Gesundheit auch in der Privatpraxis „zu verkaufen“, ist gar nicht so einfach. Und so ist es kein Wunder, dass viele Selbstzahlerleistungen selten in Anspruch genommen werden, obwohl auf Seite der Patientinnen durchaus ein Interesse daran besteht. Dieser Beitrag gibt Tipps für den seriösen Ausbau von Zusatzleistungen.
Viele Praxen haben schon ein Leitbild in ihrem QM-Handbuch hinterlegt, etwa: „Wir stellen uns als Praxisteam den zukünftigen Anforderungen an eine patientenorientierte, betriebswirtschaftliche Medizin in der Frauenheilkunde. Wir sind ein kompetentes Service- und Dienstleistungszentrum.“
Das gesamte Praxisteam sollte dann aber auch hinter der Unternehmensphilosophie stehen und die wesentlichen Inhalte überzeugend vertreten können. Denn letztlich müssen Praxisbesucher und Patientinnen die eindeutige Positionierung und gute Abgrenzung gegenüber anderen Praxen erkennen können.
Neben dem klassischen Spektrum der gynäkologischen Medizin ist auch das Standbein „Wahlleistungen“ nicht zu vernachlässigen: durch einen seriösen Ausbau von Zusatzleistungen.
Ein Praxisleitbild zum Leben erwecken
Eigene Normen, Werte, Moralvorstellungen und wirtschaftliche Ziele prägen die tägliche Arbeit in der Praxis, auch wenn sie nicht schriftlich formuliert sind. Empfehlenswert ist es, wenn die Praxisleitung einige Leitsätze entwickelt, die das ärztliche und organisatorische Handeln in der privaten Facharztpraxis beschreiben. Die schriftliche Ausarbeitung ist das eine, die Kernfrage lautet aber: Identifizieren sich alle Praxismitarbeiter mit diesen Aussagen? Denn auch deren Werte und Zielvorstellungen schlagen sich – meist unbewusst – in der Arbeit und im Umgang mit den Patientinnen nieder. Grund genug, in einem der nächsten Team-Meetings darauf einzugehen und das Praxis-Leitbild auf seine Aktualität und Wirksamkeit hin zu überprüfen. Dann zeigt sich rasch, wer im Team besonders geeignet ist, individuelle Gesundheitsleistungen und Wahlleistungen der Vorsorgemedizin überzeugend und offensiv anzubieten und diesen Bereich durch eigene Ideen und Marketingaktivitäten auszubauen.
Das Organigramm nutzen
Im Organigramm der Praxis halten Sie zunächst fest: Unser Team arbeitet professionell, kreativ und individuell auf Ihre Wünsche abgestimmt. Dort wäre dann auch namentlich diese ausgewählte Person dem Funktionsbereich zuzuordnen, zum Beispiel so:
Eine überzeugende, gut geschulte und kommunikativ versierte Ansprechpartnerin für Zusatzleistungen und Abrechnungsfragen stärkt die Patientinnenbindung und steigert die Wirtschaftlichkeit. Sie kann dabei eine ganze Reihe von Aufgaben übernehmen:
Eine solche Ansprechpartnerin für die privaten Leistungen benötigt Basiskompetenzen und das nötige Handwerkszeug. Neben einer sehr guten Kenntnis der aktuellen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mit den Analogen Bewertungen der Bundesärztekammer sollte immer auch ein aktueller „Kommentar zur Gebührenordnung für Ärzte“ griffbereit sein.
Unerlässlich, um im Bereich der Privatabrechnung up to date zu bleiben, ist das regelmäßige Studieren (und Sammeln) der „Blauen Seiten“ im Deutschen Ärzteblatt oder andere Standardwerke. Das Grundwerk GOÄ-Kommentar des Deutschen Ärzteverlages ist ein Standardkommentar zur Privatliquidation. Der Kommentar wird häufig von privaten Krankenversicherungen, Beihilfestellen und Gerichten ihren Entscheidungen zugrunde gelegt. Der Praxisnähe dienen besonders die Berücksichtigung von Stellungnahmen der Ärztekammern, der Beschlüsse der Ausschüsse der Bundesärztekammer und der aktuellen Rechtsprechung.
Ein anderer bekannter Kommentar ist der „Wezel/Liebhold“, der auch von vielen Ärzten als verlässliches Nachschlagewerk genutzt wird.
Auch die verbale Argumentation im Gespräch mit interessierten Patientinnen muss immer wieder geschult und verfeinert werden. Unerlässlich ist dabei der seriöse Hinweis: „Wir informieren Sie gerne über die anfallenden Kosten. Grundlage der Berechnung ist immer die (offizielle oder amtliche) Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ).“ Dass Qualität das Markenzeichen der privaten Dienstleistungen in der Praxis ist, muss in jedem Patientinnengespräch deutlich werden durch
Probieren geht über Studieren
In vielen Praxen sind die Chefinnen und Chefs der Meinung, ihre MFA könnten das auf gar keinen Fall. Und sie täuschen sich ganz oft. Mein Tipp: Machen Sie mit Ihrem Team ein Brainstorming mit der Überschrift „Wir erweitern unser Leistungsspektrum …“ So kommt ein bunter Strauß von möglichen und unmöglichen Vorschlägen zusammen, und Sie entscheiden dann, welche Angebote noch Platz finden im privaten Leistungsspektrum.
Zu den qualifizierten fachärztlichen Angeboten einer Frauenarztpraxis für die gesundheitsbewusste Patientin gehören u. a.:
Machen Sie Ihren Patientinnen Angebote mit dem Hinweis: Entscheiden Sie selbst, wie viel Ihnen Ihre Gesundheit wert ist.
Die Wahlleistungs-Managerin kann die Praxisführung dann beim Marketing der Zusatzleistungen unterstützen. Nachhaltig wirksam sind sogenannte „Beratungsrezepte“, die – ergänzend zur medikamentösen Verordnung und zum Arzt-Patientinnen-Gespräch – mit nach Hause gegeben werden. Getreu dem alten Grundsatz „Was Du schwarz auf weiß besitzt, kannst Du getrost nach Hause tragen“ ist der geschriebene Text effektvoller und anhaltender als das flüchtige gesprochene Wort.
Zufriedene Patientinnen
Mit dem Gefühl, selbst zu zahlen, steigen auch die Erwartungen der Patientinnen an die Leistungserbringer drastisch. Jede Privatpraxis ist heute gut beraten, sich auf eine zunehmend wählerischeren und anspruchsvolleren Patientenkreis auszurichten. Eine solvente Klientel ist bereit, im Gesundheitsmarkt viel Geld zu lassen, wenn – neben der fachlich qualitativen Leistung – das Angebot attraktiv ist und dem Bedürfnis der einzelnen Person nach persönlichem Wohlbefinden und Gesundheit entspricht. Dabei kann die Wahlleistungs-Managerin als professionelle persönliche Ansprechpartnerin und Unterstützung des Arztes oder der Ärztin sehr wertvoll sein.
Die Autorin
Theresia Wölker
Beraterin und Fachreferentin im Gesundheitswesen
(Schwerpunkte QM, Kommunikation, Stressbewältigung und Resilienz)
Bildnachweis: privat