Die bariatrische Operation ist eine besonders effektive Maßnahme zur Gewichtsreduktion bei Adipösen. Damit gehen auch günstige Veränderungen metabolischer Parameter einher. Spielt es dabei eine Rolle, ob adipöse Individuen mit Typ-2-Diabetes leben oder nicht davon betroffen sind?
In der Therapie von Adipositas und Typ-2-Diabetes (T2D) stellen die Reduktion von Körpergewicht und die Verbesserung der Insulinsensitivität wichtige Ziele dar. Die bariatrische Operation gilt diesbezüglich als hoch effektive Maßnahme. Zudem reduziert sie Hyperglykämien und bewirkt damit hohe Raten an Diabetes-Remissionen.
Der Skelettmuskel spielt für die Insulin-stimulierte Glucoseaufnahme die wichtigste Rolle und ist somit zentraler Faktor für die Entwicklung von Insulinresistenz im ganzen Körper bei Adipösen und Menschen mit T2D. Schon zuvor konnten wir zeigen, dass die Verbesserung der Insulinsensitivität nach einem OP-bedingten Gewichtsverlust mit dynamischen Veränderungen der Expression von im Calcium-/Lipid-Metabolismus und an der mitochondrialen Funktion involvierten Genen einhergeht. Außerdem beeinflusst die bariatrische OP die DNA-Methylierungsprofile. Unklar blieb jedoch, ob die chirurgische Intervention dieselben oder unterschiedliche molekulare Veränderungen bei Adipösen mit und ohne T2D (auf die Skelettmuskulatur) bewirkt – der Gegenstand unserer Untersuchung [1].
Studiendesign
Wir, d. h. Forschende des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) und des DIfE, schlossen 26 Adipöse ein (Probanden der prospektiven Kohortenstudie BARIA-DDZ; 13 ohne T2D und 13 mit) und fokussierten uns auf Daten wie Gewicht, Größe, BMI, Nüchternglucose, Blutglucose, Insulin, unveresterte Fettsäuren (NEFA), hoch sensitives C-reaktives Protein (hsCRP), die Ganzkörper-Insulinsensitivität (hauptsächlich Skelettmuskulatur) und die Insulinsensitivität im adipösen Gewebe vor und 1 Jahr nach der OP. Die untersuchte RNA und DNA stammte aus Biopsaten des M. vastus lateralis.
Bedeutende Unterschiede
Vor der OP hatten beide Gruppen vergleichbare Werte bezüglich BMI, Nüchtern-NEFA und hsCRP, diejenigen mit T2D hatten höhere Werte für HbA1C, Nüchternglucose sowie Insulin als diejenigen ohne. In der Gruppe ohne T2D war die Insulinsensitivität um 52 % höher als bei den anderen. Nach 52 Wochen zeigten beide Gruppen eine Reduktion der Werte von BMI, HbA1C, Nüchterninsulin, Nüchternglucose, hsCRP und eine Verbesserung der Insulinsensitivität. Die Gewichtsreduktion betrug bei denen mit T2D 29 %, bei denen ohne 35 %. Nur in der T2D-Gruppe zeigte sich eine Erhöhung der Insulin-stimulierten NEFA-Suppression. Trotz der metabolischen Verbesserungen blieben die Werte für HbA1C und Nüchternglucose in der T2D-Gruppe höher.
Um die hauptsächlichen Unterschiede im Skelettmuskulatur-Transkriptom darzustellen, führten wir paarweise und ungepaarte Vergleiche durch. Letztere dienten der Berechnung der Veränderungen bei den exprimierten Genen (DEG), die transkriptionalen Auswirkungen wurden jedoch in paarweisen Vergleichen identifiziert. Die bioinformatischen Analysen ergaben starke Unterschiede der Expressionsprofile zu Woche 0 (2 692 DEG ohne T2D vs. mit; ungepaart q < 0,05) sowie zu Woche 52 (2 343; q < 0,05; Abb.). Die Genexpressions-Analyse wies auch auf Unterschiede zwischen den hoch- und herunterregulierten Genen hin: 62 % der betroffenen Gene wurden hochreguliert bei denen ohne T2D (38 % herunterreguliert) vs. 82 % bei denen mit T2D (18 % herunterreguliert). Insgesamt wurde der größere Effekt bei denen ohne T2D beobachtet: 1 751 Gene blieben signifikant verändert vs. 381 bei denen mit T2D.
Zudem erwies sich, dass die über das Jahr hochregulierten Gene bei denen ohne T2D mit Signalwegen wie bei der nicht alkoholischen Fettleber, der oxidativen Phosphorylierung und der mitochondrialen Funktion assoziert waren, die herunterregulierten waren stark angereichert in der Thyreoidea, in Peroxisom-Proliferator-aktivierten Rezeptoren (PPAR) und in den Insulin-Signalwegen. Bei Menschen mit T2D waren die hochregulierten DEG assoziert mit Genen, die in Spleißosom- und Ribosom-Funktionen involviert sind. Für die herunterregulierten DEG konnten hier keine relevanten Verbindungen gefunden werden.
Darüber hinaus zeigte sich, dass der Methylierungseffekt der OP auf die Skelettmuskulatur-DNA bei den Individuen mit T2D geringer ausfiel als bei denen ohne. Die daraufhin erfolgte Bestimmung von TET2, einem Enzym, das die Demethylierung katalysiert, ergab vor der OP und 1 Jahr danach geringere Level bei den Personen mit T2D. Bezüglich der Hydroxymethylierung (gilt als erster Schritt der Demethylierung) beobachteten wir vor der OP einen höheren Level bei Adipösen mit T2D, der auch nach der OP stärker anstieg als bei denen ohne T2D. Das lässt vermuten, dass mit T2D der Demethylierungsprozess unterbrochen wurde, was schließlich zu einer geringeren epigenetischen Flexibilität führte.
Auf eine bariatrische OP reagiert das Transkriptom des Skelettmuskels bei Adipösen ohne und mit T2D unterschiedlich. Dies könnte durch eine geschwächte epigenetische Flexibilität aufgrund einer stärkeren Hydroxymethylierung und einer geringeren Expression des Demethylierungsenzyms TET2 im Skelettmuskel bei den Individuen mit T2D bedingt sein.
Die Autorin
Dr. rer. nat. Meriem Ouni
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke
Bildnachweis: privat