Schnell aufeinanderfolgende Schwangerschaften sind mit einem erhöhten Risiko für Mutter und Kind verbunden, eine effektive Kontrazeption während der Stillzeit ist daher unerlässlich. Im hier vorgestellten Fall war Drospirenon mono für eine Patientin die passende orale Kontrazeption hinsichtlich Risikofaktoren und Familienplanung.
Eine 36-jährige Patientin stellt sich 6 Wochen nach einer Entbindung zur postpartalen Kontrolluntersuchung entsprechend den Mutterschaftsrichtlinien vor. Die Entbindung war ein Spontanpartus mit einem Dammriss II. Grades. Die Kontrolluntersuchung zeigt einen gut zurückgebildeten Uterus. Es bestehen keine Beschwerden. Die Patientin stillt und plant, dies für ca. 6–9 Monate fortzuführen. Bei der Untersuchung ergibt sich ein Blutdruck von 120/80 mmHg und ein Hb-Wert von 12,0 g/dl, somit unauffällige Befunde. Es besteht lediglich ein Übergewicht. Vor der Schwangerschaft betrug der BMI 27 kg/m2, aktuell liegt er bei 28 kg/ m2.
Im Zuge der Kontrolluntersuchung wird auch das Thema Kontrazeption besprochen. Die Patientin äußert erneuten Kinderwunsch in 1 bis 2 Jahren. Anamnestisch bekannt ist seit Jahren eine Verhütung mit einer EE/LNG-Pille, vor der Schwangerschaft wurde 3 Jahre wegen des Kinderwunsches nicht verhütet.
Wann ist postpartale Kontrazeption erforderlich?
Stillt eine Frau nicht, kommt es schnell zur Wiederaufnahme der Ovarialfunktion und zur Ovulation. Die Gonadotropinsekretion und damit die ovarielle Funktion setzen in der 3.–5. Woche postpartal wieder ein. Stillen führt dagegen durch mit dem Saugreiz verbundene neuronale Mechanismen und Reflexbögen sowie durch die damit hervorgerufene Hyperprolaktinämie zu einer Hemmung des hypothalamischen Pulsgenerators, der die GnRH-Sekretion steuert. Dies hat eine Senkung der hypophysären LH- und FSH-Sekretion zur Folge. Auswirkung dieser Hemmung ist die weitgehende ovarielle Funktionsruhe und die damit verbundene Laktationsamenorrhoe [1].
Die Laktationsamenorrhoe kann bis zu 2 Jahre dauern, Ausmaß und Dauer sind allerdings abhängig vom zeitlichen Abstand zur Geburt und der Intensität des Stillens. Bei stillenden, amenorrhoischen Frauen liegt demnach die Schwangerschaftsrate nach 6 Monaten bei 0,9 %, nach 12 Monaten allerdings bei 17 % [1]. Zusätzliche Methoden der Empfängnisverhütung sind daher anzuraten.
Überlegungen zur Kontrazeption
Die Notwendigkeit einer Kontrazeption in der Laktationsperiode wird oft unterschätzt. Denn durch die Ausschüttung von Prolaktin, das für die Milchbildung sorgt, kann zwar die Ovulation gehemmt werden, jedoch nur bei Voll-Stillen. Sobald die Patientinnen nicht mehr voll stillen, kann es zu ungewollten Schwangerschaften kommen. Insofern ist eine Kontrazeptionsberatung postpartal zwingend notwendig.
Problematisch ist dabei, dass hier Kontrazeptionsmethoden wie kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK) aufgrund des erhöhten thromboembolischen Risikos postpartal über einen Zeitraum von 42 Tagen nicht empfohlen sind [2,3]. Dies betrifft natürlich v. a. Patientinnen, die neben dem generell erhöhten postpartalen thromboembolischen Risiko noch weitere Risikofaktoren mitbringen. Im vorliegenden Fall der Erstgebärenden, die bereits VTE-Risikofaktoren wie Alter über 35 Jahre und erhöhtes Gewicht aufweist, kann der Wechsel zurück auf KOK für eine gewisse Zeit ein zusätzlich erhöhtes VTE-Risiko mit sich bringen.
Die Patientin wird ausführlich beraten. Langzeitkontrazeptionsmethoden sind aufgrund des Kinderwunsches in 2 Jahren nicht sinnvoll und werden auch nicht gewünscht, sodass die orale Kontrazeption in den Vordergrund rückt. Hier bieten sich v. a. Progestin-only-Pillen an, da kein zusätzliches erhöhtes thromboembolisches Risiko in der Laktationsperiode besteht und keine negativen Auswirkungen auf Milchvolumen und -qualität zu erwarten sind [2,4,5]. Die Wahl der Patientin nach der Beratung fiel auf die Drospirenon (DRSP) mono-Pille (Slinda®). Da nur 0,11 % der nominellen Dosis von DRSP in die Muttermilch stillender Frauen übergehen [6], kann die Drospirenon mono-Pille bei stillenden Frauen angewandt werden. In einer aktuellen Studie wurden zudem keine negativen Auswirkungen auf die Entwicklung des Neugeborenen beobachtet, da alle Säuglinge ein Wachstum innerhalb der festgelegten Perzentilen für Gewicht und Größe aufwiesen [7]. Auch nach der Stillzeit kann die Therapie mit Drospirenon mono fortgeführt werden, da Drospirenon aufgrund seiner antimineralokortikoiden Wirkung vorteilhaft bei Patientinnen mit Übergewicht ist. Dadurch ist in der Regel keine Gewichtszunahme zu erwarten. Des Weiteren ist Drospirenon mono hinsichtlich des Blutungsprofils Desogestrel mono überlegen.
In der zuvor vorgestellten Studie waren 94 % der Patientinnen nach einer durchschnittlichen Einnahme von 5 Monaten so zufrieden mit der Drospirenon mono-Pille, dass sie diese Pille auch anderen Frauen weiterempfehlen würden [7].
Drospirenon mono eignet sich auch bei Patientinnen während der Stillzeit. Im vorliegenden Fall, der sich auf viele andere stillende Patientinnen übertragen lässt, war Slinda® eine gute Option. Nach der Stillzeit können die Frauen von einem günstigen Blutungsmuster sowie den antiandrogenen und antimineralokortikoiden Partialwirkungen profitieren.
Der Autor
Prof. Dr. med. Thomas Römer
Chefarzt der Frauenklinik in Köln-Weyertal
Herausgeber des Journals DER PRIVATARZT GYNÄKOLOGIE
DE-2502-02005
Impressum
Bericht: Prof. Dr. med. Thomas Römer I Redaktion und Konzept: Dr. rer. nat. Reinhard Merz
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der Exeltis Germany GmbH (Ismaning)
Bildnachweis: privat