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Sonderredaktion

Serie Teil 1 Hormonangst

Fakten und Mythen zur Kontrazeption

In den vergangenen Jahren haben wir im Fernsehen, in Zeitschriften und sozialen Medien ein regelrechtes Hormon-Bashing erlebt. Betraf es anfangs vor allem die Hormonersatztherapie, steht jetzt die hormonelle Kontrazeption unter Feuer. Mit der Folge, dass die Zahl der ungewollten Schwangerschaften steigt. Für Frauenärzte gilt es, die Fakten in der Beratung zu erläutern und Mythen zu enttarnen.

 In der endlosen Diskussion über die hormonalen Kontrazeptiva wird häufig der Eindruck vermittelt, Gynäkologen verschreiben jeder Frau die Pille ungefragt und unkritisch. Mit der Folge, dass für Zigtausende von Anwenderinnen das Risiko für Thrombosen, Depressionen und sogar Brustkrebs sprunghaft ansteigt, während im Bett nur noch gähnende Langeweile herrscht. Denn die Hormone haben die Libido völlig ruiniert.

Die größte Herausforderung auf dem Weg, solche Vorurteile zu zerstreuen, ist der unterschiedliche Kenntnisstand der Patientinnen. Zudem gilt es, die verschiedenen Lebenssituationen der Patientinnen zu berücksichtigen. Bei der Erstvorstellung in der „Mädchensprechstunde“ stehen neben der Kontrazeption häufig spezifische Probleme im Vordergrund, die mit der hormonellen Umstellung einhergehen. Dazu gehören Blutungsstörungen und Akne als typischer Androgenisierungseffekt. Hier können kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK) einen echten Zusatznutzen haben, viele junge Frauen sind aber so verunsichert, dass eine ergebnisoffene Diskussion kaum möglich ist.

Die Infokarte Kontrazeption informiert sachlich und verständlich über alle Aspekte, etwa das Thromboserisiko.

Diese Mythen sind weitverbreitet

Besonders groß ist die Furcht der Anwenderinnen vor der Pille als Lustkiller. Gerade junge Frauen haben eine – ebenfalls durch die Medien getriggerte – unrealistische Vorstellung vom Sex: größer, höher, weiter … Und wenn die ersten sexuellen Erfahrungen dann so gar nicht den riesigen Erwartungen entsprechen, wird das gerne auf die Kontrazeption zurückgeführt. Ein kausaler Zusammenhang ist zwar tatsächlich möglich und abhängig von der Partialwirkung des eingesetzten Gestagens. Andere Faktoren haben häufig einen viel größeren Einfluss auf die Libido. Etwa die Wahl des richtigen Partners. Aber das wird nicht so ­gerne hinterfragt. Dann hilft oft die Empfehlung, die Pille einmal testweise für zwei Monate abzusetzen, auch wenn beim „Neustart“ des KOK wieder ein erhöhtes Thromboserisiko besteht. In der Regel hört man danach, dass sich nichts geändert hat. Dann sollte man mit der Patientin über ihre sexuellen Empfindungen und Wünsche sprechen. Und Patientinnen, die nach Jahren mit dem Wunsch nach Absetzen der Pille kommen, sollte man nicht nur nach dem „Warum?“ fragen, sondern auch retrospektiv die Zusatzfrage stellen, warum sie die Pille überhaupt haben wollte. Das erinnert viele Patientinnen an sexuell zufriedenstellende Jahre. Gerade im vergangenen Jahr war das Thromboserisiko wieder in den Schlagzeilen, losgetreten durch eine Analyse dänischer Registerdaten im Lancet. Fazit der Laienpresse: Die Pille macht Thrombosen. ­Natürlich ist es so, dass kombinierte orale Kontrazeptiva das Thromboserisiko erhöhen. Nur ist diese Problematik jedem Gynäkologen bewusst. In Abhängigkeit vom Gestagen unterscheiden wir drei Risikogruppen, und Checklisten zum Abklären des Thromboserisikos gehören zum Standard jeder guten Kontrazeptionsberatung.

Ähnlich verhält es sich beim Krebsrisiko. Der ­Mythos „Die Pille macht Krebs“ ist genauso unsinnig wie falsch. Denn estrogenhaltige Pillen schützen nachweislich vor Endometrium- und Ovarialkarzinomen. Allein beim Brustkrebs ist die Sache nicht so eindeutig, hier ist das Risiko tatsächlich individuell zu beurteilen, aber auch dafür gibt es Leitlinien und Checklisten. Vor rund zwei Jahren waren Depressionen das ­große Thema. Eine dänische Registerstudie hatte einen Zusammenhang zwischen Pilleneinnahme und Suizidalität postuliert und berichtete von einer erhöhten Suizid- als auch Suizidversuchsrate, vor allem die Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen. ­Diesem Beitrag vorausgegangen war ein Artikel der gleichen Arbeitsgruppe zum Zusammenhang ­zwischen hormoneller Kontrazeption und Inzidenz einer Depression von 2016. Aus frauenärztlicher Perspektive flossen die Ergebnisse der beiden Studien in die Empfehlung ein, bei jungen Frauen einige Monate nach Beginn der Pilleneinnahme die Häufigkeit und Schwere ­depressiver Symptome zu erfassen. Medial war dagegen nur „Die Pille macht Depressionen“ zu lesen – ohne auch nur zu hinterfragen, welche anderen Lebensereignisse in dieser Zeit beginnender sexueller Aktivität eine Rolle spielen.

Beratung gegen „Fake News“

Leider gibt es keinen Königsweg der Beratung. Die WHO-Leitlinie „Selected practice recommendations for contraceptive use“ und die deutsche S3-Leitlinie zur Kontrazeption sind ein guter Start. Setzt man den Wunsch nach sicherer Kontrazeption als Grund­lage des Beratungsgesprächs voraus, müs­sen wir die Patientin im nächsten Schritt dort ­abholen, wo sie steht. Das kann auch heißen, dass wir Vorurteile zerstreuen und „Fake News“ geraderücken müssen. Erst dann können wir objektiv beraten: Hat die Patientin den Wunsch nach einer bestimmten Methode? Wie sieht ihr Risikoprofil aus? Gibt es einen realisierbaren Zusatznutzen? Leidet sie unter zyklusabhängigen Beschwerden, die man hormonell behandeln könnte? Patiententaugliche Infomaterialien können Sie dabei unterstützen, etwa die ­Infokarte (Abb.). Sie kann kostenlos angefordert werden unter:

service@gedeonrichter.de

Impressum
Bericht/Konzept/Redaktion: Dr. Reinhard Merz
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der Gedeon Richter Pharma GmbH (Köln)

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