In der Adipositastherapie bringen Ernährungsumstellung und Bewegung allein häufig keinen dauerhaften Erfolg, daran erinnerten Expertinnen und Experten bei einer Pressekonferenz. Ein effektives Gewichtsmanagement sei dennoch oftmals ohne bariatrische Operation möglich: mit inkretinbasierten Medikamenten wie Tirzepatid.
„Adipositas ist kein Lebensstilproblem, sondern eine chronische Erkrankung“, betonte Dr. med. Arya M. Sharma (Berlin). Die Ursachen seien komplex: Nicht nur Essverhalten und Sport spielten eine Rolle, sondern auch die genetische Prädisposition sowie die sozialen Verhältnisse. Lebensstilmaßnahmen seien zwar geeignet, das Körpergewicht (KG) zu reduzieren; der langfristige Erfolg liege jedoch im Schnitt nur bei 3–6 kg [1], weil rasch eine hormonelle Gegensteuerung einsetze.
Kombinierter GLP-1-/GIP-Rezeptoragonist
Als effektiv haben sich Wirkstoffe erwiesen, die auf das Inkretinsystem abzielen, berichtete Prof. Dr. med.Susanne Reger-Tan (Essen). Sie präsentierte das SURMOUNT-Studienprogramm zu Tirzepatid, einem Agonisten der Rezeptoren für Glucagon-like Peptid 1 (GLP-1) und für glucoseabhängiges insulinotropes Peptid (GIP) [2].
So wurden in der Phase-III-Studie SURMOUNT-1 insgesamt 2 539 übergewichtige oder adipöse Erwachsene ohne Diabetes auf Tirzepatid 15 vs. 10 vs. 5 mg vs. Placebo randomisiert, zusätzlich zur multimodalen Basistherapie. Nach 72 Wochen war ihr mittleres Körpergewicht um 22,5 vs. 21,4 vs. 16,1 vs. 2,4 % reduziert. Eine Gewichtsreduktion um ≥ 10% schafften 90,1 vs. 85,9 vs. 73,4 vs. 13,5 % der Betroffenen. Unter 15 mg Tirzepatid sank das KG sogar bei 62,9 % der Erkrankten um ≥ 20 % und bei 39,7 % um ≥ 25 %; man sah also „Therapiegrößen, wie wir sie sonst nur von der bariatrischen Chirurgie kennen“, so Reger-Tan. Auch kardiometabolische Verbesserungen wurden beobachtet. Häufigste unerwünschte Wirkung war Übelkeit, vor allem zu Beginn [3].
Kosten und Nutzen ganzheitlich bewerten
Dr. med. Sylvia Weiner (Offenbach) betonte: „Jeder Arzt oder Ärztin kann ‚seine‘ Adipösen schon per Blickdiagnose identifizieren und sollte ihnen eine Behandlung – auch mit Medikamenten – anbieten.“ Bei der Aufklärung zur Tirzepatid-Behandlung gehe es um die Notwendigkeit der Gewichtsreduktion, die Injektionstechnik, den erreichbaren Effekt, aber auch um die ggf. anfallenden Kosten, wenn die Patienten und Patientinnen keinen komorbiden Typ-2-Diabetes haben. „Den Kosten für die Selbstzahlerleistung sollte man die Kosten für andere Maßnahmen der Gewichtsreduktion, etwa für Formula-Diäten oder die lebenslange Vitamingabe nach einer bariatrischen OP, gegenüberstellen“, gab Weiner zu bedenken. So könnten die Betroffenen abwägen und eine wohlbegründete Entscheidung treffen.
Virtuelle Pressekonferenz „Gewichtsmanagement neu definiert – mit Mounjaro®“ (Veranstalter: Lilly Deutschland GmbH), Februar 2024