klasse-II-Steroid), antimykotisch (z. B. Miconazol, Breitbandantimykotikum) sowie antibakteriell (z. B. Miconazol, gegen grampositive Bakterien, inkl. MRSA und FRSA) wirken.

In der Behandlung von Mykosen ist die Auswahl des antimykotischen Wirkstoffs wichtig. Die Azolantimykotika haben sich besonders bewährt, weil sie im breiten Spektrum sowohl gegen Dermatophyten und Hefen als auch gegen Schimmelpilze wirken. Das Polyenantimykotikum Nystatin hingegen ist ausschließlich gegen Hefepilze effektiv. Aufgrund der Wirksamkeit von Miconazol gegen grampositive Bakterien einschließlich MRSA und FRSA kann durch den rechtzeitigen topischen Einsatz womöglich eine Systemantibiose erspart bleiben.

Bei der atopischen Dermatitis schont Miconazol aufgrund seiner selektiven Wirkung gegen grampositive Bakterien wie Staphylococcus aureus gramnegative Erreger als Teil des natürlichen Mikrobioms. Zudem ist das allgemeine Risiko einer systemischen Resorption von topischen Antimykotika gering, sie besitzen eine hohe therapeutische Breite und eine nur geringe Gefahr der Resistenzentwicklung.

Psoriasis:

Moderne systemische Antipsoriatika sind hoch wirksam und verträglich. Biologika allerdings sind sehr teuer und ihre Verschreibung ist in aller Regel dem dermatologischen oder rheumatologischen Facharzt vorbehalten. Fumarsäureester sind in der frühen systemischen Behandlung der Psoriasis vulgaris bewährt und können auch preislich gut in der Hausarztpraxis abgebildet werden. Sie antagonisieren die Mediatoren, die maßgeblich bei der Entstehung der Schuppenflechte beteiligt sind: IL-12 und IL-23. Dabei sind Dimethylfumarat (DMF) und dessen Metabolit Monomethylfumarat (MMF) die wirksamkeitsbestimmende Komponente eines dieser Ester. In Studien zeigte es eine 75%ige Besserung der Haut bei 37,5 % der Probanden, innerhalb von 16 Wochen [1]. Bei längerer Behandlung nimmt die Wirkantwort häufig weiter zu [2]. Wichtig zu beachten ist, dass die Dosierung von Fumaraten einschleichend stattfinden soll, um Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden oder Flush zu reduzieren. Wirksam sind die Fumarsäureester auch bei Nagel-Psoriasis [3]. Was zudem für die Anwendung spricht, ist die enorme Langzeiterfahrung von über 20 Jahren. Laborkontrollen sind nur quartalsweise erforderlich.

Häufige Tumoren im Alter:

Oft ist der Hausarzt der erste Kontakt für die Einschätzung, ob eine Hauterscheinung maligne sein könnte. Der häufigste Hautkrebs bei älteren Menschen ist die aktinische Keratose (AK). Sie gehört in die Gruppe des hellen Hautkrebses, zu dem auch die Spinaliome und Basaliome zählen. Bei der AK handelt es sich um ein In-situ-Plattenepithelkarzinom der Haut mit einer auf die Epidermis beschränkten Proliferation transformierter Keratinozyten. Etwa 10 % der AK entwickeln sich zu invasiven Stachelzellkarzinomen. Um dem vorzubeugen, sollte die AK rechtzeitig therapiert werden. Noch immer findet die Behandlung vielfach physikalisch statt, d. h. durch Kryotherapie, Kürettage, Exzision oder Laser. Effizienter, weil flächenwirksam, ist die topische medikamentöse Behandlung mit Diclofenac + Hyaluronsäure, Imiquimod oder 5-Fluorouracil. In Studien zeigt sich eine sehr hohe Ansprechrate. Eine weitere, gute streng läsionale Behandlungsoption ist 5-Fluorouracil + Salicylsäure. Das synergetische Wirkprinzip der beiden Wirkstoffe besteht in Keratolyse und gezielter Tumorhemmung. In Pilotstudien zeigte es eine 77%ige Abheilung nach 12 Wochen.

FAZIT:

Viele Hauterkrankungen können blickdiagnostisch erfasst und initial vom Hausarzt behandelt werden. Viele Dermatosen, z. B. die Psoriasis, erfordern als Systemerkrankungen eine interdisziplinäre Behandlung. Allergien, Autoimmundermatosen und malignomverdächtige Läsionen sollten unbedingt dem Hautarzt vorgestellt werden.

1 Mrowietz U et al., Br J Dermatol 2017; 176(3): 615–623
2 Reich K, J Dtsch Dermatol Ges 2009; 7(7): 603–611
3 Augustin M et al., Interim analysis of the non-interventional study SKILL, EADV 2020 (nicht publizierte Daten)

Webinar „Die Altershaut das Sorgenkind: Häufige Hauterkrankungen bei Senioren – Praxistipps für den Hausarzt“ (Veranstalter: Almirall Hermal GmbH), Februar 2021

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