Auch wenn in der Privatmedizin Vorsorgeleistungen nicht unbedingt von den Kassen übernommen werden, gibt es Wege, ein Hautkrebs-Screening nach GOÄ abzurechnen. Im Zusammenhang mit der Behandlung maligner Hautveränderungen muss bei der Abrechnung auf bestimmte Ausschlusskriterien geachtet werden.
Hautkrebs ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche bösartige Hauterkrankungen wie das Basaliom, das Spinaliom und das maligne Melanom. Diese Krebsart ist tückisch – sie verursacht nämlich zunächst keine Beschwerden. Deswegen ist Vorsorge wichtig. Zumal Hautkrebs die weltweit häufigste Krebserkrankung überhaupt darstellt.
Während gesetzlich Versicherte seit 1. Juli 2008 ab 35 Jahren alle zwei Jahre Anspruch auf eine Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs (Hautkrebs-Screening) haben, ist diese reine Vorsorgeuntersuchung keine eigentliche Leistung der privaten Krankenversicherung. Das Hautkrebs-Screening gehört zu den präventiven Untersuchungen, die nicht uneingeschränkt von den privaten Krankenversicherungen übernommen werden. Dennoch ist die präventive Hautuntersuchung medizinisch indiziert und sollte auch Privatpatienten angeboten werden.
Hier wäre zu erwägen, privat Versicherten eine Hautkrebsvorsorge anzubieten und diese als Ausschlussdiagnostik (etwa bei V. a. Spinaliom, z. A. Basaliom) bei fraglichen Hautveränderungen zu dokumentieren. Denn bei Verdacht auf Vorliegen einer Präkanzerose, eines Basalioms, eines Spinalioms oder gar eines Melanoms, ist eine entsprechende Hautuntersuchung durchzuführen. Dies lässt sich aus § 1 Abs. 2 der GOÄ eindeutig ableiten: „Vergütungen darf der Arzt nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen, darf er nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind.“
Auch wenn bei Privatpatienten die Bestimmungen des Hautkrebs-Screenings des Gemeinsamen Bundesausschusses keine Gültigkeit haben, kann man sich als Arzt zumindest daran orientieren. Finden sich bei der körperlichen Untersuchung nämlich verdächtige Hauterscheinungen, ist in der Konsequenz eine Probeexzision oder bei kleineren Arealen die sofortige komplette Exzision durchzuführen.
Leberfleck oder mehr?
Ein 49-jähriger Privatpatient stellt sich wegen einer auffälligen Hautveränderung links dorsolumbal vor. Die pigmentierte Stelle bestünde schon seit Jahren, habe sich in den vergangenen Monaten jedoch in Farbe, Form und Größe verändert: Die bisher als Leberfleck angesehene Wucherung sei nun etwas vergrößert, der Rand sei unregelmäßiger geworden und zudem erscheine die Stelle jetzt dunkelgefleckter als vorher. Vor knapp einem Jahr sei die Gesundheitsvorsorge beim Hausarzt mit unauffälligem Befund durchgeführt worden. Es erfolgt eine Untersuchung der gesamten Haut auf mögliche suspekte Veränderungen. Dabei zeigt sich die beklagte veränderte Stelle dorsolumbal links über der Spina iliaca posterior superior. Diese Stelle wird videosystemgestützt dokumentiert. Weiterhin finden sich multiple Naevi, vor allem am Rücken, sowie eine hell pigmentierte, ca. 5 mm große, erhabene Veränderung am Unterschenkel, die nach dermatoskopischer Untersuchung als Histiozytom anzusehen ist. Zudem sind zwei kleine Hämangiome periumbilikal sowie einige Fibroma pendulans axillär zu identifizieren. Die Harmlosigkeit dieser Veränderungen wird mit dem Patienten erörtert. Die suspekte Stelle am Rücken sollte entfernt und histologisch untersucht werden. Für die Entfernung in Lokalanästhesie wird ein Termin vereinbart.
Für die ausführliche Beratung bei der ersten Konsultation käme eigentlich GO-Nr. 3 zur Abrechnung, die jedoch neben anderen Leistungen (mit Ausnahme der Untersuchungsleistungen nach den Nrn. 5, 6, 7, 8, 800 und 801) nicht berechnungsfähig ist. Stattdessen kommt GO-Nr. 1 infrage, die aber nach der zweiten Konsultation wieder gestrichen werden muss. Das liegt an der Ausschlussbestimmung B2, derzufolge Leistungen nach GO-Nr. 1 und/oder GO-Nr. 5 nur einmal im Behandlungsfall neben Leistungen der Abschnitte „C bis O“ berechnungsfähig sind. Immer wieder stellt sich auch die Frage der Berechnungsfähigkeit der Dermatoskopie nach GO-Nr. 750 neben der videosystemgestützten Untersuchung und Bilddokumentation nach GO-Nr. 612A. Dazu kann folgende eindeutige Aussage getroffen werden: Hier gibt es keine Ausschlussbestimmung in der GOÄ! Zudem handelt es sich um zwei komplett verschiedene Leistungen, die sich gegenseitig ergänzen und sich nicht ausschließen. Weiter gelten die beiden Untersuchungsmethoden im Fallbeispiel auch verschiedenen Hautveränderungen an unterschiedlichen Lokalisationen.
Zum vereinbarten Termin wird das suspekte Hautareal in Lokalanästhesie entfernt. Der Wundverschluss erfolgt mittels Einzelknopfnaht, Verband und Druckverband. Das Exzidat wird zur histologischen Untersuchung eingesandt.
Da bei den Wundkontrollen die Ausschlussregelung B2 für die Leistungen nach Nr. 1 und/oder 5 neben Sonderleistungen der Abschnitte „C bis O“ gilt, wird auf die Berechnung der Sonderleistungen verzichtet. Dennoch ist die Berechnung der Sachkosten entsprechend § 10 GOÄ für den Verband und den Druckverband, soweit dieser notwendig sein sollte, möglich.
Der Fadenzug ist mit der Nr. 2007 zu berechnen. Zusammen mit dem Verband und dem Druckverband ergeben sich 180 Punkte. Beratung und symptombezogene Untersuchung nach GO-Nr. 5 ergeben lediglich 160 Punkte, sodass bei dieser Konsultation auf die GO-Nrn. 1 und 5 verzichtet wird. Für den Verband und den Druckverband sind auch
noch die Sachkosten als Auslagen in Rechnung zu stellen. Die histologische Untersuchung ergibt ein malignes Melanom, das im Gesunden entfernt wurde. Das Krankheitsbild und die notwendigen Kontrolluntersuchungen (Labor, Sonografie) werden mit dem Patienten ausführlich besprochen. Für dieses Gespräch kann die GO-Nr. 34 angesetzt werden.
Der Autor
Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter
Arzt für Allgemeinmedizin
Arzt für Naturheilverfahren
76684 Tiefenbach
schlueter@vital-arzt-praxis.de
www.vital-arzt-praxis.de
Dr. Dr. Peter Schlüter ist promovierter Naturwissenschaftler und Mediziner. Seit 1982 ist er als Arzt für Allgemeinmedizin mit betriebswirtschaftlich optimierter Praxis niedergelassen. Als Berater zu allen Fragen der Praxisorganisation, Praxismanagement und Abrechnung ist er seit 1987 tätig.
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