Die Transthyretin-Amyloidose mit kardialer Myopathie (ATTR-CM) ist progredient und unbehandelt innerhalb weniger Jahre tödlich. Das Wissen um Red Flags für eine frühe Diagnose und ein Wirkstoff, der die Bildung der schädigenden Amyloidfibrillen einschränkt, verändern gerade die Perspektive.
Alterung und pathogene Mutationen können die funktionalen TTR-Tetramere destabilisieren. Sie dissoziieren in Monomere, falten sich fehl und bilden unlösliche Amyloidfibrillen, die sich irreversibel in Geweben ablagern. Beispielsweise versteift und verdickt dieser Prozess die Herzkammerwand und verursacht so eine infiltrative, restriktive Kardiomyopathie. Global sind rund 400 000 Menschen an ATTR-CM erkrankt, größtenteils unterdiagnostiziert. In Deutschland leben rund 3 500 überwiegend ältere Menschen (≥ 65 Jahre) mit der Diagnose.
Bei Älteren gehörten u. a. die spontane Bizepssehnenruptur und v. a. das bilaterale Karpaltunnelsyndrom zu den extrakardialen Red Flags. Letzteres trete häufig Jahre vor der Herzinsuffizienz auf, erklärte PD Dr. med. Teresa Trenkwalder (München). Weitere häufige extrakardiale Zeichen seien eine beidseitige sensomotorische Polyneuropathie, die in den Unterschenkeln/Füßen beginnt, orthostatische Hypotonie, Diarrhö oder Obstipation, erektile Dysfunktion, Glaukom und intravitreale Ablagerungen. Dieses Wissen müsse man in die Breite tragen, denn die Amyloid-Ablagerungen lassen sich bisher nicht revidieren, aber bei früher Diagnose effektiv ausbremsen.
Krankheit verlangsamen
Das von der Europäischen Kommission nun zugelassene Acoramidis ziele auf den zentralen Krankheitsmechanismus ab, die Destabilisierung des TTR-Tetramers, berichtete Prof. Dr. med. Fabian Knebel (Berlin). Der oral einzunehmende Wirkstoff hatte positive Ergebnisse in der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie ATTRibute-CM erbracht. Dies eröffne eine neue Therapieoption, die das TTR-Tetramer fast vollständig stabilisiere und die Krankheitsprogression verlangsame, erläuterte Trenkwalder.
In der Phase-III-Studie mit 632 randomisierten Patienten und Patientinnen mit ATTR-CM war Acoramidis gut verträglich und in der Wirksamkeitsanalyse Placebo klinisch überlegen, und zwar in allen relevanten Subgruppen. Die durchschnittlich 78 Jahre alten Teilnehmenden profitierten schnell und bis zum 30. Monat hinsichtlich des kombinierten Endpunkts aus Gesamtmortalität und kardiovaskulären Hospitalisierungen (CVH). Deutliche Vorteile hinsichtlich kardiovaskulärer Endpunkte hatten sich bereits 3 Monate nach Therapiebeginn gezeigt. Auch sekundäre Endpunkte wurden positiv beeinflusst: Die Rate der jährlichen CVH sank in der Acoramidis-Gruppe um die Hälfte. Zudem hatte Acoramidis den TTR-Serumspiegel nach 30 Monaten verglichen mit Placebo signifikant und anhaltend gesteigert.
Post-hoc-Analysen zufolge hatten 40 % der Behandelten nach 30 Monaten unter Acoramidis ihre 6-Minuten-Gehstrecke steigern können, unter Placebo waren es 22 %. Auch war unter Verum die Lebensqualität bei 31 % der Behandelten gestiegen und das Gesamtmortalitätsrisiko in der offenen Verlängerungsphase nach 42 Monaten um 34 % zurückgegangen.
Online-Pressekonferenz „Fortschritte bei der ATTR-CM – Beyonttra® (Acoramidis) entwickelt, um Patienten optimal zu stabilisieren!“ (Veranstalter: Bayer AG), Februar 2025