Kopfschmerz ist eines der häufigsten Symptome für eine notfallmäßige Vorstellung. Die Kopfschmerztypen und deren Ursachen sind vielfältig. Sekundäre Kopfschmerzen liegen einer anderen Erkrankung oder Medikamenten zugrunde. Da es sich dabei um keine banale Erkrankung handelt, ist eine genaue Einordnung essenziell.
Bei einer notfallmäßigen Vorstellung aufgrund von Kopfschmerz stehen meist ein neu aufgetretener Kopfschmerz oder ein neuartiges Auftreten bekannter Kopfschmerzen, besonders starke Kopfschmerzen oder ein unzureichendes Ansprechen auf die gewöhnliche Akutmedikation im Vordergrund. Die Internationale Kopfschmerzklassifikation (ICHD- 3) unterscheidet zwischen primären und sekundären Kopfschmerzerkrankungen: bei primären Kopfschmerzen, z. B. Migräne, Spannungs- oder Clusterkopfschmerz, ist der Kopfschmerz an sich die Erkrankung [1]. Sie machen ca. 92 % aller Kopfschmerzerkrankungen aus. Sekundäre Kopfschmerzen sind symptomatische Kopfschmerzen, d. h. eine andere Erkrankung ist ursächlich für den Kopfschmerz. Sie sind potenziell (lebens-)bedrohlich und erfordern eine rasche diagnostische Einordnung. Im Allgemeinen machen sie ca. 8 % aller Kopfschmerzerkrankungen aus, allerdings ist bei Notfallvorstellungen von einem höheren Anteil auszugehen [2,3]. Kopfschmerzen werden v. a. anhand einer ausführlichen Anamnese und einer klinisch-neurologischen Untersuchung diagnostiziert.
Als erstes muss erfragt werden, ob Kopfschmerzen bereits bekannt sind oder ob diese erstmals auftreten. Ein erstmals auftretender oder neuartiger Kopfschmerz sollte an einen sekundären Kopfschmerz denken lassen. Weitere Fragen umfassen den bisherigen Verlauf, die Kopfschmerzintensität, -qualität und -lokalisation sowie Begleitsymptome (Abb.). Gezielt sollten Warnsymptome erhoben werden. Das Akronym SNOOP kann als Merkhilfe dienen [4]:
• systemic symptoms (systemische Symptome),
• neurologic symptoms (neurologische Symptome),
• onset (Beginn),
• older patient (älterer Patient/ Alter),
• previous headache history (Kopfschmerz-Vorgeschichte).
Begleitsymptome – systemischer oder neurologischer Art – machen einen sekundären Kopfschmerz wahrscheinlicher. So ist bei Fieber an eine systemische (z. B. Virusinfekt) oder lokale (z. B. Sinusitis) Infektion, aber auch an eine Meningitis zu denken [5]. Übelkeit ist ein häufiges Begleitsymptom von Kopfschmerzen, kann aber bei sekundären Kopfschmerzen auf eine intrakranielle Drucksteigerung, vestibuläre oder zerebelläre Schädigung oder eine metabolisch-toxische Ursache hinweisen [6].
Ein plötzliches Auftreten mit stärkster Schmerzintensität ist definiert als Vernichtungskopfschmerz. Eine umgehende Einordnung ist indiziert, differenzialdiagnostisch ist an eine Subarachnoidalblutung (SAB), ein reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS), eine intrazerebrale Blutung oder eine arterielle Gefäßdissektion zu denken [6,7]. Sekundäre Kopfschmerzen betreffen häufiger ältere Patienten. Insbesondere bei den über 50-Jährigen können Kopfschmerzen bei zerebrovaskulären Erkrankungen wie der intrazerebralen Blutung oder dem ischämischen Schlaganfall der hinteren Schädelgrube auftreten [8]. Auch die Riesenzellarteriitis tritt typischerweise im höheren Lebensalter auf.
Vorerkrankungen und die aktuelle Medikation sind wichtige Punkte der Anamnese. Immunsupprimierte Patienten (z. B. im Rahmen einer Infektions- oder Tumorerkrankung) zeigen ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von infektiösen zerebralen Erkrankungen. Auch die Einnahme von Medikamenten oder illegalen Substanzen kann zu Kopfschmerzen führen: Dies ist z. B. für Nitroglycerin, Calciumkanalantagonisten und Immunglobuline bekannt. In der Anamnese sollte auf den zeitlichen Zusammenhang der Kopfschmerzen mit der Einnahme der Medikation geachtet werden [9].
Neben der Erhebung der Vitalparameter erfolgt eine klinisch-neurologische Untersuchung. Bestehen neurologische Defizite müssen diese zeitnah eingeordnet werden. Einschränkend ist allerdings zu sagen, dass auch ein unauffälliger neurologischer Untersuchungsbefund bei sekundären Kopfschmerzen vorkommen kann.
Bei Verdacht auf einen sekundären Kopfschmerz steht die Durchführung einer zerebralen Bildgebung im Mittelpunkt. Aufgrund der Verfügbarkeit und der schnellen Durchführbarkeit wird in der Nothilfe meist eine zerebrale Computertomografie, ggf. mit Gabe von Kontrastmittel, erfolgen. Im weiteren Verlauf muss eventuell eine zerebrale Kernspintomografie (cMRT) ergänzt werden. Die Labordiagnostik kann Hinweise bezüglich entzündlicher oder infektiöser Erkrankungen bieten.
Bei Verdacht auf erregerbedingte Erkrankungen wie eine Meningitis oder Enzephalitis wird zum Nachweis einer Zellzahl- und Eiweißerhöhung im Liquor eine Lumbalpunktion durchgeführt.
Mehr praxisrelevantes Wissen finden Fachkreise auch im Migräne- und Kopfschmerz-Guide unter www.mk-guide.org, einem Projekt der DMKG-Initiative „Attacke!“
Die Autorin
Katharina Kamm
Assistenzärztin für Neurologie
Neurologische Klinik und Poliklinik
Klinikum der Universität München
1 Olesen J, Cephalalgia 2018; 38: 1–211
2 Munoz-Ceron J et al., PLoS One 2019; 14: p. e0208728
3 Rizos T et al., Eur J Neurol 2011; 18: 430–435
4 Do TP et al., Neurology 2019; 92: 134–144
5 Kamm K et al., DMW 2017; 142: 409–417
6 Schankin C et al., Der Nervenarzt 2017; 88: 597–606
7 Landtblom AM et al., Cephalalgia 2002; 22: 354–360
8 Goddeau RP et al., Headache: The Journal of Head and Face Pain 2013; 53: 1019–1022
9 Ferrari A et al., J Headache Pain 2009; 10(4): 235–239
10 Förderreuther S, Der Schmerz 2020; 6: 1–7