Bei Patientinnen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa (CU) sind bei der Kontrazeption mehrere Besonderheiten zu bedenken. So gilt die CU als Risikofaktor für thromboembolische Ereignisse, zudem kann die Resorption von oral aufgenommenen Medikamenten gestört sein.
Eine 32-jährige Nullipara ist vor fünf Jahren an Colitis ulcerosa erkrankt. Die regelmäßig auftretenden Schübe werden dabei in erster Linie durch die Menstruation getriggert – was in der Praxis nicht so selten der Fall ist. Aufgrund der Stärke der Beschwerden und des Nichtansprechens auf verschiedene medikamentöse Therapieversuche hatte sie sich vor zwei Jahren zu einer Darmresektion entschieden. Die Patientin ist Nichtraucherin und hat einen Body-Mass-Index (BMI) von 23 kg/m2.
Die Patienten stellte sich in unserer Praxis mit dem Wunsch nach einer Änderung der Kontrazeption vor, da sie mit der aktuellen kombinierten oralen Kontrazeption (KOK) trotz Langzeitanwendung wegen störender rezidivierender Zusatzblutungen nur bedingt zufrieden war.
Colitis ulcerosa ist durch eine kontinuierliche Entzündung der Darmschleimhaut gekennzeichnet.
Die Dauer der Zusatzblutungen betrug 5–7 Tage pro Monat. Sie erklärte darüber hinaus, dass sie und ihr Partner sich entschlossen haben, in etwa zwei Jahren mit der Familienplanung zu beginnen.
Die Grunderkrankung Colitis ulcerosa
Colitis ulcerosa ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, die hauptsächlich den Dickdarm betrifft. Sie ist durch eine kontinuierliche Entzündung der Darmschleimhaut gekennzeichnet und verursacht typischerweise Symptome wie Durchfall, Bauchschmerzen, Blähungen, Stuhldrang und Blut im Stuhl.
Die genaue Ursache von Colitis ulcerosa ist unbekannt, aber es wird angenommen, dass eine Kombination von genetischen, immunologischen und Umweltfaktoren eine Rolle spielt. Die Behandlung von Colitis ulcerosa umfasst in der Regel eine Kombination aus Medikamenten und Lebensstiländerungen. Dabei kommen häufig entzündungshemmende Medikamente zum Einsatz (Aminosalicylate, Steroide und andere Immunsuppressiva, Biologika), um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen.
Bei einigen Patienten kann eine Darmresektion notwendig sein, wie im hier vorgestellten Fall. Eine solche Darmresektion kann Auswirkungen auf die Aufnahme von Medikamenten haben, insbesondere auf diejenigen, die oral eingenommen werden. Im Falle eines KOK kann das direkten Einfluss auf die kontrazeptive Sicherheit nehmen.
Patienten mit Colitis ulcerosa haben ein erhöhtes Risiko für bestimmte Komplikationen und Begleiterkrankungen. Eine dieser Komplikationen ist das Risiko für Thrombosen. Studien haben gezeigt, dass Patienten mit Colitis ulcerosa ein höheres Risiko für Thromboembolien haben als die Allgemeinbevölkerung [1]. Dieses erhöhte Risiko kann auf Entzündungen und Veränderungen im Blutfluss aufgrund der Erkrankung zurückzuführen sein. Ein weiterer Risikofaktor bei Colitis ulcerosa ist das erhöhte Risiko für Osteoporose aufgrund einer schlechteren Aufnahme von Nährstoffen [2].
Überlegungen zur Kontrazeption
Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen liegt es nahe, durch eine intrauterine Verhütung mögliche Resorptionsprobleme der oralen Kontrazeptiva zu umgehen. Das wäre auch in diesem Fall eine Option, da die Patientin aber einen Kinderwunsch in spätestens zwei Jahren vorgetragen hat, kam ein LNG-IUS nicht infrage. Ein Kupfer-IUS kann bei Frauen mit Colitis ulcerosa zu einer Zunahme der Menstruationsblutungen führen, was berücksichtigt werden sollte [3].
Die Thromboserisiken sollten anhand der Checkliste zum Roten-Hand-Brief überprüft werden.
Mit dem Einsatz eines Vaginalrings lässt sich dieses Problem umgehen. Da Frauen mit Colitis ulcerosa allerdings bereits ein erhöhtes Risiko für Thromboembolien haben können, sollte dies bei der Wahl der Verhütungsmethode berücksichtigt werden [4]. Für den Vaginalring gelten dabei prinzipiell die gleichen Einschränkungen wie für KOK – es sollte also die Checkliste des Roten-Hand-Briefs beachtet werden [5]. Im vorgestellten Fall – die Patientin ist Nichtraucherin, der BMI liegt bei 23 – gab es auch keine Vorereignisse in der eigenen oder Familiengeschichte, sodass die CU als einziger Risikofaktor gemäß der Checkliste die Anwendung eines Vaginalrings ohne Einschränkungen zulässt.
In einer Metaanalyse hatte sich gezeigt, dass bei Frauen mit entzündlichen Darmerkrankungen bei KOK-Einnahme kein erhöhtes Rezidivrisiko besteht und ebenfalls kein erhöhtes Thromboserisiko [6]. Aufgrund der gemeinsamen Einkategorisierung von KOK und Vaginalring durch die WHO sind diese Ergebnisse auch auf den Vaginalring übertragbar. Ein weiterer Vorteil des Vaginalrings sind die im Vergleich zum KOK besseren Blutungsprofile [7]. Bei zyklusabhängiger CU ist die Langzeitanwendung sinnvoll [8].
Im vorgestellten Fall einer 32-jährigen Patientin mit Colitis ulcerosa und einer dadurch verursachten Darmresektion erwies sich der Vaginalring nach Abschätzen aller Risikofaktoren und unter Einbeziehung der Lebensplanung der Patientin (Kinderwunsch) als geeignete Kontrazeptionsmethode.
Der Autor
Prof. Dr. med. Thomas Römer
Chefarzt der Frauenklinik in Köln-Weyertal
Herausgeber des Journals DER PRIVATARZT GYNÄKOLOGIE
1 Bilimoria KY et al., J Am Coll Surg 2009; 209: 553–8
2 Bernstein CN et al., Gastroenterol 2003; 1247: 95–841
3 Kornbluth A, Sachar DB, Am J Gastroenterol 2010; 105: 501–23
4 Vandenbroucke JP et al., N Engl J Med 2001; 344: 1527–35
5 BfArM, Rote-Hand-Brief zu kombinierten hormonalen Kontrazeptiva, einschließlich Informationsmaterialien: Risiko von venösen Thromboembolien, 2014
6 Zapata LB et al., Contraception 2010; 82: 72–85
7 Milsom I et al., Human Reprod 2006; 21: 2304–11
8 Gawron LM et al., Inflamm Bowel Dis 2014; 20: 1729–33
Impressum
Bericht: Prof. Dr. med. Thomas Römer I Redaktion und Konzept: Dr. rer. nat. Reinhard Merz
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