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Management

Individuelle Resilienz und Team-Resilienz

Teamführung und Motivation in Zeiten der Pandemie

Theresia Wölker

Nie war es so wertvoll wie heute, kompetente und belastbare Mitarbeiter in der Facharztpraxis zu haben. Die mentale Stabilität der Mitarbeiter und damit ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten, ist jetzt eine große Herausforderung. Wir geben Tipps für die praktische Umsetzung.

Gerade in der jetzigen Pandemiesituation ist es wichtig, psychisch gesund und stark zu sein. Die Praxisführung in Zeiten von Corona stellt traditionelle Strukturen und Organisationsabläufe auf den Prüfstand. Dabei sind Kernfragen zu bedenken:

  • Wie gut gelingt es mir als Praxisleitung, meine eigene psychische Gesundheit aufrechtzuerhalten – trotz hohem Stress-Level?
  • Wie gelingt es meinem Praxisteam und den einzelnen Mitarbeitern, mit Stresssituationen kurzzeitig oder auch längerfristig umzugehen?


Individuelle Resilienz

Wir sprechen von resilienten Faktoren, wenn wir in der Lage sind, Stressanforderungen immer wieder auszubalancieren und auch nach Belastungssituationen wieder in einen ausgeglichenen, gesunden Zustand zurückkommen. Dabei hilft das Resilienzkonzept. Es geht um nichts anderes als um Selbstschutz und die Widerstandsfähigkeit in herausfordernden und belastenden Situationen. Resiliente Menschen oder Organisationen erholen sich schnell von Rückschlägen und Stress, sie passen sich an herausfordernde Arbeitsbedingungen an und wachsen sogar an Herausforderungen. Wer diese Ressource besitzt bzw. sich auch darum bemüht, von dem gehen Zuversicht („Ich kann es“) und damit auch Selbstwirksamkeit aus. Zugleich aber auch Seriosität im Sinne von Achtsamkeit („Ich nehme es wahr und ernst“).

Woran merkt man, ob die Resilienz der Mitarbeiter noch stabil ist? Die Stressoren zeigen sich individuell sehr unterschiedlich. Innere Spannungen und Ängste zeigen sich oft sehr deutlich im offenen Verhalten. Der Körper und die Körpersprache mit Gestik und Mimik können eine ganze Palette von schwierigen Emotionen zeigen, die mehr oder weniger gut verarbeitet werden:

  • Unruhe, Nervosität
  • Konzentrationsprobleme
  • roter Kopf
  • Gereiztheit
  • vermehrtes Schwitzen
  • somatisch, z. B. als Kopf- oder Magenschmerzen sowie Schlafstörungen


Alarmzeichen sind nachlassende Leistungsfähigkeit, mehr Fehlzeiten oder die Zunahme von Fehlern. ­Beobachten Sie als Führungskraft Auffälligkeiten dieser Art, die auf mentale Belastungen schließen lassen, ist es Zeit, ein Gespräch anzubieten oder zumindest einen Anstoß zu geben.

Personalführung in der Arztpraxis

Das Unternehmen Frauenarztpraxis tut gut daran, wenn es seinem Team einen Hilfsrahmen bereitstellt. Ist die Resilienz gering ausgeprägt oder sind die Stressfaktoren privat wie beruflich besonders stark und anhaltend, kann sich diese Fähigkeit auf Dauer erschöpfen, und der oder die Betroffene kann in eine Burnout-Situation rutschen. Dieser chronische Stresszustand erhöht das Risiko einer psychischen oder körperlichen Erkrankung, letztlich mit Arbeitsunfähigkeit. Grund genug, empathisch und aufmerksam mit dem Praxisteam in Kontakt zu bleiben, feinfühlig auf Veränderungen zu reagieren und vor allem die Kommunikation gezielt in Gang zu halten. Auch eine Skala wie die Bries Resilience Scale (BRS) kann im persönlichen Gespräch gemeinsam besprochen und abgefragt werden, und dürfte wertvolle Erkenntnisse für beide Seiten bringen.

Individuelle Resilienz Fragebogen


Bei meinen Online-Beratungen wird immer wieder betont, wie wichtig der Zusammenhalt in der Praxis ist. Das Gefühl, dass alle an einem Strang ziehen, ist eine wichtige Ressource. Das gilt auch für die Empfindung, Chefin und Chef stehen hinter dem Personal und bieten Unterstützung an. Miteinander reden ist das A und O, gerade in unsicheren Zeiten. Mitarbeitergesundheit kann nur unterstützt werden, wenn man sich verbal austauscht und Unterstützungs-angebote macht. Klassische Elemente dazu sind:

  • tägliches Mitarbeiter-Briefing mit „Blitzlicht“-Abfrage
  • zeitnahe und regelmäßige Teambesprechungen, z. B. auch als bewegte Variante („walk and talk“)
  • regelmäßige und verlässliche Informationen
  • Beachtung von Überlastungszeichen und immer wieder persönliche Einzelgesprächsangebote
  • ggf. auch die Möglichkeiten der Physiotherapie (Massagen, Krankengymnastik etc.) veranlassen
  • Angebote digitaler Prävention für die Mitarbeiter (Online-Präventionskurse, z. B. Cyberfitness.de), die im Übrigen steuerlich mit bis zu 500 Euro pro Mitarbeiter und Jahr gefördert werden
  • unbedingte Wertschätzung, verbale Anerkennung durch Lob und Schaffung guter Arbeitsbedingungen (Schutz- und Hygienekonzepte, Rahmenbedingungen für die Arbeit am PC, der Anmeldung oder im direkten Patientinnenkontakt)
  • kontinuierliche Pflege von Humor, rasche Problemlösung und Emotionsregulation im Praxisteam durch eine gut strukturierte Pausenkultur
  • Fortbildungsangebote weiterführen, z. B. Förderung der Digitalkompetenz (u. a. Online-Fachzeitschrift für MFA / Online-Seminarangebote der Ärzte­kammern)

Neben der Förderung der individuellen Resilienz und der psychischen Gesundheit der Mitarbeiter muss die Leitung einer Privatpraxis natürlich in der Lage sein, ein hohes Leistungsniveau und eine positive Arbeitsatmosphäre aufrechtzuerhalten, damit das Unternehmen auch wirtschaftlich gut läuft. Vorsicht ist geboten, wenn Teammitglieder sich zurückziehen, wortkarg werden oder einen Leistungsknick zeigen. Manche Menschen tendieren dazu, Probleme lieber mit sich selbst auszumachen.

PDCA-Zyklus zur Potenzialerfassung


Team-Resilienz

Neben der individuellen Resilienz gibt es auch die Team-Resilienz. Sie umfasst Einstellungen, Eigenschaften, Kompetenzen und Strategien (etwa Kommunikation und Problemlöseverhalten) von einzelnen Teammitgliedern und der Praxisführung insgesamt, die dazu beitragen, widerstands- und anpassungsfähig in Anbetracht der Krisensituation zu sein und diese gemeinsam zu überstehen und trotzdem die Effizienz des Praxis-Unternehmens zu sichern.

Eine eingehende Analyse inkl. Bewertung (Selbstbewertung), z. B. mithilfe des PDCA-Zyklus, ist ­hilfreich, um (weiteres) Potenzial – auch der Mitarbeiter – zu erkennen. Sie gibt Hinweise, wie die Praxis sich an die Krisensituation anpassen und kontinuierlich weiterentwickeln kann. Prüfen Sie einmal folgende Aussagen, und wie die Situation dazu in Ihrer ­Praxis ist?

  • Wir reden über Fehler und wie wir daraus lernen.
  • Wir diskutieren über mögliche alternative Herangehensweisen an unsere normalen Arbeitsaktivitäten.
  • Wenn es zu Irrtümern und Fehlern kommt, besprechen wir, wie wir sie hätten verhindern können.

Damit Ihr Unternehmen zu denen gehört, die trotz Corona erfolgreich bleiben und den Widrigkeiten zu trotzen im Stande sind, ist diese offene Analyse notwendig, bei der sichergestellt ist, dass die Ergebnisse und Leistungen der vergangenen Monate berücksichtigt werden. Benchmarking kann mit dazu beitragen, kreative und neue Angebote für Ihre Patientinnen zu entwickeln und ggf. neue Wege der Patientinnenbindung und der Möglichkeiten, die die neuen Medien bieten, zu beschreiten. Es wird erforderlich sein, dazu entsprechende Ideen – gemeinsam mit dem Team – zu entwickeln und mutig Entscheidungen zu treffen. Die Zukunft Ihrer Praxisorgani­sation hängt auch von Ihrer individuellen und der Team-Resilienz ab, diese Entscheidungen zu fällen.

FAZIT:

Der stärkste Resilienzfaktor sind zwischen-menschliche Beziehungen, vor allem die zwischen Praxisleitung und Praxisteam, die besonders in Corona-Zeiten gepflegt werden wollen. Gemeinsam verbrachte Zeit hat eine schützende Wirkung. Die Teamführung muss Empathie und Achtsamkeit zeigen, die Stärken und Schwächen der Mitarbeiter kennen, um somit in der Lage zu sein, die richtigen Aufgaben und Verantwortlichkeiten zuzuweisen. Und zu guter Letzt: die Fähigkeit haben, zu vertrauen und vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen. Krisenzeiten wie die Pandemie sollten nicht durch mangelnde Aufmerksamkeit für zwischenmenschliche Reaktionen zu Brüchen oder negativen Langzeitfolgen im Praxisteam führen.

Die Autorin

Theresia Wölker
Beraterin und Fachreferentin im Gesundheitswesen
(Schwerpunkte QM, ­Kommunikation, Stressbewältigung und Resilienz)

www.theresia-woelker.de

Biw3ds (iStockphoto)

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