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Sonderredaktion

Arteriosklerose, Fettleber und Typ-2-Diabetes

Darmbakterien und das Risiko für Wohlstandserkrankungen

22.7.2022

Die Adipositas-Epidemie begünstigt Wohlstandserkrankungen – und steigert das Risiko, an kardiovaskulären Komplikationen zu sterben. Als wichtiges Bindeglied zwischen Lebensstil und menschlichem Stoffwechsel kann die Darmmikrobiota hier Risiken entscheidend beeinflussen. Daher dienen Schlüsselbakterien und wichtige Metaboliten als Marker für das Darm-assoziierte Risiko.

Was wir essen, bestimmt größtenteils die Zusammensetzung unserer Darmmikrobiota. Andersherum können bakterielle Metaboliten in den menschlichen Stoffwechsel eingreifen. Auch für Wohl­stands­erkrankungen sind Bakterien mitverantwortlich, denn eine Dysbiose im Darm kann Art und Menge der mikrobiell gebildeten Stoffwechselprodukte verändern. Im ungünstigen Fall erhöhen sie das Risiko deutlich.

Diagnostik mittels CardioHeparMetabolic

Die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Darmmikrobiota und ihrer Wirkungen auf den menschlichen Stoffwechsel hat das MVZ Institut für Mikroökologie GmbH in eine innovative und praxistaugliche Diagnostik umgesetzt: Der CardioHeparMetabolic (CHM) baut auf der Mikrobiota-Diagnostik KyberBiom auf, die sieben funktionelle Gruppen von Darmbakterien analysiert. Die Erweiterung CHM weist zusätzliche Darmbakterien und die Menge ausgewählter Metaboliten im Stuhl nach:

• Basisparameter: Buttersäure und LPS-tragende Mikrobiota
• Risiko-spezifische Parameter:
- TMA-bildende Bakterien für das Cardio-Risiko
- Bilophila wadsworthia und Iso-Fettsäuren für das Hepar-Risiko
- Prevotella copri und Propion- und Essigsäure für das Metabolic-Risiko

Risikofaktoren

Verschiedene Darmbakterien können aus Carnitin, Cholin und Lecithin Trimethylamin (TMA) bilden, das die Leber zu TMAO (Trimethylamin-N-oxid) umwandelt. Quellen für den Muskelaufbau stellen Fleisch, Eier, Milch und Nahrungsergänzungsmittel dar. TMAO verstärkt die Ansammlung von Cholesterin in den Gefäßwänden und fördert so eine vermehrte Schaumzellbildung und Entzündungen. Neben dem Schlüsselprozess der Atherogenese aktiviert TMAO Thrombozyten. Wenn diese verstärkt aggregieren, erhöht sich das Risiko für thrombotische Ereignisse. In Human-Studien konnten die TMAO-Spiegel kurz- und langfristige Risiken für schwere kardiale Komplikationen vorhersagen.

Wer sich sehr fett- oder zuckerreich ernährt, fördert eine Fettleber. Das gramnegative Darmbakterium Bilophila wadsworthia vermehrt sich bei einer fettreichen Ernährung und verstärkt die Leberverfettung deutlich. Außerdem triggert Bilophila wadsworthia intestinale Entzündungen, erhöht die Permeabilität der Mukosa und die Translokation von bakteriellen Lipopolysacchariden (LPS). Als Sulfit­reduzierer produziert Bilophila wadsworthia Schwefelwasserstoff, der in höherer Konzentration proinflammatorisch und Mukus-schädigend wirkt. Bilophila wadsworthia verwertet nicht nur Taurin, sondern verändert Gene des Taurin-Gallenstoffwechsels und dysreguliert so die Gallensäure- und in der Folge die Glucosehomöostase.

Unter eiweißreicher Ernährung vermehren sich proteolytische Bakterien deutlich. Sie produzieren unter anderem die Hepatotoxine Indol, Phenol und Skatol, die in die Leber gelangen. Gleichzeitig entstehen Iso-Fettsäuren. Sie werden mit dem Stuhl ausgeschieden und können als Marker für eine Leberbelastung mit bakteriell gebildeten Hepatotoxinen dienen.

Die verzweigtkettigen Aminosäuren (branched chain amino acids = BCAA) Leucin, Isoleucin und Valin nimmt der Mensch entweder mit tierischen Lebensmitteln auf oder seine Darmbakterien produzieren BCAA. Ein bedeutender BCAA-Bildner ist das gramnegative Bakterium Prevotella copri. Da weder Darm noch Leber BCAA verstoffwechseln, zirkulieren sie im Blut und regen den mTOR(mechanistic Target of Rapamycin)-Komplex an. Damit geben BCAA den Geweben Informationen über die Nährstoffversorgung, bremsen aber auch die insulinabhängige Glucoseaufnahme in die Zellen und fördern so die Insulinresistenz. Ausdifferenzierte Adipozyten nutzen BCAA für die Liponeogenese und werden damit gemästet.

Die bakteriell gebildeten kurzkettigen Fettsäuren Propionsäure und Essigsäure dienen ebenfalls als Nährstoffe und als Signalgeber. Propionsäure verstärkt das Sättigungsgefühl, senkt den Cholesterinspiegel und verbessert die Insulinsensitivität. Dagegen steigert Essigsäure das Hungergefühl und regt neben der Gluconeogenese auch die Liponeogenese an, die eine verstärkte Fetteinlagerung in Skelettmuskeln und Leber bewirkt.

Basis-Parameter: Buttersäure und LPS

Buttersäure wirkt im Darm positiv: Sie ernährt unter anderem die Zellen der Darmschleimhaut, verbessert die selektive Schleimhautbarriere und hat antientzündliche Eigenschaften.

Eine hohe LPS-Belastung durch viele gramnegative Bakterien kann über eine Endotoxinämie eine Silent Inflammation auslösen und alle drei Risiken befeuern – also Arteriosklerose, Fettleber, Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes begünstigen.

Impressum

Redaktion: Dr. phil. nat. Claudia Schierloh I Konzept: Elke Engels
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der MVZ Institut für Mikroökologie GmbH (Herborn)

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