Die Bedeutung von Vitamin D für den Knochenstoffwechsel ist seit Jahrzehnten bekannt. Eine ausreichende Versorgung senkt das Risiko für Stürze und Frakturen bei Älteren. Doch viele Menschen haben im Alter keinen ausreichenden Vitamin-D-Status.
Die Ergebnisse einer Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) zeigen, dass ein Großteil der älteren Bevölkerung niedrige Vitamin-D-Spiegel aufweist. Bei 69,9 % der weiblichen und bei 62,6 % der männlichen 65- bis 79-Jährigen liegt die Konzentration von 25-Hydroxy-Vitamin-D (25(OH)D) im Blutserum unter dem Zielwert von 50 nmol/l. 30 % der Erwachsenen zwischen 65 und 79 Jahren (32,9 % der Frauen, 26,6 % der Männer) sind sogar mit Serumblutwerten unter 30 nmol/l nur mangelhaft mit Vitamin D versorgt.[1] Des Weiteren zeigt sich bei Bewohnern von Pflegeheimen eine hohe Prozentzahl an Personen mit Vitamin-D-Mangel.[2]
Nur wenige Lebensmittel, wie zum Beispiel Speisefische mit einem hohen Fettanteil oder Pilze, enthalten Vitamin D in nennenswerten Mengen. Der Großteil des Vitamin-D-Bedarfs wird daher unter UV-B-Lichtexposition in der Haut gebildet. Bei fehlender Sonnenbestrahlung wird die Einnahme eines Vitamin-D-Präparats empfohlen.[3] Der aktuelle Schätzwert für eine angemessene Vitamin-D-Zufuhr bei fehlender endogener Synthese liegt bei 20 μg/Tag (1 μg = 40 Internationale Einheiten, IE).[4,5] Vitamin D wird unter Einwirkung der UV-B-Strahlen aus der in der Haut vorkommenden Vorstufe 7-Dehydrocholesterol gebildet. Mit zunehmendem Alter nimmt die Vitamin-D-Synthesefähigkeit der Haut signifikant ab und kann bis zu 50 % reduziert sein (Abb.). Dabei gilt neben der altersbedingten Abnahme der Hautdicke ein verminderter 7-Dehydrocholesterolgehalt als möglicher Grund.[5] Im Alter werden meist wenig Vitamin-D-haltige Lebensmittel verzehrt. Zudem ist eine verminderte Vitamin-D-Aufnahme auch durch einen geringen allgemeinen Nahrungsmittelverzehr bedingt. Immobilität, Behinderung sowie kognitive Einschränkungen führen des Weiteren zu einer selteneren Sonnenexposition und damit zu stärkerem Vitamin-D-Mangel.[6] Weitere Risikofaktoren sind chronische Magen-Darm-, Leber- oder Nierenerkrankungen beziehungsweise Medikamente, die den Vitamin-D-Stoffwechsel beeinträchtigen (z. B. Antiepileptika oder Zytostatika).[3]
Eine wichtige Funktion von Vitamin D im Körper ist die Beteiligung am Knochenstoffwechsel.[3] Ein schwerer und anhaltender Vitamin-D-Mangel kann unter anderem zur Erweichung von Knochen und Verformungen des Skeletts führen und im höheren Alter zur Entstehung von Osteoporose beitragen.[3] Dem Report der Internationalen Osteoporose Stiftung (IOF) zufolge sind in Deutschland aktuell fünf Millionen Menschen von Osteoporose betroffen. Mit rund 765.000 neuen Knochenbrüchen, die 2017 in Deutschland auftraten, sind Fragilitätsfrakturen ein wesentliches Hindernis für gesundes Altern. Sie beeinträchtigen die Unabhängigkeit und Lebensqualität von Frauen und Männern mit Osteoporose.[7] Die IOF empfiehlt älteren Menschen über 60 Jahre, täglich 800 bis 1.000 IE Vitamin D (20–25 µg) zu supplementieren. Dadurch kann das Risiko für Stürze und Frakturen um etwa 20 % gesenkt werden.[8] Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt älteren Personen (≥ 65 Jahre) eine tägliche Zufuhr von mindestens 800 IE (20 μg) Vitamin D. Nach Meinung der Autoren geht eine Supplementierung von Vitamin D bzw. ein guter Vitamin-D-Status bei Älteren mit überzeugender Evidenz mit einem verringerten Risiko für Stürze und Frakturen einher. Mit wahrscheinlicher Evidenz verringert eine gute Vitamin-D-Versorgung bei Älteren außerdem das Risiko für Funktionseinbußen des Bewegungsapparates (Kraft, Mobilität, Gleichgewicht) und senkt das Risiko für vorzeitigen Tod.[2]
In einer 2017 veröffentlichten Metaanalyse zu insgesamt 32.686 älteren Menschen wurde durch die kombinierte Gabe von Vitamin D mit Calcium ein signifikanter Effekt hinsichtlich der Reduktion des Sturzrisikos festgestellt. Durch alleinige Vitamin-D-Supplementierung war kein signifikanter Effekt erkennbar.[9] Auch laut einer Übersichtsarbeit der Cochrane Collaboration ist durch die alleinige Gabe von Vitamin D ein positiver Effekt hinsichtlich Frakturen bei Älteren wenig wahrscheinlich. Jedoch kann Vitamin D in Kombination mit Calcium Frakturen verhindern.[10] In der aktuell gültigen DVO-Leitlinie zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern wird daher empfohlen, die Zufuhr einer ausreichenden Menge an Calcium und Vitamin D sicherzustellen. Angeraten wird eine Zufuhr von 1.000 mg/Tag Calcium und 800 IE/Tag Vitamin D über die Ernährung. Wird die empfohlene Menge nicht sicher erreicht, sollten Supplemente eingenommen werden. Dabei wird die isolierte Zufuhr von Vitamin D nicht empfohlen.[11] Auch in der S3-Leitlinie zum Mammakarzinom wird als präventive Therapie des Knochenverlustes die Vermeidung eines Vitamin-D-Mangels sowie eine ausreichende Calciumaufnahme nahegelegt.[12]
Da ältere Menschen als Risikogruppe für einen Vitamin-D-Mangel gelten, sollten bei Verdacht auf einen Mangel das 25(OH)D sowie weitere relevante Parameter des Knochenstoffwechsels bestimmt werden, um gegebenenfalls eine adäquate Vitamin-D-Supplementierung zu initiieren.
Die Autorin
Dr. phil. nat. Miriam Neuenfeldt
Wissenschaftliche
Autorin & Referentin
18439 Stralsund
[1] Rabenberg M et al., BMC Public Health 2015; 15: 641
[2] www.dge.de/fileadmin/public/doc/ws/stellungnahme/DGE-Stellungnahme-VitD-111220.pdf
[3] Rabenberg M, Mensink GBM, J Health Monitoring 2016; 1(2), DOI 10.17886/RKI-GBE-2016-036
[4] www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-d/
[5] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE), Ann Nutr Metab 2012; 60: 241–246
[6] www.gesundheitsamt.bremen.de/vitamin_d_mangel_im_alter-4171
[7] http://share.iofbonehealth.org/EU-6-Material/PressReleases/Broken-Bones-Broken-Lives-Press-Release-Germany.pdf
[8] www.iofbonehealth.org/osteoporosis-musculoskeletal-disorders/osteoporosis/prevention/vitamin-d
[9] Wu H et al., Orthopade 2017; 46(9): 729–736
[10] Avenell A et al., Cochrane Database Syst Rev 2014; (4): CD000227
[11] Langfassung-AWMF-Register-Nr.: 183/001
[12] AWMF-Register-Nr.: 032–045OL
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