Mit der Zunahme der Adipositasprävalenz steigt auch die Zahl adipöser Schwangerer. Sie stellen für den betreuenden Frauenarzt sowohl beim Monitoring der Schwangerschaft als auch während der Entbindung eine besondere Herausforderung dar.
Im Jahr 2015 waren 107,7 Millionen Kinder und mehr als 600 Millionen Erwachsene gemäß der WHO-Klassifikation als adipös einzustufen (Tab. 1). Mehr als vier Millionen Todesfälle weltweit waren direkt auf die Folgen eines erhöhten BMI zurückzuführen. Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass in weniger als einer Dekade weltweit mehr als jede fünfte Frau adipös sein wird. In Deutschland sind dem Robert Koch-Institut zufolge mehr als 18 % der Frauen adipös, davon befinden sich 14,1 % im reproduktiven Alter (18–44 Jahre). Die gesundheitlichen Folgen sind weitreichend und stellen insbesondere bei der Betreuung Schwangerer mit einem erhöhten eine zusätzliche Herausforderung dar. Es wird davon ausgegangen, dass bereits jetzt etwa die Hälfte der Frauen perikonzeptionell einen BMI ≥ 25 kg/m2 aufweisen. Eine retrospektive Analyse von 290.000 Schwangerschaften konnte bereits 2001 einen eindeutigen Zusammenhang zwischen maternaler Adipositas und schweren fetomaternalen Schwangerschaftskomplikationen (Gestationsdiabetes, schwangerschaftsinduziertem Hypertonus, Präeklampsie, Makrosomie, Früh-/Totgeburten sowie postpartaler Atonie) herstellen.[1] Das individuelle Risiko steigt dabei mit der jeweiligen Zunahme des maternalen BMI an. Eine frühzeitige Erfassung dieser Komorbiditäten und entsprechende Adaptierung des geburtshilflichen Managements ist daher obligat.
In einer aktuellen skandinavischen Kohorten-Studie an mehr als 1,2 Millionen Schwangeren konnte das deutlich erhöhte Risiko für kongenitale Anomalien bei maternalem Übergewicht und Adipositas unterstrichen werden.[2] Insbesondere für Neuralrohrdefekte, kardiovaskuläre Anomalien, orofaziale Spaltbildungen, Omphalozele, Analatresie und Extremitätenfehlbildungen konnten erhöhte Inzidenzraten in Zusammenhang mit einem erhöhten maternalen BMI nachgewiesen werden (Abb. 1). Demgegenüber stehen die deutlich eingeschränkten Möglichkeiten der bildgebenden sonografischen Diagnostik bei manifester Adipositas. Nachweislich ist die Rate inkompletter Untersuchungen bzw. suboptimaler Visualisierung fetaler Zielstrukturen erhöht. So sank die Rate an komplettierter sonografischer Feindiagnostik von 68 % bei Normalgewichtigen auf 30 % mit einer morbiden Adipositas (BMI > 40 kg/m2) ab, insbesondere betraf dieses kardiale und kraniofaziale (Mittellinien-)Strukturen. Die Häufigkeit von zusätzlichen Scans steigt mit gradueller Zunahme der Adipositas an – mit erheblichen gesundheitsökonomischen Folgen. Zu verbesserten Visualisierungs- und Diagnoseraten könnte ein sequenzieller Ansatz mit der Kombination eines Früh-Ultraschalls (13+0 bis 15+6 SSW) mit einer detaillierten Organdiagnostik (18. bis 24. SSW) führen. Der optimale Zeitraum für die gezielte sonografische Diagnostik bei Schwangeren mit erhöhtem BMI wird vom ACOG mit 18. bis 20. SSW angegeben.[3] In Einzelfällen, bei erheblich limitiertem akustischen Fenster, ist auch ein späterer Zeitpunkt zu rechtfertigen. Auch empfiehlt sich neben einem geeigneten Zeitfenster, niedrigfrequenter Schallsonden, Lagerungsmanövern und Anwendung von geräteseits einstellbaren Prä- und Postprocessing-Filtern die Nutzung anatomisch günstigerer Einschallmöglichkeiten. So kann alternativ die Nabelregion mit anatomisch ausgedünnter Bauchdecke die Darstellung des Feten verbessern, ggf. auch transumbilikaler Einsatz einer Vaginalsonde. Erfolgt dieses bei gefüllter Harnblase, kann zusätzlich eine entsprechende Kranialisierung des graviden Uterus erreicht werden.
Die nachhaltige Beeinträchtigung der Bildqualität bei erhöhtem maternalen BMI zeigt sich insbesondere bei der sonografischen Diagnostik im Rahmen des ETS. Hier konnte in einigen Arbeiten gezeigt werden, dass sowohl die midsagittale Schnittführung zur NT-Messung als auch die korrekte Einstellung des fetalen Nasenbeins mit zunehmendem BMI signifikant erschwert ist und selbst bei wiederholten Versuchen keine adäquate Visualisierung zu erreichen war. Hinzu kommt, dass bei adipösen Schwangeren die Konzentrationen von ß-hCG und PAPP-A infolge erhöhter Serumdilution vermindert sind. In ähnlicher Art und Weise wird die im Rahmen der NIPT von cfDNA im maternalen Blut wesentliche fetal fraction negativ beeinflusst, mit konsekutivem Anstieg der nicht-auswertbaren Testergebnisse (no call results). Das diagnostische Dilemma besteht v. a. darin, dass auch im Falle fetaler Aneuploidien aufgrund einer dysfunktionellen Plazenta die fetal fraction vermindert ist (insbesondere für autosomale Trisomien 13/18). Eine Optimierung der fetal fraction durch eine später terminierte NIPT bei adipösen Schwangeren konnte bislang in Studien nicht belegt werden, ebenso wenig scheint eine Neutestung bei diesen Schwangeren empfohlen zu sein.[5]
Neben der exakten Gewichtsbestimmung sollte jede Schwangere bei Erstvorstellung über die empfohlene Gewichtszunahme in graviditate individuell aufgeklärt werden.[6] Die Auswertung US-amerikanischer Studienergebnisse konnte hierzu zeigen, dass nahezu 50 % der Schwangeren deutlich mehr als das empfohlene Gewicht im Rahmen ihrer Schwangerschaft zunahmen (1%ige Zunahme pro Jahr im Beobachtungszeitraum). Adipöse Schwangere tragen ein signifikant erhöhtes Risiko für frühe und habituelle Aborte. Dieses Risiko ist unabhängig vom jeweiligen Konzeptionsmodus und scheint sogar für Schwangerschaften nach Oozytendonation zuzutreffen. Interessant in diesem Kontext ist auch die Beobachtung, dass bei der humangenetischen Aufarbeitung des Abortmaterials adipöser Schwangerer signifikant häufiger ein euploider Karyotyp gefunden werden kann als bei normalgewichtigen Frauen. Auch das Risiko eines intrauterinen Fruchttodes steigt bei erhöhtem maternalen Gewicht mit jeder BMI-Klasse an, am deutlichsten zeigt sich dieses nach der vollendeten 39. SSW. Die exakten pathophysiologischen Zusammenhänge sind noch weitestgehend unklar. Eine multifaktorielle Genese ist anzunehmen, so gelten plazentare Veränderungen (dysfunktionell, inflammatorisch) im Zusammenspiel mit metabolischen und hormonellen Störungen als wesentliche Mediatoren. Je nach Studie, scheint sich eine Gewichtsreduktion präkonzeptionell oder bis zur 28. SSW eher günstig auf das individuelle IUFT-Risiko auszuwirken. Auch bei Schwangeren mit einem Gestationsdiabetes ist eine entsprechende Risikoerhöhung beschrieben, was unterstreicht, dass bei konkomitantem Auftreten beider Störungen eine Anpassung des vorgeburtlichen Managements zwingend erfolgen muss. Letzteres gilt auch im Hinblick auf das nachweislich erhöhte Präeklampsie-Risiko (insbesondere für eine Late-onset-PE) für adipöse Schwangere, was bei gleichzeitigem Diabetes mellitus eine zusätzliche Potenzierung erfährt. Ein frühzeitiges Screening auf eine gestörte Glucosetoleranz ist daher bei diesen Schwangeren dringend anzuraten.
Eines der Kernthemen der vorgeburtlichen Überwachung ist die korrekte Bestimmung des fetalen Gewichts, um eine fetale Wachstumsrestriktion mit entsprechend erhöhtem Risiko für deletäre Schwangerschaftskomplikationen wie einen IUFT genauso feststellen zu können wie eine fetale Makrosomie mit u. a. potenziell fatalen geburtsmechanischen Folgen. In einem systematischen Review wurde für adipöse Schwangere das Risiko für ein Geburtsgewicht von > 4.000 g mit einer OR von 2,17 (95 %-KI: 1,92–2,45) bzw. für ein Geburtsgewicht von > 4.500 g mit einer OR von 2,77 (95 %-KI: 2,22–3,45) angegeben.[7]
Den Daten der HAPO-Studie zufolge betrug die Häufigkeit einer Makrosomie bei normalgewichtigen Schwangeren ohne einen Gestationsdiabetes (GDM) 6,7 %, kam ein GDM hinzu, lag diese bei 10,2 %, waren diese Frauen zudem adipös, trat in mehr als 20 % eine Makrosomie auf. Die Auswirkungen eines erhöhten maternalen BMI auf die fetale Gewichtsschätzung werden in der Literatur kontrovers diskutiert. Akzeptiert ist jedoch die Empfehlung, dass bei maternaler Adipositas und fetaler Makrosomie auf spezielle Schätzformeln zurückgegriffen werden sollte, auch volumetrische Ansätze zur exakteren fetalen Gewichtsschätzung scheinen von Vorteil zu sein. In Ermangelung deutschsprachiger Richtlinien zum Umgang mit einer maternalen Adipositas kann in Anlehnung an die von der Deutschen Diabetesgesellschaft (DDG) ausgegebenen Praxis-Richtlinien zur Überwachung von Schwangeren mit einem Diabetes mellitus abgeleitet werden, dass ab der 24. SSW alle 2–4 Wochen eine Biometrie (sinnvollerweise in Kombination mit einer Doppleruntersuchung) erfolgen sollte, bei Auffälligkeiten ggf. auch häufiger. Eine Anbindung an ein Perinatalzentrum ist dringend zu empfehlen. Ein Vergleich von vier nationalen Leitlinien, der unlängst publiziert wurde, zeigte im Wesentlichen ähnliche Empfehlungen zum Management der maternalen Adipositas. Nur in wenigen Punkten konnte kein Konsens festgestellt werden (u. a. Vitamin- D-Supplementierung und Applikation von Iodid).[8] Empfehlungen zu medikamentösen therapeutischen Ansätzen gibt es demnach nicht.
Laut ACOG gibt es keine ausreichende Evidenz, die eine objektivierbare Optimierung des perinatalen Outcomes durch eine speziell auf adipöse Schwangere ausgerichtete vorgeburtliche und peripartale Überwachung belegen kann. Dennoch haben übergewichtige und adipöse Frauen bei der Kreißsaalaufnahme signifikant häufiger erhöhte systemische Blutdruckwerte. Ein adäquates RR-Monitoring ist, wenn überhaupt, nur mit entsprechend großen Blutdruckmanschetten möglich. In gleichem Maße wie die sonografische Überwachung des Feten durch eine maternale Adipositas eingeschränkt ist, so sind im Regelfall auch die Möglichkeiten der Registrierung der fetalen Herzfrequenz im CTG und damit die fetale Zustandsüberwachung deutlich limitiert. Adipöse Schwangere haben neben dem bereits erwähnten IUFT- und Frühgeburtsrisiko auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Reihe von peri- und subpartualen Problemsituationen. Frauen mit einem erhöhten BMI werden signifikant häufiger eingeleitet, zeigen ebenso häufig einen prolongierten und/oder frustranen Spontangeburtsversuch. Die Sectiorate bei adipösen ist gegenüber normalgewichtigen Schwangeren erhöht. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch die Tatsache, dass eine erfolgreiche Spontangeburt bei Z. n. Sectio invers mit dem BMI korreliert ist. Hierüber sind die Schwangeren im Rahmen der Geburtsplanung in Kenntnis zu setzen. In gleichem Maße sollten die Schwangeren über die erhöhten OP-Risiken (u. a. Wundheilungsstörungen, Infektions-, Blutungsrisiko) und anästhesiologische Probleme (z. B. Intubationsprobleme, frustrane Punktionen zur Regionalanästhesie) informiert werden.[9] Ab einem BMI von > 40 kg/m2 empfiehlt das RCOG daher eine präoperative anästhesiologische Vorstellung. Hinsichtlich einer Thromboseprophylaxe sind die Empfehlungen in Kenntnis der unzureichenden Studienlage nicht einheitlich. Das RCOG sieht bei adipösen Schwangeren risikoadaptiert einen Vorteil in der Gabe von niedermolekularem Heparin über 1–6 Woche(n) nach Entbindung (s. Tab. 2). Aufgrund der überwiegend günstigen Auswirkungen auf Mutter und Kind sollten adipöse Mütter zum Stillen angehalten werden.
Fazit
Die weltweite Zunahme der Adipositasprävalenz lässt sich auch an der Zahl übergewichtiger und adipöser Schwangerer ablesen und stellt für den betreuenden Frauenarzt eine besondere Herausforderung dar. Das (vor-)geburtliche Dilemma besteht darin, dass erhöhte fetomaternale Risikokonstellationen (u. a. Fehlbildungsrisiko, Abort-, IUFT-Risiko, hypertensive Schwangerschaftserkrankungen) mit eingeschränkten Möglichkeiten der sonografischen Diagnostik und des Aneuploidie-Screenings vergesellschaftet sind. Dem potenzierenden Effekt einer maternalen Adipositas und zusätzlichem Diabetes mellitus („Diabesity“), u. a. für das Präeklampsie-Risiko, sollte in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung beigemessen werden. Adipöse Schwangere sollten bereits frühzeitig an ein Perinatalzentrum angebunden und im Vorfeld der Entbindung interdisziplinär betreut werden. Generelle Empfehlungen zum Geburtsmodus und medikamentösen Begleittherapien existieren nicht und sollten in Abhängigkeit von evtl. Komorbiditäten individuell angepasst werden.
Der Autor
PD Dr. med. Jan Weichert
Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
UKSH, Campus Lübeck
Ratzeburger Allee 160
23538 Lübeck
[1] Sebire NJ et al., Int J Obes Relat Metab Disord 2001; 25: 1175 –1182
[2] Persson M et al., Brit Med J 2017; 357: j2563
[3] ACOG Practice Bulletin No 156: Obstet Gynecol 2015; 126: e112–126
[4] Weichert J et al., J Clin Ultrasound 2011; 39: 209–216
[5] Rose NC, Clin Obstet Gynecol 2016; 59: 140–147
[6] Institute of Medicine and National research Council of The National Academies. Weight gain during pregnancy. Nat Acad Press; 2009
[7] Gaudet L et al., J Obstet Gynaecol Can 2014; 36: 776–784
[8] Vitner D et al., J Matern Fetal Neonatal Med 2018; 26: 1–11
[9] Catalano PM et al., Brit Med J 2017; 356: j1. doi: 10.1136/bmj.j1
[10] Centre for Maternal and Child Enquiries. Management of Women with Obesity in Pregnancy, 2010
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