Quälender Juckreiz ist das Hauptsymptom von Atopischer Dermatitis und Prurigo nodularis – ein Symptom, dem mit bisherigen Therapieansätzen nur wenig entgegenzusetzen war. Das hat sich nun geändert: Seit kurzem ist der Interleukin-31-Antagonist Nevolizumab für die Behandlung der beiden Autoimmunerkrankungen zugelassen.
“Juckreiz ist schlimmer als Schmerz” – nicht zuletzt, weil Juckreiz hilflos macht, wenn die Ursache nicht behoben werden kann. Jeder, der schon einmal unter Mückenstichen gelitten hat, weiß, dass Juckreiz den Schlaf rauben kann. “Und Schlafentzug gilt als eine der schlimmsten Foltermethoden”, sagte Prof. Dr. med. Bernhard Homey (Düsseldorf).
Unter andauerndem Juckreiz und starker Einschränkung der Lebensqualität leiden vor allem Menschen mit schwerer Atopischer Dermatitis (AD) oder Prurigo nodularis (PN).
Juckreiz-Schlüsselzytokin IL-31
Ein Durchbruch bei der Pruritus-Forschung war die Entdeckung, dass IL-31 ein Schlüsselfaktor bei der Entstehung von chronischem Juckreiz und Hautläsionen ist. Denn IL-31 induziert die Ausdehnung und Verzweigung sensorischer Nerven und stimuliert periphere Nervenzellen und verstärkt so Juckreiz. Weiter führt es zu Beeinträchtigungen der Hautbarriere (veränderte epidermale Differenzierung), wodurch die Anfälligkeit für Infektionen gesteigert wird, und aktiviert Immunzellen, die entzündungsfördernde Zytokine freisetzen, was Entzündungsreaktionen weiter verstärkt. Es wirkt zudem auf Keratinozyten und Fibroblasten und steigert so Kollagenablagerung (Fibrose) und Entzündungsreaktionen. Wird IL-31 blockiert, sollten sich also auch Juckreiz und Hautzustand bessern – und das funktioniert mit Nemolizumab, wie in Studien gezeigt werden konnte. Der humanisierte monoklonale Antikörper bindet gezielt an den IL-31-Rezeptor A. Zusätzlich zur IL-31-Blockade hemmt er auch die Produktion weiterer Entzündungsmediatoren, die normalerweise durch IL-31 stimuliert werden.
Ekzeme gehen bei AD deutlich zurück
Wie gut diese IL-31-RA-Blockade bei AD wirkt, haben die Studien ARCADIA 1 & 2 ergeben [1], über die Prof.Dr. med. Matthias Augustin (Hamburg) berichtete: 35,6 % bzw. 37,7 % (Nemolizumab) vs. 24,6 % bzw. 26,0 % (Placebo) der Teilnehmenden erreichten eine vollständige oder nahezu vollständige Abheilung der Hautläsionen in der Untersucher-Bewertung (IGA 0/1). Bei 43,5 % bzw. 42,1 % heilten die Ekzeme unter Nemolizumab deutlich ab (EASI-75), unter Placebo lag der EASI-75 bei 29,0 % bzw. 30,2 %. Und auch der Juckreiz ging erheblich zurück: Unter nemolizumab reduzierte er sich in der Peak Pruritus Numerical Rating Scale (PP-NRS; 11 Punkte) um mindestens 4 Punkte bei 48,6 % bzw. 48,2 %, unter Placebo bei 20,5 % bzw. 20,6 %.
Besserung von Haut und Juckreiz bei PN
Auch bei PN mindert Nevolizumab den quälenden Juckreiz und bessert den Hautzustand, wie Prof. Dr. med. Sonja Ständer (Münster) anhand der Ergebnisse von OLYMPIA 1 & 2 erläuterte [2,3]. So sank der Juckreiz bei 58,4 % bzw. 56,3 % der Teilnehmenden unter Nemolizumab um mindestens 4 Punkte im PP-NRS, unter Placebo bei 16,7 % bzw. 20,9 %. Auch die Hautläsionen heilten ab: 26,3 % bzw. 37,7 % erreichten unter Nemolizumab eine vollständige oder nahezu vollständige Abheilung der Hautläsionen (IGA 0/1), vs. Placebo mit 7,3 % bzw. 11,0 %.
Nemolizumab wurde dabei sehr gut vertragen – das Sicherheitsprofil bewegte sich in allen Studien auf Placebo-Niveau.
Nemolizumab ist zugelassen für die subkutane Anwendung bei Menschen mit mittelschwerer bis schwerer AD ab 12 Jahren, sowie bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer Prurigo nodularis.
Virtuelle Launch-Pressekonferenz “Neue Antikörpertherapie für Atopische Dermatitis und Prurigo nodularis” (Veranstalter: Galderma Laboratorium GmbH), Februar 2025