Krebspatienten auch nach erfolgreicher Therapie zu versorgen, ist wesentlich, um Rückfälle rechtzeitig erkennen und behandeln zu können. Die Koordination von Nachsorgeterminen und Rehabilitationsmaßnahmen obliegt meist dem Praxispersonal. Dabei ist ein strukturiertes Vorgehen unverzichtbar – auch in der telefonischen Kommunikation.
Für eine zunehmende Zahl an Krebspatienten ergibt sich dank multimodaler, interdisziplinärer Therapiekonzepte und Innovationen in der medikamentösen Tumortherapie eine kurative Behandlungsoption bzw. eine „Chronifizierung“ ihrer Erkrankung. Laut Krebsregisterdaten beträgt das 5-Jahres-Überleben über alle Entitäten hinweg bei Männern 59 %, bei Frauen 65 %, das 10-Jahres-Überleben liegt bei 55 % bzw. 60 %. Im Jahr 2014 lebten in Deutschland nahezu 3,1 Millionen Menschen mit oder nach einer Tumorerkrankung. Da sich die Überlebenschancen für Krebspatienten weiter verbessern, ist mit einer steigenden Anzahl der sogenannten „Survivors“ zu rechnen. Damit einhergehend ist aber auch eine zunehmende Zahl an Menschen mit der Folge von Langzeit- und Spät-Toxizitäten zu verzeichnen, z. B. Fatigue, Polyneuropathie und kognitive Dysfunktion (Chemobrain).
Die Handhabungsweise in der onkologischen Nachsorge ist je nach Einrichtung oder Praxis unterschiedlich. Ein weiteres Problem ist die Nichtabbildung im Finanzierungssystem. Dementsprechend ist die Gewichtung und zusätzlich gibt es unklare Zuständigkeiten. Vom Hausarzt über Facharzt, angebundenen Ambulanzen oder Krankenhäusern oder in Kombination mehrerer Anlaufstellen ist in der Nachsorgebetreuung alles zu finden. Für die Patienten ist aber nur eine koordinierende Anlaufstelle am sinnvollsten, um unterschiedliche Handhabungsweisen oder Doppeluntersuchungen zu vermeiden. Spätestens mit Ende der Therapie sollte in der behandelnden Einrichtung bzw. Praxis festgelegt werden, wer die Nachsorge federführend übernimmt und koordiniert.
Onkologische Nachsorge umfasst meistens Untersuchungen zur Früherkennung von Rezidiven, die der betreuende Arzt festlegt. Diese sollten sich an den in den Leitlinien empfohlenen Nachsorgeuntersuchungen orientieren (z. B. S3-Leitlinie Prostatakarzinom, 7. Rehabilitation und Nachsorge). Die Rolle der Pflegenden bzw. MFAs liegt häufig in der Organisation und Koordination der Termine. Sie können aber im Rahmen des Qualitätsmanagements sehr viel mehr übernehmen, wie Informationsmaterial für Patienten zum Thema Nachsorge und Rehabilitation zusammenstellen (z. B. Blaue Ratgeber, Nachsorgepass), ambulante Möglichkeiten der Region aufzeigen (Flyer), stationäre Rehabilitationseinrichtungen mit onkologischem Schwerpunkt empfehlen (Flyer), Hilfe beim Erläutern der Antragsverfahren (Reha, Pflegeversicherung) und Unterstützung beim Ausfüllen der Anträge sowie die Erfassung von Lebensqualität und Spätfolgen der Therapie als Vorbereitung für das Arztgespräch. Als Schnittstelle in der Arzt-Patienten-Kommunikation sollten Sie auch an weitere Probleme wie Psychoonkologie, Schmerztherapie, Ernährungsberatung und Sportangebote denken. Diese ganzheitliche Sicht spiegelt sich im Cancer-Survivorship-Programm wider, welches die reine medizinische Nachsorge nur als einen Aspekt der Gesundheitsversorgung einstuft. Zusätzliche Komponenten des Survivorships betreffen die akute und langfristige Lebensqualität, die psychische Gesundheit, die Ausübung der beruflichen und familiären Rollen, Fertilitätsfragen, die frühe Erfassung eines Rezidivs oder Zweittumors, die Erfassung von Langzeitfolgen von Krankheit und Therapie, die Gesundheitsförderung, Prävention und das Wohlbefinden.
Bei einer telefonischen Nachsorge ist es besonders wichtig, all diese Punkte strukturiert zusammenzufassen. Die fünf Ws können für dieses Telefonat eine sinnvolle Vorbereitung sein:
• WER … ist mein Gesprächspartner? (Name, Alter, Erkrankung, abgeschlossene Therapie, Ort/ Region, Akte)
• WIE … kann ich ihn einstimmen? (Gibt es „Anknüpfungspunkte“? Kenne ich ihn schon? Kann ich auf etwas Bezug, z. B. Erfassung der Lebensqualität, Schnittstelleneinbindung, nehmen?)
• WAS ... habe ich ihm mitzuteilen? (Gesprächsinhalt! Um was konkret geht es, was will ich fragen, mitteilen …?)
• WO … möchte ich ihn hinführen? (Ziel definieren: Was soll nach dem Gespräch erreicht worden sein? Geht es um eine Info oder Terminvergabe, um eine Zustandserfassung, um einen Erinnerungsanruf oder Kontrollanruf bei Nichterscheinen?)
• WELCHE … Einwände könnten kommen? (Meistens kennen Sie Ihre Patienten. Überlegen Sie kurz vorher, welche Gegenargumente kommen könnten, um Ihren Vorschlag abzulehnen und überlegen Sie sich entsprechende „Entkräftungsargumente“)
Die Dokumentation ist unabdingbar und darf nicht vergessen werden. Egal ob schriftlich oder EDV-gesteuert: Gesprächsnotizen dienen zur Vorbereitung, zur Gesprächsstruktur, zum Zusammenfassen und Festhalten der wichtigsten Punkte und zum Nachweis. Sie können als Strukturhilfe für die Ableitung und Organisation weiterer Maßnahmen wie Schnittstelleneinbindung (Psychoonkologie, Reha-Sportgruppen, Selbsthilfe) genutzt werden.
Eine gründliche Vorbereitung erleichtert für alle Beteiligten die Gesprächsstruktur. Wenn Sie anrufen, gehen Sie nach der Begrüßung klar und ohne Zögern auf den Anrufgrund ein: „Ich rufe Sie an, um ...“ Strukturieren Sie Ihr Gespräch für sich selbst (und für den Gesprächspartner), indem Sie z. B. sagen: „Es sind folgende Punkte, die ich mit Ihnen durchsprechen möchte ...“ Sollte der Gesprächspartner zu langatmig werden oder abschweifen, kann mit diesen Aussagen zum eigentlichen Gesprächsinhalt zurückgeführt werden: „Ich glaube, Punkt eins ist soweit klar, gehen wir zu Punkt zwei“, oder: „Zurück zur Ausgangsfrage …“ Mitschriften am Telefon sind immer dem Gesprächspartner mitzuteilen, denn er hört, wenn geschrieben oder am PC getippt wird. Die Alternativtechnik kann häufig eingesetzt werden. Sie ist immer patientenorientiert, höflich und freundlich: „Möchten Sie einen Termin am Montag oder lieber am Donnerstag?“ Sätze wie: „Was ist Ihnen angenehmer...?“ oder „Da richten wir uns ganz nach Ihren Wünschen.“ zeigen dem Patienten, dass er im Mittelpunkt steht und die Praxis bzw. Einrichtung sich auch noch nach der Therapie um ihn bemüht. Nicht zu vergessen ist, dass ein Telefonat immer auf mehreren Kommunikationsebenen abläuft, denn der Gesprächspartner sieht Sie nicht und legt die nonverbalen Anteile der Kommunikation in die Stimme. Während auf der Sachebene ein reiner Austausch von rationalen Informationen erfolgt, entstehen auf der emotionalen Ebene Gefühle, die zu positiven oder negativen Reaktionen beim Gesprächspartner führen können. Die emotionale Gesprächsatmosphäre wird maßgeblich durch beide Kommunikationsebenen bestimmt und schafft damit die Grundlage für Vertrauen und Sympathie.
• Direkte, positive Ausdrucksweise, keine Verneinungen
• Kurz und prägnant sein, keine Konjunktionen
• Vermeiden von „Verwässerung“ wie: vielleicht, mal, eigentlich, könnte, dürfte, wäre, sollte, eventuell, im Regelfall
• Positives vermitteln, zeigen, dass man „auf der Seite des Patienten“ ist
• Emotionen vor Sachinhalte stellen, eigene Worte finden
• Der Ton macht die Musik – in der Sprechweise, wie auch im Tonfall
• Keine Reizformulierungen wie: „ja aber …, Sie müssen …, Sie dürfen nicht …, Ja, das sagen Sie …, Wenn Sie ehrlich sind …, Als Fachmann/-frau sage ich Ihnen …, Sie irren sich, wenn Sie glauben …“
• Lächeln Sie am Telefon!
Die Autorin
Susanne Kelber
Universitätsklinikum Frankfurt
Universitäres Centrum für Tumorerkrankungen / UCT Tagesklinik
Studium Medizinpädagogik
KOK-Vorstandsmitglied
Seminarleitung der Fortbildungsreihe für Medizinische Fachangestellte in der Onkologie von Medac
Literatur bei der Autorin
Bildnachweis: privat