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Sonderredaktion

Individuelle Aspekte der Hormonersatztherapie (HRT) Teil 1

Kombinierte Hormontherapie und Monotherapie in der Menopause

Dass Hormonsubstitution eine effektive Maßnahme zur Linderung menopausaler Beschwerden ist, gilt als unstrittig. Ziel der Behandlung muss es sein, eine auf die Patientin zugeschnittene, individuelle Therapie zu finden. Die aktuelle Leitlinie stellt eine gute Basis für die Beratung dar, und diese Serie beleuchtet ausgewählte Aspekte.

Die Hormonsubstitution in der Peri- und Postmenopause wird mittlerweile – bei entsprechender Indikationsstellung – wieder empfohlen. Die S3-Leitlinie Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen [1] formuliert es deutlich: Frauen mit vasomotorischen Beschwerden sollte eine Hormonersatztherapie (HRT) angeboten werden, nachdem sie über die kurz- und langfristigen Nutzen und Risiken informiert wurden [2]. Als Goldstandard gilt der individualisierte Einsatz von

• niedrig dosierten Estrogenen
• Estrogenen kombiniert mit Gestagenen
• Tibolon

Applikation, Dosierung und Behandlungsdauer sollten gemeinsam mit der Patientin festgelegt werden, dazu existiert ein entsprechender Algorithmus (Abb.). Auch das Alter der Frau und der Zeitpunkt ihrer Meno­pause sollten berücksichtigt werden. Idealerweise beginnt eine Ersatzbehandlung frühzeitig mit dem Eintritt der Wechseljahre, da hier die meisten positiven Effekte zu erwarten sind (Window of Opportunity) [1]. Eine Metaanalyse mit mehr als 3 300 Frauen zeigte, dass die Frequenz der Hitzewallungen pro Woche durch den Einsatz einer HRT um 75 % reduziert wurde [3].

Beratung ist das A und O

Vor Beginn einer individuellen HRT muss eine ausführliche Anamnese stehen, die auch eine Familienanamnese umfassen sollte. So lassen sich Hinweise auf mögliche Risikofaktoren (z. B. Thrombose- oder Karzinomrisiko) herausarbeiten. Aktuelle Medikationen müssen erfragt werden, um Wechselwirkungen zu vermeiden. Die Leitlinien empfehlen, die Wirksamkeit und Verträglichkeit spätestens drei Monate nach Therapiebeginn zu überprüfen [1].

Für hysterektomierte Frauen ist eine Estrogenmonotherapie möglich. Für nicht hysterektomierte Frauen kommen eine Estradiol(E2)-Therapie in ­Kombination mit einem Gestagen (Kombinationstherapie) oder eine Behandlung mit Tibolon infrage. Im Falle einer Kombinationstherapie sollte die Gestagengabe zyklisch oder kontinuierlich an mindestens zehn bis zwölf Tagen pro Behandlungsmonat erfolgen. Bei kürzeren Anwendungszeiten besteht das Risiko einer Endometriumhyperplasie oder eines Endometriumkarzinoms. Patientinnen müssen darüber aufgeklärt werden, dass durch die zyklische Gabe regelmäßige Abbruchblutungen ausgelöst werden können. Für Frauen, die eine blutungsfreie Therapie bevorzugen, stehen entweder eine kontinuierliche kombinierte Gabe oder Tibolon zur Verfügung. Das synthetische Steroid Tibolon wird nach enteraler Absorption in aktive Metaboliten mit estrogenen, gestagenen und androgenen Eigenschaften verstoffwechselt.

Verschiedene Applikationsformen

Estradiol kann wahlweise oral oder transdermal zugeführt werden. Die transdermale Applikation hat den Vorteil, dass das Hormon direkt in das venöse System gelangt und der hepatische First-Pass-Metabolismus umgangen wird. Das resultiert in einem geringeren Risiko für Thromboembolien [4,5]. Besonders für Risikopatientinnen (BMI > 30, Raucherinnen, Thrombosen in der Vorgeschichte) oder Patientinnen mit gastrointestinalen Störungen ist das vorteilhaft. Orale Therapien können andererseits günstige Einflüsse auf den Lipidstoffwechsel haben. Weitere Indikationen für die orale Hormongabe sind u. a. Hyperandrogenämien und niedrige Spiegel des ­Sexualhormon-bindenden Globulins (SHBG) [6].

Tibolon-Monotherapie

Tibolon ist als Monotherapie gut wirksam bei klimakterischen Beschwerden wie Hitzewallungen und induziert am Endometrium im Gegensatz zu Estrogenen keine Hyperplasien [7,8]. In Studien konnte Tibolon auch das Frakturrisiko bei Osteoporose senken [9]. Die Risiken einer Tibolon-Therapie entsprechen denen oraler Kombinationspräparate [6]. Studien weisen zudem darauf hin, dass Tibolon positive Auswirkungen sowohl auf die Libido [10,11] als auch auf die Stimmung haben könnte [12]. Beides Faktoren, die das körperliche, psychische und soziale Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen können. Die Leitlinie schließt ab mit einem Abschnitt zur ­Patientinneninformation. Hier wird nochmals betont, wie wichtig die ärztliche Beratung im Zuge der HRT ist und wie eine detaillierte Nutzen-Risiko-Analyse erfolgen sollte.

1 S3-Leitlinie Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen, Registernummer 015–062, www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-062.html
2 Römer T, Privatarzt Gynäkol 2020; 11(4): 8–10
3 MacLennan A et al., Cochrane Database Syst Rev 2004; CD002978
4 Scarabin PY et al., Lancet 2003; 362: 428–432
5 Simon JA et al., Menopause 2016; 23: 600–610
6 Römer T, www.cme-kurs.de/kurse/differenzierte-hormontherapie-in-der-peri-und-postmenopause/
7 Kenemans P et al., Lancet Oncol 2009; 10: 135–146
8 Archer DF et al., Fertil Steril 2007; 88: 866–878
9 Cummings SR, et al., N Engl J Med 2008; 359: 697–708
10 Davis SR, Menopause 2002; 9: 162–170
11 Nijland EA et al., J Sex Med 2008; 5: 646–656
12 Kulkarni J et al., J Affect Disord 2018; 236: 88–92

Impressum
Redaktion und Konzept: Dr. rer. nat. Reinhard Merz
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der Aristo Pharma GmbH (Berlin)

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