„Zu lange Wartezeiten“ klagen auch viele Patientinnen, die ansonsten von ihrer Frauenarztpraxis rundum begeistert sind. Das sollte nicht sein. Mit einer Terminanalyse in drei Stufen können Sie in fast jeder Praxis hier noch einen Tacken besser werden.
Ein volles Wartezimmer ist für viele Patientinnen eher eine Belastung als ein Gradmesser für den guten Ruf der Praxis. Die Zeit der Patientinnen ist ebenso kostbar wie die eigene des Arztes oder die des Praxisteams. Deshalb ist Pünktlichkeit und das verbindliche Einhalten der Termine nicht nur höflich, sondern auch eine Frage des Respekt gegenüber den Patientinnen. Durch eine klarer strukturierte, optimiertere Organisation der Praxisabläufe, eine bedarfsorientierte Terminplanung, eine konsequente Übertragung von Tätigkeiten auf nichtärztliche Mitarbeiter und eine zeitsparende, patientenzentrierte und zielorientierte Kommunikation erreicht man bessere betriebswirtschaftliche Ergebnisse durch eine kluge Auslastung der ärztlichen Ressourcen. Ursache von langen Wartezeiten sind meist nicht die gerne zitierten „Notfälle“, sondern falsche oder zumindest mangelhafte Terminplanung. Nicht in Ihrer Praxis meinen Sie? Bevor Sie das sagen, sollten Sie vielleicht die Probe aufs Exempel machen.
Um ein Gefühl für die Wartezeiten der Patientinnen in der eigenen Privatpraxis zu bekommen, sollten Sie eine jährliche Terminanalyse in drei Schritten vornehmen: Über einen Zeitraum von 3–4 Wochen sollten Ihre MFAs dazu bei allen Patientinnen den Zeitraum vom Eintreffen in der Praxis bis zum Behandlungs- oder Besprechungstermin mit dem Arzt notieren. Hat die Patientin für 8:00 Uhr einen Termin und kommt dann in die Praxis, machen sie ein Kreuz bei 8:00 Uhr und wiederum eins, wenn die Patientin in das Sprechzimmer kommt. Bei der Auswertung erkennen Sie auf einen Blick, wie lange Ihre Patientin durchschnittlich warten musste. Toleriert wird meist eine Wartezeit von 15–20 Minuten. Dabei können Sie auch ermitteln, welche Termine aufgetaucht sind und wie viel Zeit Sie im Schnitt für die einzelnen Terminarten benötigt haben. Muss eine Patientin – trotz Bestellsystem – länger als 20 Minuten warten, sollten Sie mit Ihrem Team die Zeitplanung unbedingt überprüfen und reorganisieren. Ein wichtiger Grundsatz ist es, feste Zielvorgaben klar zu definieren. Einige Beispiele:
• Was sind Anlässe für „Notfälle“ in der Praxis?
• Gibt es eine praxisinterne Vorgabe für Schwangere oder Mütter, die ihr Kind beim Arzttermin dabei haben?
• Sind die Telefontermine zum vereinbarten Zeitpunkt verlässlich?
• Wie sind die Zielvorgaben für Krebsvorsorge-Untersuchungen oder Paargespräche?
Anschließend sollten die unterschiedlichen Patiententerminarten nach ihrem Zeitbedarf eingeteilt werden. Dabei kann man sich zum Beispiel auf folgende praxisinternen Vorgaben einigen:
A = voraussichtlich kurzer Termin, auch telefonisch (Dauer im Schnitt zwei Minuten);
B = Dauer nicht voraussehbar (Mittelwert, z. B. sieben Minuten);
C = Langtermin (z. B. Erstpatientin, durchschnittliche Dauer 15 Minuten).
Das Zeitmanagement gehört zu den schwierigeren organisatorischen Aufgaben in der Praxis. Es gehört in die Hand einer erfahrenen Praxismitarbeiterin. Entscheidend ist nicht die Benutzung eines besonders teuren und aufwendigen Terminplaners, sondern das Einhalten der Zeitintervalle. Wird eine Patientin einfach „Dazwischengeschoben“ so führt das oft bei den nachfolgenden zu zeitlichen Komplikationen und zu Unstimmigkeiten. Die verantwortliche MFA sollte auch Ihre privaten Termine (Steuerberater, Bank) notieren und Zeitpuffer einbauen. Zu klären ist auch: Terminieren Sie ausschließlich online, oder nutzen Sie schriftliche Terminkalender? Können Patientinnen selbst online einen Termin buchen, und wie verlässlich sind diese Absprachen? Eine Terminplanung, die Verzögerungen nicht durch gezielte und geplante Freiräume steuert, ist keine Terminplanung, sondern nur eine „Willenserklärung“. Im Terminbuch oder auf der Online-Liste sieht es wunderbar aus, nur im Praxisalltag klappt es dann nicht. Damit es dauerhaft und qualitativ gut funktioniert, sollten die Selbstbewertung und Analyse einmal jährlich durchgeführt werden. Nur wenn Ihr Praxisteam nicht ständig improvisiert, sondern professionell plant und sich an die vergebenen Termine auch hält, kommen die Vorteile der Bestellpraxis auch den Patientinnen zugute. Erkannte Ursachen für lange Wartezeiten oder Besonderheiten des Tages werden dann dokumentiert, und die ermittelten Werte kritisch besprochen und gemeinsam nach Lösungsansätze gesucht. Bei Zielabweichung empfiehlt sich das Vorgehen nach Qualitätsmanagement-Grundsätzen (PDCA-Zyklus). So können gleich entsprechende Maßnahmen, die zu einer Verbesserung führen, besprochen und beschlossen und auf eine Zeitschiene zur Umsetzung gebracht werden.
Vor allem Privatpatientinnen erwarten Verbindlichkeit und ein wohltuendes Serviceverhalten. Ist das nicht der Fall, schwindet das Vertrauen der Patientin in die Praxis rapide. Darum sollten in den Teambesprechungen die wichtigsten Grundsätze der gewünschten Terminplanung festgelegt sowie jährlich in Controlling-Terminen überprüft werden. Dazu eignet sich hervorragend das vierstufige „Plan-Do-Check-Act“-Modell, das Bestandteil vieler Qualitätsmanagement-Systeme ist (Abb.). Tragen Sie den Jahres-Check als verbindlichen internen Termin ein und werten Sie an dem Tag Ihre praxisinternen Statistiken aus der EDV aus. Wer Patientinnen mit und ohne Termin gleichbehandelt, boykottiert seine eigene Terminplanung und stellt das Gelingen eines funktionierenden Bestellsystems infrage. Ihre Patientinnen sollten spüren, dass ihnen ein vereinbarter fester Termin echte Zeitvorteile bringt. Recall-Systeme aber auch „Memory Calls“ tragen dazu bei. Erinnerte Termine werden weniger vergessen und fördern die Compliance und die Arzt-Patientinnen-Bindung. Als Praxisinhaber müssen Sie sich zunächst selbst ganz konsequent an den vorgegebenen Zeitrahmen halten. Denn genau das ist der Punkt, an dem in der Praxis oft nichts mehr geht. Sie „überziehen“, die Mitarbeiterin wird hektisch, und die Patientin im Wartezimmer zunehmend gereizt. Hier sollten hilfreiche Absprachen vereinbart werden. So können Sie von Ihrem Team diskret und nonverbal an den Zeitüberzug erinnert werden, z. B. durch ein einmaliges Telefonklingeln. Manche „Terminkiller“ bringen selbst gut funktionierende Bestellsysteme zu Fall. Dazu gehören Telefonate während der Sprechzeiten, unangemeldete Praxisbesucher, private Kontakte, ungeplante Besuche von Pharmareferenten sowie unerwartete Ereignisse bei den Patientinnen. Hier helfen klare Regelungen wie:
• Rückrufe zu vereinbarten Zeiten
• Einführung einer Telefonsprechstunde
• feste Termine für Pharmareferenten
• private Telefonate ausschließlich in der Pause
Dabei sollte der Grundsatz gelten: Die anwesende Patientin im Arztzimmer hat immer „Vorfahrt“. Ist es unbedingt notwendig, dass eine Mitarbeiterin das Arztzimmer betritt, sollte dies nur nach einem Klopfzeichen geschehen, was leider in manchen Praxen nicht selbstverständlich ist. Als nächstes lassen Sie das Team Pufferzeiten in Form von fest eingeplanten „Stillen Minuten“ einplanen. Das gibt Ihnen bei reibungslosem Praxisablauf die notwendigen, kurzen Ruhepausen zur Regeneration. Und im Fall von Verzögerungen hilft die Pufferzeit, dem Plan nicht hoffnungslos hinterherzulaufen. In stark frequentierten Frauenarzt-Praxen, die kurzfristig keine Termine frei haben und Patientinnen langfristig vertrösten müssen, sollte auch die Diskussion eines vorübergehenden „Patienten-Stopp“ mit dem Hinweis auf Kollegen kein Tabu-Thema sein. Kurze Wartezeiten und rasche, zeitnahe Termine sind neben der stressarmen und heiteren Praxisatmosphäre dem Image der Privatpraxis nur förderlich. Neben der notwendigen Arbeitszufriedenheit für das Praxisteam muss bei leistungsstarken Praxen immer wieder auf die Gefahr der erhöhten Fehlerquote hingewiesen werden, die meistens ein Indiz für notwendige Verbesserungen ist.
Die Autorin
Theresia Wölker
Beraterin und Fachreferentin im Gesundheitswesen
(Schwerpunkte QM, Kommunikation, Stressbewältigung und Resilienz)
Bildnachweis: privat