Aus der Praxis, für die Praxis – Rechtsanwältin Andrea Schannath, Justiziarin des Virchowbunds, beantwortet ausgewählte Fragen.
Verstößt Hauskauf von Patientin gegen Berufsordnung?
Frau Dr. P. aus Berlin hat folgende Frage:
„Ich habe für 250.000 Euro das Grundstück einer langjährigen Patientin erworben, die jetzt im Heim lebt. Das Haus ist stark renovierungsbedürftig, der Preis ist angemessen und wurde von der Patientin bestimmt. Ein Nachbar wollte das Haus auch kaufen und hat sich jetzt bei der Ärztekammer beschwert. Drohen mir jetzt berufsrechtliche Konsequenzen?“
Frau Schannath: „Ich kann Sie beruhigen: Wer als Arzt ein Haus seiner Patientin zu einem angemessenen Preis käuflich erwirbt, verstößt damit nicht gegen das berufsrechtliche Verbot unerlaubter Zuwendungen. Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Berlin am 30.04.2021 (Az.: VG 90
K 6.19 T) einen Arzt von dem Vorwurf der Verletzung seiner Berufspflichten freigesprochen.
Zwar sei es Ärzten nach der Berufsordnung nicht gestattet, im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung von Patienten mehr als geringfügige Geschenke oder andere Vorteile für sich zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung sei aber schon kein berufsrechtlich relevanter Vorteil erkennbar, wenn ein Arzt einen Gegenstand von einer Patientin erwerbe und – wie hier – letztlich den von der Patientin geforderten Kaufpreis zahle.“
Steuerliche Anerkennung von Arbeitsvertrag mit Ehefrau?
Herr Dr. B. aus Hannover wendet sich mit folgendem Problem an uns:
„Ich beschäftigte in meiner Praxis als Bürohilfen meine Ehefrau und eine nicht verwandte Mitarbeiterin. Die Ausgaben für die Mitarbeiterin erkannte das Finanzamt steuermindernd an, den Lohn für meine Ehefrau, die laut Vertrag mit 40 Stunden pro Monat beschäftigt ist, dagegen nicht. Wir haben keine konkreten Arbeitsstunden im Arbeitsvertrag vereinbart. Zudem hat meine Ehefrau zumindest im ersten Quartal keine sogenannten Stundenzettel ausgefüllt, um ihre tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden der Behörde nachzuweisen. Was soll ich jetzt tun?“
Frau Schannath: „Sie sollten klagen, denn der Bundesfinanzhof hat am 18.11.2020 (Az.: VI R 28/18) entschieden, dass die geleisteten Arbeitszeiten für die steuerliche Anerkennung nicht zwingend aufgezeichnet werden müssen, wenn Verwandte in der Praxis angestellt sind. Auch müssen zumindest bei einer Teilzeitbeschäftigung die Arbeitszeiten nicht immer im Arbeitsvertrag festgeschrieben sein. Lohnzahlungen an Angehörige können zwar nur dann steuermindernd abgezogen werden, wenn der Lohn auch tatsächlich gezahlt und die Arbeit tatsächlich erbracht wird. Insgesamt müsse der Arbeitsvertrag zwischen den Angehörigen ‚dem zwischen Fremden Üblichen‘ entsprechen. Insbesondere bei einer Teilzeitbeschäftigung setze dies allerdings nicht immer eine arbeitsvertragliche Vereinbarung der konkreten Arbeitszeiten voraus. Denn diesbezügliche Unklarheiten könnten auch auf die Eigenart des Arbeitsverhältnisses und der Tätigkeit zurückgehen. Auch Aufzeichnungen der geleisteten Arbeitszeit, etwa auf Stundenzetteln, dienten lediglich Beweiszwecken. ‚Sie sind für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen daher nicht zwingend erforderlich‘, so die Richter.“
Streit über Impfung des Kindes
Frau Dr. B. aus Bonn hat dieses Problem:
„Ich habe mit einem Elternpaar eines von mir behandelten Kindes Ärger. Der Vater wollte das Kind nicht gemäß STIKO-Empfehlungen impfen lassen, die Mutter schon. Da beide gemeinsam das Sorgerecht ausüben und sich nicht einigen können, habe ich ihnen vorgeschlagen, das Gericht entscheiden zu lassen. Mit welchem Ergebnis ist zu rechnen?“
Frau Schannath: „Wenn sich die Eltern uneins sind, ob das gemeinsame Kind geimpft werden soll, kann derjenige Elternteil entscheiden, der sich an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) orientiert. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main am 08.03.2021 (Az.: 6 UF 3/21) und wies damit die Beschwerde eines Vaters zurück. Wenn sich Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht in einer Angelegenheit von erheblicher Bedeutung nicht einigen können, könne die Entscheidung einem der beiden übertragen werden, stellte das OLG fest. Impfen sei eine solche wichtige Sache. Dabei sei die Entscheidungskompetenz dem Elternteil zu übertragen, ‚dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird‘. Es könne davon ausgegangen werden, dass eine an den Empfehlungen der STIKO orientierte Entscheidung das bessere Konzept sei, so die Richter. Das Kind kann also geimpft werden.“
Die Expertin
Andrea Schannath
Rechtsanwältin und Justiziarin
des Virchowbunds
Chausseestr. 119 b
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Tel.: +49 (0)30 - 288 774 125
Der Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands berät seine Mitglieder in Niederlassung und Anstellung in allen Rechtsbereichen, insbesondere im Berufs-, Arbeits-, Miet- und Gesellschaftsrecht.
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