Aus der Praxis, für die Praxis – Rechtsanwältin Andrea Schannath, Justiziarin des VirchowBunds, beantwortet ausgewählte Fragen.
Berechtigt defekter Aufzug zur Mietminderung?
Frau Schannath: „Das Amtsgericht Berlin-Mitte hat am 11.06.2020 (Az.: 10 C 104/19) entschieden, dass Mieter einen Anspruch auf Instandsetzung haben, wenn der Aufzug defekt ist. Der Vermieter kann die Reparatur nicht mit Verweis auf eine zeitlich ungewisse Modernisierung verweigern. Der Mieter kann für die Dauer des Ausfalls seine Miete mindern. Die Höhe hängt unter anderem vom Stockwerk ab, in dem der Mieter wohnt. Die Nutzung des Fahrstuhls gehöre zum vertragsgemäßen Gebrauch, so das Gericht. Der Vermieter habe ihn rund um die Uhr in Betrieb zu halten. Der Verweis auf geplante Modernisierungsarbeiten helfe hier nicht, denn es gebe keinen Zeitplan für die Arbeiten. Der Ausfall sei ein Mangel, der eine Mietminderung rechtfertige. Das tägliche Hinaufsteigen der Treppen bis in den dritten Stock über mehrere Monate sei für den Mieter beschwerlich und beeinträchtige ihn nicht nur geringfügig im Gebrauch der Mietsache. Eine Minderung in Höhe von 10 % sei hier in diesem Fall angemessen.“
Kann Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung unwirksam sein?
Frau Schannath: „Ja, das kann sie, wenn das Integrationsamt die Kündigungsgründe nicht selbst geprüft hat und nur einseitig der Darstellung des Arbeitgebers gefolgt ist. Das hat das Verwaltungsgericht Göttingen am 24.01.2019 (Az.: 2 A 385/16) entschieden und warf dem Amt „Ermittlungsdefizite“ vor. Denn es erschiene nicht ausgeschlossen, dass die Kündigung auch andere Gründe als die vom Arbeitgeber vorgetragenen hätten haben können. Das Amt dürfte seine Prüfung nicht nur auf die Fragen beschränken, ob der Vortrag des Arbeitgebers schlüssig war, sondern müsse sich um weitere Aufklärung bemühen. Deshalb sei der Genehmigungsbescheid aufzuheben.“
Dürfen positive Bewertungen im Bewertungsportal gelöscht werden?
Frau Schannath: „Das könnte schwierig werden. Zwar hat das Landgericht München am 16.04.2019 (Az.: 33 0 6880/18) entschieden, dass dem bewerteten Arzt grundsätzlich ein Anspruch auf Wiederveröffentlichung gelöschter Bewertungen zusteht. Dies aber unter der Voraussetzung, dass der Arzt die Echtheit der gelöschten Bewertungen darlegen und beweisen kann. Der Arzt muss also einen tatsächlichen Behandlungskontakt nachweisen. Inwieweit es dem Arzt allerdings tatsächlich möglich sein kann, im Rahmen der Anonymität von Bewertungsportalen einen solchen Nachweis zu erbringen, lassen die Richter offen.“
Ist Aufklärung am Tag des ambulanten Eingriffs ausreichend?
Frau Schannath: „Nach dem Urteil des Oberlandesgericht Dresden vom 16.03.2020 (Az.: U 2626/19) genügt bei ambulanten Eingriffen eine Aufklärung am Operationstag, sofern dem Patienten die Entscheidung überlassen bleibt, ob er den Eingriff durchführen lassen will. Bei einer ambulant durchgeführten Koloskopie ist die Aufklärung auch dann noch als rechtzeitig anzusehen, wenn sie erst erfolgt, nachdem der Patient die zur Vorbereitung erforderliche medikamentöse Darmreinigung bereits abgeschlossen hat. Stimmt er dann dem Eingriff zu, liegt kein Aufklärungsfehler vor.“
Die Expertin
Andrea Schannath
Rechtsanwältin und Justiziarin des VirchowBunds
Chausseestr. 119 b
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Tel.: +49 (0)30 - 288 774 125
Der Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands berät seine Mitglieder in Niederlassung und Anstellung in allen Rechtsbereichen, insbesondere im Berufs-, Arbeits-, Miet- und Gesellschaftsrecht.
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