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Recht

Rechtliche Tipps

Entschädigungsanspruch +++ Infektion und Ausnahmeregelungen +++ Wasserschaden

Aus der Praxis, für die Praxis – Rechtsanwältin Andrea Schannath, Justiziarin des Virchowbunds, beantwortet ausgewählte Fragen.

Entschädigungsanspruch für Quarantäne von Mitarbeitern?

Herr Dr. W. aus Bamberg wendet sich mit folgendem Problem an uns: „Aufgrund einer infektionsschutzrechtlichen Anordnung war ein ansteckungsverdächtiger Mitarbeiter, der schon zwei Jahre bei mir beschäftigt ist, in häuslicher Quarantäne. Ich habe die Erstattung von Entschädigungszahlungen, die ich während der Zeit der Quarantäne an meinen Mitarbeiter für seinen Verdienstausfall geleistet hatte, beantragt. Das Land gewährte mir lediglich für die Zeit ab dem sechsten Tag der Quarantäne eine Erstattung mit dem Hinweis, der Arbeitnehmer hätte gegenüber mir für die ersten fünf Tage einen Anspruch auf Lohnfortzahlung gemäß § 616 BGB.

Dagegen möchte ich klagen und als Argument vortragen, dass bei einer Quarantänedauer von mehr als fünf Tagen nicht mehr, wie § 616 BGB vorsieht, von einer Verhinderung von verhältnismäßig nicht erheblicher Zeit gesprochen werden kann. Dauert die Verhinderung demnach eine erhebliche Zeit, so entfällt der Lohnfortzahlungsanspruch insgesamt („Alles-oder-Nichts-Prinzip“). Habe ich mit meiner Klage Aussicht auf Erfolg?“

Frau Schannath: „Leider nein, denn ein Arbeitgeber hat keinen Anspruch auf Entschädigungszahlungen nach dem Infektionsschutzgesetz, sofern sein Arbeitnehmer während einer vierzehntägigen häuslichen Quarantäne gegen ihn einen Lohnfortzahlungsanspruch gemäß § 616 BGB hat. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz am 19.05.2021 (Az.: 3 K 107/21 KO).

Zwar habe ein Arbeitgeber, der im Falle der Quarantäne seines Arbeitnehmers Lohnfortzahlungen und Sozialversicherungsbeiträge leiste, nach dem Infektionsschutzgesetz einen Anspruch auf Erstattung dieser Leistungen. Dieser scheide jedoch aus, wenn dem Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber ein Lohnfortzahlungsanspruch zustehe. Gemäß § 616 Satz 1 BGB bestehe ein Anspruch, wenn der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert werde. Dies sei hier der Fall. Für die Beurteilung einer verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit sei in erster Linie das Verhältnis zwischen der Dauer des Arbeitsverhältnisses und der Dauer der Arbeitsverhinderung maßgeblich. Dabei sei bei einer Beschäftigungsdauer von mindestens einem Jahr grundsätzlich eine höchstens vierzehn Tage andauernde Arbeitsverhinderung infolge einer Quarantäne noch als nicht erhebliche Zeit anzusehen.“

Ausnahmen für ehemals Infizierte?

Frau Dr. K. aus Berlin hat dieses Problem: „Ich habe mich bereits im März 2020 mit SARS-CoV-2 infiziert. Da meine Erkrankung schon mehr als sechs Monate zurückliegt, gelten für mich nicht mehr die für genesene Personen bestehenden Ausnahmeregelungen. Ich verfüge aber nachweislich über ausreichend Antikörper im Blut. Ist das rechtens?“

Frau Schannath: „Leider ja, denn das Bundesverfassungsgericht hat am 07.06.2021 (Az.: BvR 1260/21) eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, mit der ein Mann eine unzulässige Benachteiligung durch die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung geltend machte. Denn als genesen gelten grundsätzlich nur die, deren Infektion weniger als sechs Monate zurückliegt. Ob Ausnahmen möglich sind, müsse zudem erst vor den Fachgerichten und nicht vor dem Bundesverfassungsgericht geklärt werden. Der Mann hatte sich überdies dadurch benachteiligt gesehen, dass er trotz vorhandener Antikörper zwei Spritzen für den Status als Geimpfter benötigte. Auch hier waren die Richter anderer Ansicht. Die Beschränkungen am Wohnort des Mannes seien zum Zeitpunkt der Beschwerde schon gelockert gewesen. Zudem enthalte das Landesrecht von Berlin, das für den Mann gelte, eine großzügigere Regelung als das Bundesrecht. Die Pflicht zur Vorlage eines negativen Testergebnisses entfalle danach auch bei Menschen, deren Infektion mehr als sechs Monate zurückliege und die einmal geimpft seien. Die Verfassungsbeschwerde war also unzulässig.“

Muss Hauptwasserhahn im Urlaub abgedreht werden?

Herr Dr. K. aus Traunstein hat folgende Frage: „Ich habe eine Desinfektionsanlage in das Frischwassersystem meiner Praxis einbauen lassen. Während meines Urlaubs hat sich ein Verbindungsstück zu der Desinfektionsanlage gelöst und es kam zu einer Überschwemmung. Ich soll jetzt einen Teil des Schadens selbst tragen, weil der Hauptwasserhahn während des Urlaubs nicht abgedreht war. Muss ich das?“

Frau Schannath: „Vor dem Urlaub in der Praxis den Hauptwasserhahn abzudrehen, mag ratsam sein, zwingend nötig ist es aber nicht. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle am 07.04.2021 (Az.: 14 U 135/20) entschieden. Denn es stehe fest, dass das Unternehmen die Rohrverbindung fehlerhaft hergestellt habe. Ein Mitverschulden des Zahnarztes wurde verneint. Es könne schon nicht festgestellt werden, dass das Wasser über einen längeren Zeitraum ausgetreten und der Schaden nicht nur über Nacht entstanden sei. Dann hätte er aber genauso im normalen Betriebszeitraum entstehen können – der Umstand einer mehrwöchigen Praxisschließung hätte sich nicht ausgewirkt. Zumindest für den Nachtzeitraum hätte der Hauptwasserhahn auch nicht abgesperrt werden müssen – dies sei allgemein unüblich. Schutz- und Obliegenheitspflichten dienen der Vermeidung realistisch drohender Schäden.“

Die Expertin

Andrea Schannath
Rechtsanwältin und Justiziarin des VirchowBunds
Chausseestr. 119 b
10367 Berlin
Tel.: +49 (0)30 - 288 774 125

Der Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands berät seine ­Mitglieder in ­Niederlassung und ­Anstellung in allen Rechts­­bereichen, insbesondere im Berufs-, Arbeits-, Miet- und Gesellschaftsrecht.

Bildnachweis: thenatchdl (iStockphoto); privat

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