In der Therapie der Psoriasis sind spannende neue Trends zu verzeichnen. Dazu zählen Diskussionen um eine mögliche Dosisreduktion bei der Behandlung mit Biologika. Eine der größten Evolutionen der vergangenen Jahre stellt die Entwicklung des ersten oralen Biologikums dar.
Die dermatologische Forschung beschäftigt sich intensiv mit der Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze für die Psoriasis. Aber auch bewährte Medikamente und Strategien stehen auf dem Prüfstand.
Dosisreduktion von Biologika?
Ein neuer Ansatzpunkt in der Therapie der Psoriasis ist eine mögliche Dosisreduktion bewährter Biologika. Ein aktueller Review, in dem Dosisreduktionsstudien zu Biologika bei der Plaque-Psoriasis analysiert wurden, kam zu vielversprechenden Resultaten [1]: Nach initialer Behandlung in der zugelassenen Dosierung konnte unter einer verminderten Dosis pro Anwendung oder einem verlängerten Behandlungsintervall in der Regel die klinische Effektivität beibehalten bzw. durch eine Rückkehr zur Standarddosis wiederhergestellt werden.
Frühe Intervention, frühe Dosisreduktion – Konzept der Zukunft?
Beispielsweise wurde in einer randomisierten, doppelblinden, multizentrischen Phase-IIIb-Studie die Nichtunterlegenheit einer Therapie mit dem Interleukin(IL-)23-Inhibitor Guselkumab in einem 16-wöchigen gegenüber einem 8-wöchigen Therapieintervall untersucht [2]. Im ersten Teil der Studie, die an 80 Zentren in Deutschland und Frankreich durchgeführt wird, erhielten die Patienten und Patientinnen Guselkumab in einer Dosierung von 100 mg zu Woche 0, 4, 12 und 20.
Teilnehmende wurden als Super-Responder eingestuft, wenn sie in Woche 20 und Woche 28 einen Psoriasis Area and Severity Index (PASI) von 0 erreichten. Es zeigte sich, dass bei frühem Therapiebeginn die Chance für ein Therapieansprechen deutlich höher sei, sagte Prof. Dr. med. Sascha Gerdes von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel.
Bei Super-Respondern wurde im zweiten Teil der Studie eine Intervallverlängerung der Therapie überprüft. 297 Super-Responder erhielten randomisiert entweder alle 8 oder alle 16 Wochen eine Dosis Guselkumab. Teilnehmende, die nicht als Super-Responder eingestuft wurden, bekamen alle 8 Wochen eine Dosis.
Primärer Endpunkt der Studie war die Nichtunterlegenheit (mit einem Spielraum von 10 %) des 16-wöchigen Behandlungsintervalls gegenüber der 8-wöchigen Gabe hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Krankheitskontrolle (PASI < 3 in Woche 68). Dieser primäre Endpunkt konnte erreicht werden: Unter 8-wöchiger Therapie konnte eine Krankheitskontrolle bei 92,6 % und unter einer Behandlung mit doppelt so langem Intervall bei 91,9 % erhalten werden. Somit bestehe Hoffnung, dass bei einer frühen Intervention weniger Medikament nötig sei, fasste Gerdes zusammen.
Erstes orales Biologikum bei Psoriasis
Vielversprechende Daten liegen jetzt auch erstmals für ein orales Biologikum zur Behandlung der Psoriasis vor. JNJ-77242113 ist ein synthetisiertes makrozyklisches Peptid, das spezifisch an den IL-23-Rezeptor (IL-23R) mit hoher Affinität bindet und oral verabreicht werden kann. Dadurch unterscheidet sich dieses Peptid wesentlich von anderen biologischen Arzneimitteln, bei denen es sich in der Regel um vollständige monoklonale Antikörper handelt, die parenteral verabreicht werden müssen.
Zum ersten Mal biete JNJ-77242113 die Möglichkeit, dass ein Biologikum für die Psoriasis in ausreichendem Maße intestinal resorbiert wird und seine spezifische Wirkung an einem einzigen Rezeptor entfaltet, so Gerdes. Das orale Biologikum sei eine der größten Evolutionen in der zielgerichteten Systemtherapie der Psoriasis der vergangenen Jahre.
In einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie wurde der orale IL-23-Rezeptor-Blocker in 5 verschiedenen Dosierungen bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis geprüft [3]. Eingeschlossen waren 255 Patientinnen und Patienten. Der durchschnittliche PASI lag bei 19 und die Krankheitsdauer betrug durchschnittlich rund 18 Jahre. Primärer Endpunkt der Studie war eine Reduktion des PASI um mindestens 75 % (PASI-75-Ansprechen) nach 16 Wochen.
In allen Behandlungsgruppen zeigten sich gegenüber Placebo deutliche Besserungen. Unter der höchsten Dosierung von 100 mg zweimal täglich erreichten nach 16 Wochen 79 % ein PASI-75-Ansprechen, dagegen nur 9 % unter Placebo. Die PASI-90-Ansprechrate lag bei knapp 60 % (2 % unter Placebo) und die PASI-100-Response-Rate betrug 40 % (0 % unter Placebo).
Die neue Substanz müsse sich mit etablierten Biologika messen lassen, so Gerdes. Nach derzeitigem Kenntnisstand sei der orale IL-23-Rezeptor-Blocker nicht so potent wie Biologika zur Injektion. Weitere Daten aus Phase-III-Studien bleiben abzuwarten, um beurteilen zu können, ob eine vergleichbare Wirksamkeit erzielt werden kann. Die Einnahme als Tablette könne jedoch von Vorteil sein. Da das Medikament nicht gekühlt werden muss, könnte auch eine weltweite Verbreitung der Therapie erleichtert werden.
Prof. Dr. med. Sascha Gerdes
Stellv. Klinikdirektor, Leiter des Zentrums für entzündliche Hauterkrankungen des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein
sgerdes@dermatology.uni-kiel.de
Therapeutische Flexibilität – aber rechtssicher
„Studiendaten deuten darauf hin, dass nach erfolgreicher Behandlung der Psoriasis mit einem Biologikum in der zugelassenen Dosierung die weitere Therapie auch bei einer Dosisreduktion dennoch wirksam sein kann. Eine Verringerung der Dosis pro Anwendung oder eine Verlängerung des Behandlungsintervalls stellen jedoch einen Off-Label-Gebrauch dar. Es wäre sowohl aus medizinischer Sicht als auch im Hinblick auf eine Kostenreduzierung wünschenswert, in Zukunft im Rahmen der Zulassung einen flexibleren Umgang mit den Dosierungen zu ermöglichen.“
Vortrag „Psoriasis und Psoriasiforme Dermatosen” von Prof. S. Gerdes anlässlich des 18. Derma Updates, November 2024
Bildnachweis: privat